Notfälle werden rund um die Uhr versorgt (Update)
Krankenhausverband hat Notfallpraxis eingerichtet. Notärzte übernehmen Versorgung. Patientenzimmer werden modernisiert.

Von Rüdiger Busch
Hardheim. Wer sich abends oder am Wochenende mit einer Verletzung hilfesuchend ans Hardheimer Krankenhaus wandte, dem konnte in den letzten knapp zwei Jahren nicht wie gewohnt geholfen werden: Die chirurgisch-orthopädische Praxis hatte die Notfallversorgung aus betriebswirtschaftlichen Gründen einstellen müssen.
Doch nun ist es dem Krankenhausverband gelungen, wieder eine ambulante Notfallversorgung auf die Beine zu stellen und eine Notfallpraxis einzurichten. Dies gab Verwaltungsleiter Lothar Beger in der Mitgliederversammlung des Freundes- und Förderkreises "Unser Krankenhaus" bekannt. Außerdem informierte Beger über die Pläne zur Zukunftssicherung des Hauses, die sowohl bauliche als auch inhaltliche Veränderungen mit sich bringen werden.

Die Notfallpraxis
Der Verwaltungsleiter erläuterte zunächst Hintergründe zur Notfallversorgung: Die chirurgisch-orthopädische Praxis, die bis dahin die chirurgische Notfallversorgung über Assistenzärzte sichergestellt hatte, hatte sich vor zwei Jahren von den Assistenzärzten getrennt und die Notfallversorgung außerhalb der Praxisöffnungszeiten aus Kosten- und Kapazitätsgründen nicht mehr leisten können. Das Krankenhaus habe aber auch nicht einfach einspringen können, da es als Belegkrankenhaus keine Ärzte beschäftigt und die Notfallversorgung grundsätzlich auch nicht in den Aufgabenbereich des Krankenhauses, sondern der Kassenärztlichen Vereinigung falle. Zudem sei dies ein Bereich, "um den sich niemand reißt", da er nur defizitär geführt werden könne.
Der Krankenhausverband habe sich des Themas dennoch angenommen: "Mit enormem Aufwand wurde in den letzten Monaten eine Struktur zum Betrieb einer Notfallpraxis aufgebaut", informierte Beger. Im ersten Obergeschoss (vor der Patientenaufnahme und der Intensivstation) wurden Räume für die Notfallpraxis geschaffen. Die Versorgung wird von den Notärzten übernommen, die an der Rettungswache im Bereitschaftsdienst eingeteilt sind. Mit ihnen wurden Verträge geschlossen, dass sie nicht nur Notarztdienst leisten, sondern im Krankenhaus die Notfallversorgung übernehmen.
"Nach einer ersten Probephase können wir künftig auch außerhalb der Praxissprechzeiten und somit wieder 24 Stunden am Tag eine Versorgung von ambulanten Notfällen sicherstellen", verkündete der Verwaltungsleiter die frohe Botschaft. Allerdings werde nicht jeder Arzt Spezialist für alles sein können, "und so werden wir tageweise sicherlich auch mit der ein oder anderen Einschränkung bei der Versorgung leben müssen". Wie in jeder Notarztpraxis müsse darüber hinaus auch mit unterschiedlich langen Wartezeiten gerechnet werden, da der behandelnde Arzt nach Art der Verletzung oder Erkrankung die Reihenfolge der Behandlung und nicht nach der Reihenfolge des Eintreffens festlegen wird. Darüber hinaus gehe eine mögliche Alarmierung als Notarzt immer vor. "Aber das alles ist besser als die derzeit in vielen Fällen fehlende Erstversorgung im ambulanten Notfall." Der Krankenhausverband lasse sich diesen Service für die Bürger einiges an Geld kosten: ",Aber wir hoffen, dass uns im Ernstfall jeder eingesetzte Cent seinen Einsatz wert ist."
Sinkende Belegungszahlen
"Es muss sich etwas tun in unserem Gesundheitssystem, denn das System an sich ist an vielen Stellen krank", betonte Beger beim Blick auf die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach für 2023 angekündigte Krankenhausstrukturreform. "Auch wir merken am Krankenhaus Hardheim, dass es ein ,Weiter so‘ nicht geben kann, sondern strukturelle Änderungen dringend erforderlich sind", sagte er und ging besonders auf zwei Problemfelder ein. Wie viele andere Krankenhäuser verzeichne man einen Rückgang der Belegungszahlen durch eine immer stärker werdende Verschiebung vom stationären in den ambulanten Bereich. Ein aktuelles Gutachten gehe davon aus, dass weitere 40 Prozent der bisher stationären Behandlungen künftig ambulant erfolgten.
Problem zwei: Ab Januar sind bei dann nur noch zwei Chirurgen und zwei Internisten insgesamt drei Belegarztsitze noch zu besetzen. "Die Nachfolgesuche ist nicht aussichtslos, aber gestaltet sich sehr mühsam", sagte Beger. Immerhin werde der aus der Praxis ausscheidende Orthopäde Arne Bieling weiterhin im Krankenhaus operieren. Deutschland habe zwar genügend Ärzte, diese seien aber nicht so verteilt, wie sie benötigt würden. Dagegen verspüre das Krankenhaus im Pflegebereich keinen Fachkräftemangel: "Alle Stellen sind besetzt!"
Auf dem Weg zum Gesundheitszentrum
Auch wenn das Haus seit 2021 dank eines guten Wirtschaftens trotz geringerer Belegung schwarze Zahlen schreibe, dürfe man sich auf diesem Erfolg nicht ausruhen: "Wir werden uns den sich stetig ändernden Rahmenbedingungen anpassen und ein Stück weit Veränderungen auch aktiv mitgehen müssen, wenn wir nicht irgendwann vom vorbeifahrenden Zug der Gesundheitspolitik überrollt werden wollen", zeichnete Beger ein anschauliches Bild der Situation. Deshalb wolle der Krankenhausverband weiter in Struktur, Personal und Gebäude investieren. Auf der Agenda stehe beispielsweise der weitere Einbau von Nasszellen in allen Patientenzimmern. Das Regierungspräsidium habe eine Zuschussbewilligung noch im laufenden Jahr in Aussicht gestellt, so dass eventuell schon im nächsten Jahr mit den ersten Bauabschnitten begonnen werden könnte.
Strukturell beschäftige man sich mit möglichen Optionen, wie das Haus unter Berücksichtigung der Vorschläge von Bundes- oder Landesebene zu einem Gesundheitszentrum mit einem noch breiter aufgestellten Versorgungsangebot weiterentwickelt werden könne. "Wir wollen dazu sowohl operativ als auch konservativ unser medizinisches Portfolio weiter ergänzen und dazu bei Bedarf auch weitere Kooperationen eingehen", zeigte Beger auf. "Wir werden ambulante Versorgungskonzepte mit stationärer Überwachung neu denken und weiter ausbauen müssen. Und letztendlich werden wir uns auch über völlig neuartige ambulante und stationäre Angebotsformen Gedanken machen."
Dies alles geschehe, um dem Hauptauftrag gerecht zu werden: eine möglichst umfassende medizinische Versorgung für die Bürgerinnen und Bürger der Region. Dafür müsse man den Begriff "Krankenhaus" neu denken und die Gesundheitsversorgung vor der Tür weiterentwickeln – "hin zu einem Gesundheitszentrum, das ambulante und stationäre Versorgungsformen abdecken kann".