Eberbach

Agnes Heilmann ist seit 35 Jahren Klavierlehrerin an der Musikschule Eberbach

Zur Musik fand sie trotz Musiker-Elternhaus erst spät

16.08.2019 UPDATE: 18.08.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 52 Sekunden

Auch nach 35 Berufsjahren mit viel Freude am Musikmachen, Unterrichten und an ihren Schülern dabei: Agnes Heilmann, Tochter von Musikschul-Gründer Harald Heilmann. Foto: jbd

Von Jutta Biener-Drews

Eberbach. Der musikalische Werdegang von Agnes Heilmann war alles andere als vorprogrammiert. Wäre es nicht zu platt, könnte man auch sagen: Es war Musik drin. Immerhin war die Klavierpädagogin und Sängerin, die seit mittlerweile 35 Jahren selber an der Musikschule Eberbach unterrichtet, die einzige Tochter zweier mit diesem Haus sogar in besonderer Beziehung stehender Profimusiker.

Der Vater: Komponist Harald Heilmann, gebürtig aus Sachsen, für sein musikalisches Wirken mit höchsten Auszeichnungen bedacht, einstiger Meisterschüler von Hanns Eisler in Ost-Berlin und 1979 Musikschul-Gründer. Die Mutter: Hildegard Heilmann, die, als sich die Familie 1967 in Brombach niederließ, dort als Organistin wirkte, den Frauenchor gründete, erst an der Musikschule Ludwigshafen Land und später an der Neugründung in Eberbach unterrichtete.

Agnes Heilmann, Jahrgang 1958 und Einzelkind, war bei ihrem Eintreffen in Brombach noch keine 10 Jahre alt und frönte ziemlich ungehindert ihrem eingeborenen Freiheitsdrang: "Meine Eltern", erzählt sie mit einem Lächeln, "haben mich ganz lässig wie Wildwuchs heranwachsen lassen". Sie findet das gut, bis heute.

Mit dem Klavierspielen ließ sich Klein Agnes noch ein paar Jahre Zeit: "Ich habe mit 15 damit angefangen". Und war auch zu diesem Zeitpunkt alles andere als mit dem Klavierhocker verwachsen. In Eberbach gab es damals nur eine einzige Klavierlehrerin: Elisabeth Kress, in dem großen stattlichen Haus auf dem Bahnhofsvorplatz, erinnert sich Heilmann. Und wenn sie da ihre wöchentliche Stunde hatte, regte sich regelmäßig das schlechte Gewissen: "Wieder nicht geübt!"

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Ohnehin gingen die Interessen des jungen Mädchens damals in eine andere Richtung: in die Welt der Bücher. Stundenlang versenkte sich Agnes Heilmann in die Literatur aus dem heimischen Wandschrank. "Lessing, die Romantiker, Ricarda Huch, alles was ich gefunden habe!"

Und dann kam als letzter Zwischenschritt zum Musikmachen noch das Musikhören. Ein Jahr lang, so Heilmann, habe sie sehr viel Radio gehört. Die Eltern ließen sie machen, "wahrscheinlich, weil sie auch sehr mit sich beschäftigt waren", denkt Heilmann zurück und setzt ihr fröhlichstes Gesicht auf.

Hintergrund

Die Musikschule Eberbach feiert 2019 ihr 40-jähriges Bestehen. "Gründervater" war 1979 der Ende 2018 verstorbene Komponist Harald Heilmann, der die Einrichtung - damals noch im Haus am Alten Markt/Ecke Pfarrgasse - auch zehn Jahre lang

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Die Musikschule Eberbach feiert 2019 ihr 40-jähriges Bestehen. "Gründervater" war 1979 der Ende 2018 verstorbene Komponist Harald Heilmann, der die Einrichtung - damals noch im Haus am Alten Markt/Ecke Pfarrgasse - auch zehn Jahre lang leitete.

Seitdem haben ein paar Tausend Schülerinnen und Schüler hier Unterricht in allen möglichen musikalischen Disziplinen erhalten, und etliche davon sind später selber Profimusiker geworden. Wir sind auf die Suche gegangen, und wollen hier einige, bei denen die Musikschule gewissermaßen die Tür zur Musik aufgestoßen hat, porträtieren. (jbd)

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Irgendwann vor dem Abitur am Hohenstaufen-Gymnasium kam dann der Moment, wo die Musik, wo das Klavierspiel sie so richtig packten. Obwohl Heilmann sich an der Uni Mannheim damals in Kunstgeschichte und Musikwissenschaften einschrieb, war ihr klar: Ich will Klavier studieren!

Natürlich seien ihr auch die anderen Fächer wichtig gewesen, "ich hatte einen richtigen Tick, was Kunst, was Bilder anbelangt". Aber sie ging zur Vorbereitung auf die musikalische Aufnahmeprüfung bereits am damaligen Kirchenmusikalischen Institut in Heidelberg zur Schule: eine halbe Stunde die Woche bei Fred Rensch. Rensch war später unter anderem an den Musikhochschulen in Frankfurt und Mannheim tätig. Vier bis fünf Stunden täglich griff Agnes Heilmann in die Tasten, der Unterricht machte richtig Spaß.

Die Musikschule Eberbach unter Heilmannscher Leitung gab es inzwischen auch. Und hier, wo ihr Vater auch Klavier und Musiktheorie lehrte, ließ sie sich von ihm theoretisch fit machen. Zusammen mit zwei anderen Kursteilnehmern, deren einer, Simon Langenbach, jetzt evangelischer Bezirkskantor von Ladenburg-Weinheim ist. "Mein Vater hat das sehr gut gemacht, sehr gut erklärt", erinnert sich die 61-Jährige.

Eine Sonderbehandlung wurde der Tochter aber nie zuteil. Selbst später nicht, als es um eine Stellung in Eberbach ging. "Dafür war mein Vater viel zu moralisch", ein absolut korrekter Mann mit strengen Maßstäben. Seinen Schülern gegenüber habe er aber nie Druck gemacht, "er war immer der Meinung, dass die Schüler selbst was bringen müssen".

Eine Auffassung, die er ihr offenbar vererbt habt, so die erfahrene Klavierpädagogin. Auch sie selbst lege in ihrem Unterricht sehr viel Wert darauf, dass es ihren Schülern - 20 bis 30 die Woche - Spaß macht, dass sie kreativ werden, Dingen auf den Grund gehen, "da kommen erstaunliche Sachen und muntere Vorspiele raus", strahlt Heilmann.

Fünf Jahre hat Agnes Heilmann in Mannheim studiert, im letzten Jahr hat sie, wieder als eine Art Spätzünderin, den Gesang für sich entdeckt und privaten Unterricht genommen. Seither ist die Mezzosopranistin immer wieder öffentlich aufgetreten, hat in Ensembles wie dem Eberbacher "Knöfel-Consort" unter anderem mit dem heutigen Landeskantors Johannes Michel, mit Elke Kleinert-Endlich und Christiane Michel zusammengewirkt, oder dem Hirschhorner Ensemble Fidelis. Dass sie nicht auch Gesang unterrichtet hat, das, sinniert die Musikerin, hänge womöglich mit ihrer Bühnenangst zusammen, "ich hab’ auch immer Lampenfieber".

Den ersten Berufsjahren unter väterlicher Leitung sollten weitere 30 unter Juliane Hoecker, Sabine Pfeifer, Tobias Soldner folgen. 2005 musste die Musikschule Insolvenz anmelden, die Konditionen für die Lehrerschaft verschlechterten sich. Etliche Kollegen verließen das Haus, machten sich selbstständig. Agnes Heilmann blieb. "Für mich war Musikschule immer was Tolles: die Auftrittsmöglichkeiten, das Zusammenspiel, die Kollegen. Gibt’s doch sonst nirgends."

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