SLK-Kliniken Heilbronn

500 Mitarbeiter streikten für mehr Lohn und gegen die Reform

"Heute ist Streiktag und kein Arbeitstag": Die Gewerkschaft "Verdi" hatte zum Protest aufgerufen.

15.03.2023 UPDATE: 15.03.2023 20:30 Uhr 1 Minute, 55 Sekunden
Rund 500 Streikende protestierten am Mittwoch bei der Abschlusskundgebung auf dem Kiliansplatz in Heilbronn. Foto: Brigitte Fritz-Kador

Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Etwa 500 Streikende, wie vorhergesagt und auch von der begleitenden Polizei so bestätigt, haben am Mittwoch den langen Marsch von den SLK-Kliniken am Gesundbrunnen bis zum Kiliansplatz mitten in Heilbronn nicht gescheut. Teile eines anderen langen Marsches liegen schon hinter und auch noch vor ihnen.

Es geht um Lohnerhöhungen und Einmalzahlungen. Die Gewerkschaft "Verdi" fordert für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen eine Anhebung der Einkommen um 10,5 Prozent, mindestens aber um 500 Euro monatlich, mit einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen um 200 Euro monatlich verbessert werden.

Nach zwei bisher ergebnislosen Verhandlungsrunden steht die dritte am Monatsende an. Die Streikenden kamen nicht nur von den SLK-Kliniken, sondern unter anderem auch aus Tauberbischofsheim, Crailsheim und Weinsberg; unter ihnen waren auch viele Auszubildende.

Hintergrund

> Heilbronns Oberbürgermeister Harry Mergel, Aufsichtsratsvorsitzender der SLK-Kliniken, ist einer der 19 Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister aus ganz Deutschland, die sich in einem Schreiben an die Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister des Bundes und

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> Heilbronns Oberbürgermeister Harry Mergel, Aufsichtsratsvorsitzender der SLK-Kliniken, ist einer der 19 Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister aus ganz Deutschland, die sich in einem Schreiben an die Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister des Bundes und der Länder mit der Forderung nach einer besseren finanziellen Ausstattung der kommunal getragenen Krankenhäuser gewandt haben. Dabei geht es vor allem um eine "auskömmliche Finanzierung des laufenden Betriebs", bei den jetzt stark gestiegenen Kosten und Erlösausfällen aber auch um die Gleichbehandlung mit Universitätskliniken, die in der Regel unter Trägerschaft der Länder stehen. Aktueller Anlass waren die Bund-Länder-Gespräche zu den anstehenden Reformen der Krankenhausfinanzierung. Laut Mergel haben der Stadt- und Landkreis Heilbronn in den vergangenen Jahren mehr als 250 Millionen Euro Eigenmittel für den Klinikverbund aufgebracht. (bfk)

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Begleitet war die Abschlusskundgebung von schrillen Pfiffen und schrillen Tönen, letztere so einpeitschend vorgetragen, dass, was immer deren Botschaft war, sie unverständlich blieb. Umso klarer drückte sich Irene Gölz aus, die "Verdi"-Fachbereichsleiterin für das Gesundheitswesen in Baden-Württemberg. Das Angebot der Arbeitgeber, das jetzt auf dem Tisch liegt, nannte sie schlicht "eine Frechheit".

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Sie thematisierte nicht nur, dass die angebotenen Lohnerhöhungen nicht ausreichen würden, um die Inflationsrate auszugleichen, sondern auch die Absicht, dass neue tarifliche Regelungen einerseits dazu führen können, in bestimmten Bereichen Kürzungen vorzunehmen, und dass andererseits Lohnerhöhungen vor allem Mitarbeitern in gehobenen Positionen zugutekommen würden.

"Wenn der Kaufkraftverlust der Gesundheitsbeschäftigten jetzt auch noch durch echte Gehaltskürzungen verdoppelt werden soll, bricht der Laden zusammen", sagte sie unter dem Beifall der Anwesenden. Insgesamt 30 Kliniken im Land würden laut Gölz an diesem Tag bestreikt, denn: "Diese Probleme gehören auf die Straße!" Dass so wenige Passanten bei den Streikenden stehen blieben, lag sicher auch an der eisigen Kälte.

"Heute ist kein Arbeitstag, heute ist Streiktag", skandierten die Versammelten immer wieder. Ihr Anliegen stellte Gölz auch in einen gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang: Es gehe um Daseinsvorsorge, zum Beispiel auch für den Arbeiter von Audi, der wochenlang auf eine Hüft-OP warten müsse und am Arbeitsplatz fehle.

Zur geplanten Krankenhausreform prophezeite sie, dass dann alle Kliniken des Landes defizitär werden würden. Bereits jetzt hätten 70 Prozent von ihnen Probleme, durch die geplante Reform seien zwei Drittel der Krankenhausstandorte im Land in Gefahr. Die SLK-Kliniken wiesen in ihrem Jahresabschluss für 2022 einen Gewinn von knapp vier Millionen Euro aus, für 2023 erwarten sie ein Defizit.

Für die Kliniken war ein Notdienst eingerichtet, dazu hat man ja schon Erfahrungen aus vorangegangenen Streiks. Andere Dinge am Rande zeigten, dass dieser auch sonst mitten drin war im Leben: Streikteilnehmerin Nicole hatte Geburtstag, für sie gab es ein Ständchen. Ein junger Mitarbeiter von "Verdi" füllte mit jungen Frauen Aufnahmeformulare für die Gewerkschaft aus, eine Frau beschwerte sich wütend bei der Polizei – laut den Beamten gab es "keine nennenswerten Störungen" –, weil sie mit dem Auto eine Dreiviertelstunde von Neckargartach bis in die Stadtmitte gebraucht habe, und ein paar Meter weiter entfernt bepflanzten andere Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst die Blumenbeete mit Stiefmütterchen.

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