Im Mosbacher Rathaus wurde live "gehackt"
Wenn das Handy zur Wanze und der Computer ferngesteuert wird - Schulleitern wurden Techniken vermittelt

Passwörter sind für einen guten Hacker meist keine größere Hürde: Wie schnell ein Computer ferngesteuert oder ein Smartphone zur Wanze werden kann, das wurde im Mosbacher Rathaussaal live und in echt demonstriert. Foto: dpa
Von Frank Heuß
Mosbach. Die digitalisierte Welt des 21. Jahrhunderts unterliegt Gefahren, die man sich noch vor wenigen Jahrzehnten kaum hätte ausmalen können. Über das Wesen von "Hackern", die via Internet persönliche Identitäten stehlen, Existenzen zerstören, Konzerne ins Wanken bringen oder gar Weltpolitik beeinflussen können, liefen schon Hollywood-Filme.
Doch es ist inzwischen keine ganz irreale Fiktion mehr: Was alles möglich ist und vor allem auch wie man sich schützen kann, darüber will die Initiative "SafeSurf" informieren. Den Auftakt einer Vortragsreihe machte eine "KickOff"-Tagung für die Vertreter der Mosbacher Schulen, die am Mittwochnachmittag im unteren Rathaussaal stattfand - "Live-Hacking" inklusive.
"Es kann jeden treffen"
Die Aufklärungskampagne der Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg, die der Verein "Sicher im Internet" mit Sitz in Neustadt an der Weinstraße umsetzt, macht erstmals in Mosbach Station. Getragen wird der Verein durch die Firma "8Com", die im Auftrag großer Institutionen deren Netzwerke auf Sicherheitslücken überprüft.
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Bei 8Com beschäftigt ist auch IT-Sicherheitsexperte Erwin Markowsky, der den Schulleitern und deren Vertretern einen interaktiven Einblick in die Techniken des Datendiebstahls und der Manipulation von Informationen gab.
Und dabei zeigte Markowsky auf, dass man gar nicht unbedingt versierter Hacker mit umfassenden Kenntnissen von Programmiersprachen sein muss, um sich Zugang zu fremden Computern oder Smartphones zu verschaffen. In der Hacker-Szene oft als "Scriptkiddies" belächelt, aber keineswegs harmlos sind Benutzer von "Trojaner-Baukästen", die es ermöglichen, kinderleicht eigene Spionageprogramme zusammenzusetzen.
Mit weiterer Software können diese zudem getarnt werden, so dass selbst namhafte Antivirenscanner sie nicht immer finden. Wird das augenscheinlich harmlose "Päckchen" nun an einen beliebigen Empfänger per E-Mail oder Messenger übermittelt, der die Datei argloses öffnet, kontrolliert der Angreifer den fremden Rechner so, als würde er selbst davor sitzen.
Textnachrichten lassen sich mit gefälschten Absenderrufnummern versenden, so dass sie beim Empfänger einem Namen im Adressbuch des Smartphones zugeordnet werden, der sie nie verfasst hat. Ein Router, kaum größere als ein Taschenbuch, ermöglicht es, etwa auf öffentlichen Plätzen ein offenes WLan-Netzwerk mit freiem Internetzugang vorzutäuschen, das Handys von Passanten unter Umständen sogar automatisch nutzen. Und schon liest der Spion ganz unbemerkt die Datenkommunikation mit.
Den Vorgang führte Erwin Markowsky "live" mit Vertretern der Schulen vor. Und diese staunten nicht schlecht, als er die Kamera der "gekaperten" Rechner ferngesteuert aktivierte und deren Gesichter auf die Leinwand projizierte. Im Extremfall könnten sich sogar Smartphones - etwa durch schadhafte Apps - zur "Wanze in der Hosentasche" verwandeln.

IT-Sicherheitsexperte Erwin Markowsky gab im Rathaussaal einen interaktiven Einblick in die Techniken des Datendiebstahls und der Manipulation von Informationen. Foto: Frank Heuß
Der IT-Fachmann erläuterte, dass immer wieder angreifbare Fehler in der Software auf Smartphones gefunden werden, der Tausende von Din-A4-Seiten an Programm-Quellcode zugrunde liegen. So erklären sich auch die häufig erscheinenden "Updates" der Hersteller.
Ebenso ging er auf eine Vielzahl weiterer Bedrohungen ein, die im Internet immer verborgener daherkommen und somit gefährlicher gerade für jüngere und gutgläubige Menschen werden.
"Ich möchte, dass die Jugendlichen berührt werden", betonte der Referent in Bezug auf die Schülervorträge zu den Themen "Cyber-Mobbing" und Erschleichung von Vertrauen. Eingängig beschrieb er Fälle, wie Heranwachsende im Netz an pädophile Straftäter gerieten, die falsche Identitäten vorspiegelten.
Die viel gehörte Erklärung für freizügiges Verhalten im Umgang mit persönlichen Daten im Netz, man habe doch "nichts zu verbergen", gehe fehl: "Es kann jeden treffen", unterstrich Markowsky, dass gerade einfache Familien mit ihren oft schlecht gesicherten Systemen gerne ins Visier genommen würden, um etwa an deren Zugänge bei Online-Kaufhäusern oder in sozialen Netzwerken zu gelangen, um diese dann als Hülsen für Straftaten zu missbrauchen.
Projektleiter Patrick Löffler freute sich, dass bei der Auftaktveranstaltung alle weiterführenden Mosbacher Schulen vertreten waren. "SurfSafe" besteht seit rund sieben Jahren und wird auch vom Kultusministerium des Landes Baden-Württemberg gefördert.
In Mosbach findet der Aktionstag, dessen Schirmherr Oberbürgermeister Michael Jann ist, mit Vorträgen für Schüler aller Altersklassen (von fünfter bis 13. Klassenstufe) sowie für Eltern und Lehrkräfte am 27. November in der Alten Mälzerei statt. Erwartet werden dazu insgesamt an die 3000 Besucher.



