51 Jahre Stadtgeschichte aus Sicht der Hauptamtsleiterin Elke Ander
Die 69-Jährige hat ein Erinnerungsbuch über ihre langjährige Dienstzeit geschrieben. Auf 268 Seiten teilt sie ganz persönlichen Eindrücke aus einem bewegten halben Jahrhundert.

Osterburken. (ahn) Eine Bombendrohung, den Absturz eines Heißluftballons und viele wichtige Entscheidungen für die Stadt Osterburken – das und vieles mehr erlebte Elke Ander in ihren beeindruckenden 51 Jahren und fünf Monaten im Dienst der Stadt Osterburken. Von 1999 bis zu ihrem Eintritt in den wohlverdienten Ruhestand im Jahr 2020 war sie Hauptamtsleiterin – als erste Frau im Neckar-Odenwald-Kreis.
In über einem halben Jahrhundert bei und für die Stadt Osterburken – Elke Ander begann 1968 im Alter von 14,5 Jahren ihre Lehre bei der Stadtverwaltung – hat sie vieles erlebt, das sie nun in einem Buch auf 268 Seiten festgehalten hat.
Dabei "möchte ich ganz besonders an die Leistungen all der Personen in diesen Jahrzehnten erinnern, die sich für meine Heimatstadt eingesetzt haben – sei es beruflich oder auch im Ehrenamt", schreibt Elke Ander in ihrem Vorwort.
Zu diesen Personen zählen zum Beispiel ihre "väterlichen Begleiter" Dr. Elmar Weiß, der ehemalige Schulleiter des Ganztagsgymnasiums Osterburken (GTO), Arno Hagenbuch, der ehemalige Bürgermeister von Rosenberg, oder Horst Ullrich, der ehemalige Rathauschef in Ravenstein, wie Elke Ander im Gespräch mit der RNZ verrät.
Auch mit ihren drei Chefs, die sie während ihrer beruflichen Laufbahn erlebte, Klemens Brümmer, Roland Burger und Jürgen Galm, verband sie stets ein gutes Arbeitsverhältnis. "So unterschiedlich sie auch waren – es hat immer gut funktioniert. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit allen drei Bürgermeistern war geprägt von gegenseitiger Wertschätzung, Respekt und Ehrlichkeit."
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Was sicher auch ein Verdienst der Hauptamtsleiterin war. Denn auf sie trifft eins zu eins das Zitat des bengalischen Philosophen Rabindranath Tagore zu, das sie an den Anfang ihres Buches gestellt hat: "Ich schlief und träumte, das Leben war Freude. Ich erwachte und sah, das Leben war Pflicht. Ich handelte – und siehe: Die Pflicht war Freude."
Wäre bei diesem Engagement das Bürgermeisteramt nichts für die Hauptamtsleiterin gewesen? Das kam für sie nie in Frage. "Vom Arbeitsaufwand wäre das sicher gegangen, aber ich hätte es menschlich nicht ausgehalten. Als Bürgermeister muss man ein dickes Fell haben.
Das Zwischenmenschliche war ihr stets wichtig, wie sie auch in ihrem Vorwort schreibt: "Während meiner langen Tätigkeit bei der Stadt habe ich eine Vielzahl unterschiedlicher Menschen kennengelernt. Es war schön zu spüren, wie ich gewachsen bin mit den Menschen, die ich kennengelernt habe. Viele sind tief in meinem Gedächtnis verankert und haben einen Platz in meinem Herzen."
Auch deshalb fiel ihr wohl der Schritt in den Ruhestand vor gut drei Jahren schwer. "Es war schwierig, loszulassen", meint die ehemalige Hauptamtsleiterin. "Mit dem Buch ist dieses Kapitel jetzt allerdings beendet. Das hat mich ein Stück weit befreit."
Im vergangenen Oktober – mit dem nötigen Abstand – hat Elke Ander dann begonnen, ihre persönlichen Eindrücke ihrer langjährigen Arbeit niederzuschreiben. Dafür hat sie sich unter anderem sämtlicher RNZ-Zeitungsartikel über "ihre" Stadt, die im Rathaus archiviert sind, bedient. "Da meine Geschichte und die von Borge – übrigens mit ,g‘ und nicht mit ,k‘ in der Mitte – miteinander verquickt sind, ist daraus eine Art Stadtgeschichte entstanden."
Höhepunkte waren unter anderem der Abschluss der Städtepartnerschaft mit Hondschoote, die Veranstaltung zur 48er-Revolution "Die Marienhöhe muss brennen", das Bürgerfest "25 Jahre gemeinsam" sowie das Jubiläumsjahr 2006, als man in Osterburken das 650-jährige Bestehen als Stadt feierte. "Das war ein Jahr, das mich sehr gefordert hat", erinnert sich Elke Ander.
Daneben fielen in ihre Zeit bei der Stadt Osterburken zum Beispiel die Gemeindereform, die Planungen und der Baubeginn der Umgehungsstraße sowie der Neubau des GTO und der Realschule und die Modernisierung der Grund- und Hauptschule. "In 51 Jahren ging bei mir einiges über den Tisch."
Woran sich Elke Ander noch gut erinnern kann, ist der Absturz eines Heißluftballons im Jahr 1994, bei dem drei Menschen ums Leben kamen. "An diesem Samstag gab es ein Freundschaftsspiel zwischen Dynamo Kiew und dem SV Osterburken. Kurz vor Spielbeginn ging beim Landeversuch der Heißluftballon in Flammen auf und stürzte ab."
Sechs Jahre davor hatte sie an vorderster Front einen Bombenalarm miterlebt. Als die Sporthalle der Grund- und Hauptschule eingeweiht werden sollte, teilten Polizisten kurz vor dem offiziellen Teil mit, dass eine Bombendrohung eingegangen sei.
Wie sollte man entscheiden? Die Veranstaltung abbrechen oder durchführen? "Polizisten und Suchhunde suchten nach der Bombe, ohne dass die Gäste, Schüler und Vereinsmitglieder etwas mitbekamen. Man wollte eine Panik vermeiden", erinnert sich Elke Ander zurück.
Zum Glück wurde keine Bombe gefunden. "Die wenigen Personen, die davon unterrichtet waren und die die Entscheidungen treffen mussten, waren heilfroh, als am Abend alle gesund und wohlbehalten nach Hause gingen."
Daneben gab es noch eine Vielzahl an weiteren Themen, die die ehemalige Hauptamtsleiterin zum einen in alphabetischer und zum anderen in chronologischer Reihenfolge festgehalten hat.
Nun, nachdem sie ihr Lebenswerk verschriftlicht und mit ihrer Zeit bei der Stadt abgeschlossen hat, kann sich die ehemalige Hauptamtsleiterin anderen Dingen widmen: wie ihren vielfältigen ehrenamtlichen Tätigkeiten zum Beispiel beim Städtepartnerschaftsverein, wo sie Vorsitzende ist, oder beim VdK oder in der Kirche. Und natürlich "verbringe ich auch viel Zeit mit meinen zwei Enkelkindern", verrät Elke Ander, die Ende dieses Jahres ihren 70. Geburtstag feiert.
Ein Geschenk hat sie sich mit ihrem Buch, das sie selbst geschrieben und redigiert hat, bereits gemacht. Doch auch andere sollen etwas davon haben. So übergibt sie ihr Erinnerungsbuch am Montag um 10 Uhr an ihren ehemaligen Chef, Bürgermeister Jürgen Galm.
Elke Ander ist sich dabei bewusst, "dass für viele in der heutigen Zeit nur das Jetzt zählt". Doch sie ist auch überzeugt: "Ohne die Vergangenheit gibt es keine Gegenwart und keine Zukunft." In diesem Sinn kann man nun im Erinnerungsbuch nachlesen, "wie sehr sich Borge in diesem halben Jahrhundert positiv entwickelt hat".