150 Demonstranten für den Erhalt der beiden Geburtshilfe-Standorte
Zweite Demo für Erhalt am Samstag – Unbequeme Fragen an Verantwortliche – Landesschau berichtet

Von Peter Lahr
Mosbach. "Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Geburtshilfe klaut" – unüberhörbar skandierten die Teilnehmer der zweiten Demonstration für den Erhalt der beiden Geburtshilfe-Standorte im Neckar-Odenwald-Kreis am Samstagvormittag. Sechs Wochen nach der ersten Demo mit rund 400 Teilnehmern haben zahlreiche engagierte Bürger(innen) rund 9000 Unterschriften gesammelt und sie vor der letzten Kreistagssitzung dem Landrat übergeben. Unmittelbar vor der Kreistagssitzung am Montag, in der unter anderem über die Neustrukturierung der Kliniken-Abteilungen Gynäkologie/Geburtshilfe und Akutgeriatrie entschieden werden soll, stellten die Rednerinnen bei der Abschlusskundgebung auf dem Château-Thierry-Platz noch einmal jede Menge unbequemer Fragen an die (politisch) Verantwortlichen.
Nach Organisatorin Berit Löhlein und der bündnisgrünen Bundestagsabgeordneten Charlotte Schneidewind-Hartnagel vertrat SPD-Kreisrätin Gabriele Teichmann den terminlich verhinderten MdL Georg Nelius: "Reden Sie mal mit Ihrem Kreisrat und fragen Sie nach", empfahl sie den Zuhörern; es sei offensichtlich, dass einige Hausaufgaben nicht gemacht worden seien. "Zehn Jahre Defizit unter den Augen der Klinikleitung und des Aufsichtsrats. Das kann nicht sein", empörte sich Teichmann.
"Voraussichtlich am Dienstag", so SWR-Reporter Philipp Behrens, werde seine Reportage über den Krankenhaus-Protest in der Landesschau zu sehen sein. Mit einem Team drehte der TV-Redakteur nicht nur den Demonstrationszug, sondern befragte auch zahlreiche Teilnehmer – von der Hebamme bis zu Mosbachs Oberbürgermeister Michael Jann.
"Das Geheimnis des Könnens liegt im Wollen", zitierte Berit Löhlein den italienischen Freiheitskämpfer Giuseppe Mazzini. Hatten sich zunächst nur 70 Demonstranten vor dem Krankenhaus versammelt, so verdoppelte sich die Teilnehmerzahl bis zur Schlusskundgebung in der Altstadt. "Wir brauchen jedes einzelne Kind", erklärte eine Mutter, weshalb sie den Samstagvormittag für den Protest "opferte".
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Vor den Mitteilungen und Anfragen sowie einer abschließenden Fragestunde findet sich der Tagesordnungspunkt "Zukunftskonzept für die Neckar-Odenwald-Kliniken – Zentralisierung der Abteilung für Akutgeriatrie am Standort Mosbach und der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Standort Buchen sowie Eröffnung einer Wahlleistungsstation in Mosbach" als bestimmendes Element der Sitzung.
Der Aufsichtsrat der Kliniken empfiehlt dem Kreistag, den Vorschlag der Geschäftsführung umzusetzen. Danach würde die Abteilung für Akutgeriatrie zum 1. April in Mosbach, die Klinik für Gynäkologie/Geburtshilfe zum 1. Mai am Standort Buchen zusammengeführt. In den dadurch in Mosbach frei werdenden Räumen soll dann (ebenfalls zum 1. Mai) eine Wahlleistungsstation eröffnet werden. (rnz)
Berit Löhleins Dank ging zunächst an alle engagierten Helfer(innen). "Interessiert hat das leider keinen so wirklich", beschrieb sie ihr Gefühl nach der Übergabe der Unterschriften. Umso bedauerlicher sei es, dass es in Baden-Württemberg bislang keine Möglichkeiten für Bürgerbegehren auf Kreisebene gebe. "In der Schweiz würde so eine Sache bei 9000 Unterschriften abgebrochen werden", kommentierte eine Zuhörerin.
Löhlein sieht die genauen Zahlen für das sprunghaft angestiegene Kliniken-Defizit bis heute nicht wirklich offengelegt. Sie forderte klare Worte und mehr Transparenz vom Geschäftsführer, vom Aufsichtsrat oder vom Landrat. Offen geblieben sei bis heute auch die Frage, weshalb der bereits für 2015 geplante Umzug der Wirbelsäulenchirurgie von Buchen nach Mosbach nie stattgefunden hat.
Ebenfalls 2015 stand wohl eine Schließung der Geburtshilfe in Buchen im Raum; was einen Buchen-spezifischen Förderverein auf den Plan rief, der 24.000 Euro für die Renovierung von Patientenzimmer spendete. "Das ist großartig, die Spender verdienen ehrlichen Dank. Aber wieso ist es kein Förderverein Neckar-Odenwald-Kliniken? Wenn – ich zitiere – wir doch eine Klinik sind‘?", so Löhlein weiter. Zudem entstehe der Eindruck, dass man auf den (angeblichen) Hebammenmangel in Mosbach seit längerer Zeit bewusst hingearbeitet habe. Dies sah Löhlein mit eigenen Recherchen belegt, nach denen sich gleich mehrere interessierte Hebammen meldeten, die gerne in Mosbach arbeiten würden.
"Wie kann man nur eine toll ausgebaute und sehr gut funktionierende Gynäkologie und Geburtshilfe in Mosbach, in deren Ausbau vor vielen Jahren sehr viel Geld investiert wurde, nun einfach im Zuge eines Maßnahmenpakets schließen wollen?", wunderte sich die Rednerin im Schlussappell. Oder gehe es hier nur ums Geld? Etwa weil man eine erlösbringende Wahlleistungsstation einrichten wolle?
"Die Schließung des Kreißsaals und der Gynäkologie in Mosbach ist gleichbedeutend mit einer Absage an eine gleichwertige Gesundheitsversorgung im Ländlichen Raum, zu Lasten der Frauen", unterstrich MdB Charlotte Schneidewind-Hartnagel. Sie unterstütze alle Initiativen zum Erhalt beider Geburtsstationen. Denn langfristig drohe auch der Buchener Abteilung eine Schließung, falls dort die gewünschten Geburtenzahlen nicht erreicht würden.
"Wir werden uns am Montag in Schefflenz versammeln", kündigte Berit Löhlein an. Bei der am Montag in der Roedderhalle stattfindenden Kreisratssitzung (16 Uhr) ist also erneut mit einem erhöhten Besucheraufkommen zu rechnen.



