Vor der Reform soll die Finanzierung gesichert werden
Verwaltungsdirektor Lothar Beger bezieht Stellung zu den Plänen des Gesundheitsministeriums.

Hardheim. (jam/pm) "Mit einer Krankenhausstrukturreform alleine lassen sich die akuten Themen der Krankenhäuser wie beispielsweise die mangelnde ärztliche Versorgung oder ein adäquater finanzieller Ausgleich für die Vorhaltung medizinischer Angebote nicht lösen", ist Lothar Beger (Foto) überzeugt.
Der Verwaltungsleiter des Krankenhausverbands Hardheim-Walldürn sieht die Krankenhausreform, mit der Gesundheitsminister Karl Lauterbach eigentlich "unnötige Klinikschließungen vermeiden" möchte, kritisch.
Gegenüber der RNZ warnt Beger: "Eine Strukturreform ist dringend notwendig und wird von uns auch gerne aktiv unterstützt. Aber bei allen Reformbestrebungen, die sich weiter zuspitzende Unterfinanzierung von Krankenhausleistungen zu verdrängen, ist keine gute Basis für Veränderungen." Zunächst sollten die akuten Finanzierungsfragen gelöst werden, dann wäre der Boden für eine zielführende Reform gegeben, so Begers Meinung.
Kalter Strukturwandel droht
Mit dieser Einschätzung folgt er den Kernaussagen vieler Krankenhausdirektoren, die sich Anfang der Woche zu einer Frühjahrstagung in Echterdingen getroffen hatten. Beger selbst hatte an der Tagung teilgenommen, um sich mit mehr als 100 Krankenhausgeschäftsführern aus dem ganzen Land auszutauschen.
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Schwerpunktthemen der zweitägigen Veranstaltung waren die Finanzsituation der Krankenhauslandschaft und die vom Bund initiierte Krankenhausstrukturreform. "Die aktuelle wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser ist so schwierig wie noch nie", waren sich der Vorstandsvorsitzende Heiner Scheffold von der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG) und der Landesvorsitzende Matthias Geiser vom Verband der Krankenhausdirektoren in Deutschland einig. "Den Krankenhäusern im Land werden alleine in diesem Jahr 800 Millionen Euro fehlen, wenn die Politik nicht schnell etwas tut.
Und selbst wenn die versprochenen Energiehilfen tatsächlich bei den Krankenhäusern ankommen sollten, fehlen immer noch mindestens 620 Millionen Euro im Jahr 2023", mahnte Scheffold und ergänzte: "Diese kritische Finanzsituation bringt die Krankenhäuser zunehmend in eine Schieflage, und es droht ein kalter Strukturwandel." Er geht davon aus, dass die geplante große Krankenhausreform inklusive der Finanzierung der Vorhaltekosten so ins Leere laufe. "Zum einen sind die Krankenhäuser, die reformiert werden sollen, dann möglicherweise gar nicht mehr da – zum anderen beschränken die Vorhaltekosten den unternehmerischen Spielraum", erklärt der Vorstandsvorsitzende.
Die Krankenhäuser müssten dementsprechend im verbleibenden Bereich mehr erwirtschaften, um diese Defizite zu decken. Für Scheffold eine klare Fehlentwicklung: "Damit wird das Hamsterrad schneller statt langsamer." Ihm zufolge ist die finanzielle Stabilisierung Voraussetzung für eine funktionierende Krankenhausreform.
Einen ähnlichen Teufelskreis skizzierte Matthias Geiser für die anwesenden Krankenhausgeschäftsführer wie Lothar Beger: "Aktuell ist die Unsicherheit bei den Krankenhäusern extrem groß. Wir erleben es mittlerweile tagtäglich, dass die Krankenhäuser freie Stellen nicht besetzen können, da die Bewerber nicht wissen, was aus dem Krankenhaus in Zukunft wird."
Viele Krankenhausträger stellen laut Geiser zudem dringend notwendige Investitionen zurück, da sie nicht wissen, was aus dem Krankenhaus werde. Die Konsequenz: "Das führt dann dazu, dass die Krankenhäuser weniger Menschen behandeln können und wieder Einnahmen fehlen", warnt der Landesvorsitzende. Deshalb betont er: "Ein Vertrösten auf eine künftige Krankenhausreform, die vielleicht eine bessere Finanzierung von Vorhaltekosten bringt, ist nicht hinnehmbar."
Das Krankenhaus Hardheim befasst sich bereits seit über einem Jahr mit der Notwendigkeit struktureller Veränderungen. Laut Beger verfolgen er und sein Team dabei das Ziel, das Angebot für die Bevölkerung vor Ort möglichst noch zu erweitern, gleichzeitig aber auch den sich stetig wandelnden politischen Vorgaben gerecht zu werden. "Gerade die zunehmende Ambulantisierung medizinischer Leistungen erfordert von uns ein Umdenken, wie wir unser Krankenhaus als Gesundheitszentrum fit für die Zukunft machen und wie wir dies auch wirtschaftlich führen können", so Beger.
Fachleute fordern unlängst, dass Krankenhäuser verstärkt ambulante Behandlungen anbieten, um so die medizinische Versorgung auf dem Land aufrechtzuerhalten. Die traditionelle Abgrenzung zwischen ambulanter Versorgung in der Arztpraxis und stationärer Versorgung müsste dafür in Teilen schwinden.
So sagt zum Beispiel Professor Boris Augurzky vom Wirtschaftsforschungsinstitut RWI Essen: "Wir brauchen auf dem Land eine solide Basisversorgung, die häufig durch gute ambulante Angebote gewährleistet werden kann, ergänzt um pflegerische Angebote und vernetzt mit den Spezialisten in den Zentren."
Baustein im Genesungsprozess
Für Beger ist eine wichtige Grundlage, dass bei den Reformbestrebungen von den Verantwortlichen auf Bundes- und Landesebene immer wieder betont wird, dass gewachsene Strukturen und bestehende Kooperationen berücksichtigt werden sollen.
Wichtig dabei ist aus seiner Sicht, dass die Krankenhausplanung in der Hoheit der Länder bleibt. "Es geht ja nicht darum, die Krankenhauslandschaft völlig neu zu erfinden und ein Planungsszenario auf der grünen Wiese zu entwickeln."
Kleinere Häuser wie das Hardheimer Krankenhaus sollten Beger zufolge – wenn auch in angepasster Form – ihre Existenzberechtigung haben. "Gerade der Rückhalt in der Bevölkerung ist enorm, und das Haus erfährt immer wieder äußerst positive Rückmeldungen, dass es hier noch sehr menschlich und persönlich zugeht", berichtet der Verwaltungsdirektor. "Das darf als wichtiger Baustein im Genesungsprozess nicht außer Acht gelassen werden", ist Beger überzeugt.