Mosbach

Hüller Hille entlässt komplette Belegschaft

Der Insolvenzverwalter kündigt Arbeitsverträge wegen Betriebsstilllegung zum 31. Januar. Die Investorensuche verlief bisher ohne Ergebnis.

08.10.2025 UPDATE: 08.10.2025 16:54 Uhr 2 Minuten, 37 Sekunden
Das Unternehmen blickt auf eine lange und wechselvolle Geschichte zurück, zu besten Zeiten wurden bis zu 700 Mitarbeiter beschäftigt. Nach mehreren Insolvenzen gehört Hüller Hille seit 2019 der Pekinger Visionmax Asset Management Co. Ltd. Archivfoto: zg

Caspar Oesterreich

Diedesheim. Hüller Hille steht vor dem Aus. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Anfang des Monats wird den 76 verbliebenen Angestellten des Diedesheimer Maschinenbauers nun fristgerecht bis spätestens 31. Januar gekündigt. Darüber hat Insolvenzverwalter Olaf Spiekermann die Belegschaft im Rahmen einer Betriebsversammlung am Dienstag informiert.

"Aufgrund der wirtschaftlichen Situation bei der Hüller Hille GmbH, nicht zuletzt aufgrund der vielmonatigen Lohnrückstände, ist es unumgänglich geworden, die Arbeitsverträge wegen Betriebsstilllegung zu kündigen", erklärt der Jurist gegenüber der RNZ und ergänzt: "Da die Insolvenzmasse auch nicht ausreicht, um die Löhne der gesamten Belegschaft innerhalb des Kündigungszeitraumes von bis zu drei Monaten zu bezahlen, wird ein Großteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von mir umgehend freigestellt." Wohl nur neun Angestellte sollen bis Ende Januar weiterarbeiten, "die für die Ausproduktion in Service und Maschinenbau benötigt werden", so Spiekermann.

Untermauert werden die unbezahlten Freistellungen durch eine Massenunzulänglichkeit, die der Insolvenzverwalter beim Amtsgericht Mosbach kurzfristig anzeigen will. Quasi eine Insolvenz in der Insolvenz, weil das letzte Geld von Hüller Hille nicht einmal mehr ausreicht, um die laufenden Verfahrenskosten zu decken. Auf den Firmenkonten befinden sich wohl nur noch etwa 20.000 Euro.

Durch ihre Freistellung erhalten die Angestellten zwar die Möglichkeit, trotz des bestehenden Arbeitsverhältnisses eine Lohnersatzzahlung (Gleichwohlgewährung) bei der Agentur für Arbeit zu beantragen, sie könnten bis zur Kündigung aber auch immer wieder in den Betrieb zurückgerufen werden. "Die Beschäftigten sind ganz klar die Verlierer in der Situation", ärgert sich Thomas Bohlender, 2. Bevollmächtigter bei der IG Metall Heidelberg.

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Seit Oktober 2024 hatten sie immer wieder Verzögerungen bei den Lohnzahlungen hinnehmen müssen. Die April-Gehälter gab’s anteilig und auch nur für Gewerkschaftsmitglieder erst im Spätsommer, weil die IG Metall die Pfändung einer Maschine erwirkt hatte.

Ab Mai flossen – abgesehen von vergleichsweise geringen Interessensausgleichen – keine Zahlungen mehr an die Angestellten. "Jeden Monat haben die Mitarbeitenden in die Firma investiert, haben unter eigenem Verzicht weitergemacht in der Hoffnung, dass es wieder besser wird. Und jetzt sind sie die Gelackmeierten", bedauert Bohlender.

Da das Insolvenzverfahren erst im Oktober eröffnet worden ist und die Agentur für Arbeit Insolvenzgeld rückwirkend nur für drei Monate (also Juli, August und September) bezahlt, könnten die Angestellten im schlimmsten Fall auf bis zu sechs Monatsgehältern sitzen bleiben.

Bereits im September hatte das Amtsgericht Mosbach die Einstellung aller Zwangsvollstreckungsmaßnahmen angeordnet, weshalb Bohlender nicht davon ausgeht, dass die noch anhängigen Klagen auf entgangene Endgeldleistungen erfolgreich sein werden: "Die Chance ist minus eins, dass da noch irgendein Geld fließen wird."

Zwar finden die gesetzlich vorgeschriebenen Sozialplan- und Interessenausgleichsverhandlungen zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat statt. Mit einem soliden Ergebnis rechnet man in der Mitarbeitervertretung allerdings nicht – zumal der Betriebsrat angeblich auch noch keine Mittel erhalten hat, um einen Rechtsbeistand zu beauftragen.

Im Lager sollen sich noch Bauteile im Wert von rund sechs Millionen Euro befinden, die aber nur schwer zu Geld gemacht werden können. Schon vor einigen Monaten hatte die Geschäftsführung von Hüller Hille eine Kooperation mit einer regionalen Firma angestrebt, um noch sechs von einem Großkunden bestellte Maschinen in deren Werk fertigzustellen. Im Zuge der Investorensuche wurde dieses Vorhaben allerdings gestoppt.

Nach RNZ-Informationen soll der bisherige Inhaber und Geschäftsführer von Hüller Hille, Bingcheng Zhang, über sein chinesisches Firmenkonglomerat 3,8 Millionen Euro geboten haben, um das insolvente Unternehmen als Tochter einer Eisenbahngesellschaft zu übernehmen. Verhandlungen scheiterten angeblich jedoch, weil plötzlich nur noch ein deutlich geringerer Betrag geboten wurde.

"In den vergangenen Wochen habe ich zahlreiche Gespräche mit an einer Übernahme von Teilen des Geschäftsbetriebes Interessierten geführt, wobei ich zu Einzelheiten aufgrund der vereinbarten Vertraulichkeiten in einem derartigen Stadium grundsätzlich keine Stellung nehme", erklärt Insolvenzverwalter Spiekermann. Ein Ergebnis gebe es bisher nicht. "Es bleibt abzuwarten, ob sich dies noch verändern wird."

Über viele Jahrzehnte hinweg sei Hüller Hille ein wichtiger Teil der örtlichen Wirtschafts- und Industriegeschichte gewesen, sagt Mosbachs Oberbürgermeister Julian Stipp. "Die vielen Zukunftsversprechen der Unternehmenseigentümer sind leider ohne konkrete Taten geblieben." Seine Gedanken seien bei den Beschäftigten, deren Zukunft nun ungewiss sei. "Gleichzeitig hoffe ich, dass sich für den Standort neue Perspektiven ergeben – sei es durch Nachfolgelösungen, Investoren oder neue Nutzungen."

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