"Stadt-Land-Fluss-Geschichten"

Geschichten mit Kultstatus

Studenten der DHBW Mosbach präsentieren die neueste Staffel der Reihe und zeigen wieder bewegende Porträts aus der Region

21.10.2018 UPDATE: 22.10.2018 07:00 Uhr 3 Minuten, 4 Sekunden

Mikropuschel und Kamera sind unverzichtbare Werkzeuge für die Studenten der Dualen Hochschule Mosbach bei der Produktion ihrer Stadt-Land-Fluss-Geschichten. Die neueste Staffel wurde nun präsentiert. Foto: Brunhild Wössner

Von Brunhild Wössner

Mosbach. Nicht Vorhang auf, sondern Trailer los, hieß es nun an der Dualen Hochschule Mosbach - für die achte Staffel der "Stadt-Land-Fluss-Geschichten". Und so war die Aula der DHBW voll besetzt, denn es hat sich inzwischen herumgesprochen, dass interessante Persönlichkeiten aus Mosbach und Umgebung in Kurzfilmen von acht bis zehn Minuten nicht nur kurz und prägnant, sondern auch fesselnd und berührend präsentiert werden.

Eine Besucherin aus Haßmersheim hat nahezu alle Filmpremieren besucht. Durch Zufall hatte sie einst dieses "Event" entdeckt und ist immer aufs Neue gespannt, wer diesmal aus ihrer Region in den Streifen des Studiengangs Online-Medien die Hauptrolle spielt.

Das Eventformat, das einst Professor Thomas Wirth aus der Taufe gehoben hatte, "hat schon fast Kultstatus" erreicht, wie DHBW-Rektorin Gabi Jeck-Schlottmann in ihrer Begrüßung feststellte. Inzwischen gibt es schon über 50 Filme, die man sich alle auf Youtube anschauen kann, so Wirth. Das sind über vier Stunden dokumentarisches Filmmaterial über die Menschen der Region.

Die sieben Hauptdarsteller(innen): Harald Hannich, Anil Ilerigider, Michael Gänßmantel, Sonja Jonas, Esther Hoffmann, Christine Eggers und Ann-Katrin Zimmermann (v.l.). Foto: Brunhild Wössner

Sieben neue Filmporträts wurden nun beim Premierenabend der Öffentlichkeit präsentiert. Die Studierenden, die die Filme produzieren, müssen ihre Hauptdarsteller selbst ausfindig machen und deren Vita recherchieren. Eine Herausforderung, besonders für die Ortsfremden. Oft sind die Studenten überrascht, wie vielfältig das Landleben sein kann.

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Harald Hannich hat man porträtiert unter dem Motto "Holz ist für mich Leben". Das studentische Filmteam sorgte mit einem Gewehrschuss nach einer Schwarzblende gleich für die erste Schrecksekunde des Premierenabends. Aber Hannich ist nicht nur Förster im Hauptberuf, sondern betreibt nebenbei mit seiner Frau auch noch eine Besenwirtschaft und ist zudem Turner, der einen filmreifen Spagat auf die Bodenmatte zu legen versteht.

Moderatorin Nicole Heidrich vom SWR warf nach dem Abspann gemeinsam mit dem jeweils vierköpfigen Filmteam und Protagonisten einen Blick auf die Dreharbeiten. Die Streifen, so wurde deutlich, leben durchaus von der Improvisation.

Studienrätin Christine Eggers, die als Nächste präsentiert wurde, gab im anschließenden Interview unumwunden zu, dass sie sich nur deshalb bereit erklärt habe, beim Filmprojekt mitzumachen, weil die Schüler(innen) ihrer Geschichts-AG auch viel und gerne forschen, recherchieren und entdecken müssen - und dadurch Menschen manchmal zwangsläufig auf die Nerven gehen. Deshalb wollte sie das Anliegen, beim Filmprojekt mitzumachen, auch nicht abblocken. Dass zu einer lebendigen Geschichtsvermittlung aber auf alle Fälle engagierte Pädagogen gehören, zeigte in beeindruckender Weise der Film mit dem Titel "Jeder kann Geschichte schreiben".

"Daheim angekommen", nämlich in Deutschland, ist Anil Ilerigider, der ursprünglich aus Izmir stammt. Er singt, schauspielert und unterrichtet an einer privaten Bildungseinrichtung Deutsch für Ausländer. Nahezu drei Stunden nahm bei ihm der Dreh über das Kochen eines türkischen Eintopfs in Anspruch. Am Ende musste man bei Ilerigider, wie bei allen anderen Protagonisten, das reichlich gesammelte Material auf acht Minuten zusammenschneiden - auch das eine echte Herausforderung.

Anschließend betrat Esther Hoffmann die Bühne und zwar mit ihren "Partnern mit der kalten Schnauze", zwei Hunden, die sich im Saal vorbildlich ruhig verhalten hatten. Hoffmann hatte sich nach einem freiwilligen sozialen Jahr mit ihren beiden Hunden bei der Rettungshundestaffel beworben. Etwas Sinnvolles zu tun, das war der Antrieb der gelernten Physiotherapeutin, die Training für Frauchen und ihre Hunde bietet.

"Aufgeben gibt’s bei mir nicht" erzählte anschließend die Geschichte von Michael Gänßmantel, der als Mensch mit Behinderung eindrucksvoll belegt, dass sich selbst vermeintlich aussichtslose Situationen ins Positive wenden lassen. Mit "Spina bifida" geboren, war ihm der Rollstuhl prophezeit worden. Das wollte Gänßmantel nicht akzeptieren und kämpfte sich mit enormer Zähigkeit buchstäblich Schritt für Schritt voran. Inzwischen kann er zwei Kilometer gehen.

Dass der Bulle nicht gewillt war, in die Kamera zu gucken, damit hatte das Filmteam zu kämpfen, das Ann-Katrin Zimmermann mit "In die Wiege gelegt" porträtierte. Auch in diesem Film knallt ein Schuss, aber in einem Schlachthof. Denn Zimmermann entstammt einer Landmetzgerei und da lag es nah, dass sie das Metzgerhandwerk erlernt. Zimmermann merkt man den Stolz und die Liebe zu ihrem Beruf an, der für sie zugleich Berufung ist. Zimmermann und das Filmteam verdeutlichten, dass pauschale Kritik gegenüber dem Metzgerhandwerk nicht gerechtfertigt ist.

Sonja Jonas, die siebte Protagonistin, beschäftigt sich zwar auch mit Tieren, aber auf eine ganz andere Art und Weise. Sie betreibt eine Auffangstation für gefundene Eichhörnchen und päppelt diese auf, um sie dann in die Freiheit zu entlassen. Deshalb heißt der Streifen auch "Klappe auf und ab in die Freiheit". "Villa Nusspli" nennt sie das Domizil der Eichkätzchen, die in Volieren in Jonas Garten gehalten werden. Zwar hatten auch hier die Tiere ihren eigenen Kopf und zogen es vor, anstatt vor der Kamera auf den Studierenden herumzuturnen. Aber am Ende reichte es doch für die Schlusssequenz mit einem schlafenden Eichhörnchen. Applaus gab’s nach der finalen Klappe nicht nur für die süßen Eichhörnchen, sondern für alle der (wie ihre Hauptdarsteller) vielfältigen Filmporträts.

Info: Alle Stadt-Land-Fluss-Geschichten gibt es hier auf Youtube.

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