Kreistag ist für Betonmüll nicht zuständig
Landrat Dr. Brötel: Nur Geschäftsführung und Aufsichtsrat der AWN befugt - Keine bedingungslose Entsorgungspflicht laut Gesetz

Neckar-Odenwald-Kreis. (Wd) Nachdem am Freitag der Kreistag in Ludwigsburg mit großer Mehrheit die Deponierung von Bauschutt aus Neckarwestheim abgelehnt hat, stellt Landrat Dr. Achim Brötel klar, dass hingegen der Kreistag im Neckar-Odenwald-Kreis keine Entscheidungszuständigkeit für die Frage der Annahme von sog. freigemessenen Abfällen hat. Der Kreistag kommt heute, Montag, zu seiner Sitzung in Mudau zusammen. Landrat Dr. Brötel erklärt, dass man sich im Landkreis vor vielen Jahren ganz bewusst für den Weg der Pflichtenübertragung auf die Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWN) entschieden habe. Das Regierungspräsidium Karlsruhe habe dieses Vorsehen bis zum 31. Dezember 2032 genehmigt.
Allein zuständig seien deshalb Geschäftsführung und Aufsichtsrat der AWN. Deshalb stehe das Thema auch auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung des Aufsichtsrates der AWN. "Nur dort ist über das weitere Vorgehen zu diskutieren und zu entscheiden", so Landrat Dr. Brötel. Auch der Landrat könne die damit zusammenhängenden Fragen nicht selbst entscheiden. Aus diesem Grunde habe er die Deponierung auch nicht "generell verweigert" oder "abgelehnt", wie es verschiedentlich geheißen habe, sondern die AWN gebeten, "bis zur Klärung sämtlicher offener Fragen (…) etwaige Anfragen zur Annahme freigemessener Abfälle aus dem Rückbau des Kernkraftwerks Obrigheim (KWO) generell zurückzuweisen".
"Ich fordere dabei auch keineswegs zum Rechtsbruch auf, wie es ebenfalls verschiedentlich fälschlicherweise behauptet worden sei, sondern lediglich zum verantwortungsbewussten Umgang mit dem geltenden Recht. Das sei ein ganz entscheidender Unterschied. Deshalb habe er Minister Untersteller im Schreiben vom 6. Juni 2017 auch lediglich mitgeteilt, dass er es als Landrat "derzeit weder für sinnvoll noch für politisch verantwortbar halte, freigemessene Abfälle aus dem Rückbau des Kernkraftwerks Obrigheim (KWO) im Zentrum für Entsorgung und Umwelttechnologie "Sansenhecken" in Buchen einzulagern".
Im Gesetz sei nämlich "gerade nicht von einer bedingungslosen Entsorgungspflicht" die Rede, so Dr. Brötel. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz schreibe vielmehr aus guten Gründen ausdrücklich vor, dass Abfälle "nach Maßgabe der §§ 15 und 16 KrWG zu beseitigen" seien. "Abfälle sind so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Eine Beeinträchtigung liegt insbesondere dann vor, wenn die Gesundheit der Menschen beeinträchtigt wird, Tiere oder Pflanzen gefährdet werden, Gewässer oder Böden schädlich beeinflusst werden, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Lärm herbeigeführt werden. Ferner, wenn die Ziele oder Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung nicht beachtet oder die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege sowie des Städtebaus nicht berücksichtigt werden oder die öffentliche Sicherheit oder Ordnung in sonstiger Weise gefährdet oder gestört wird."
Genau an diesem Punkt würden dann aber die Stellungnahmen der Landesärztekammer und des Deutschen Ärztetages relevant. Deshalb halte er es für zwingend erforderlich, dass sich das fachlich dafür zuständige Umweltministerium mit den dort vorgebrachten Argumenten zumindest inhaltlich auseinandersetze und sie nicht nach dem alten Grundsatz "Verschont mich mit Argumenten, ich habe schon eine Meinung" von vorneherein kategorisch für unbeachtlich erkläre. "Ein solcher Umgang wäre in meinen Augen nämlich in der Tat verantwortungslos", erklärt der Landrat weiter.
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Die Grünen im Neckar-Odenwald-Kreis, die ihm jetzt vorwerfen, "ohne Not al-les noch komplizierter zu machen" (Leserbrief Ott und Heitz), haben noch im März 2017 betont, sie würden die Sorgen der Bürger ernst nehmen und deshalb umfangreiche zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen (vom sicheren Verschluss des Materials bis hin zum - allerdings nie auch nur ansatzweise konkretisierten - regelmäßigen Gesundheitsmonitoring der Bevölkerung) eingefordert. Würde es dadurch etwa einfacher, fragt Dr. Brötel. Dafür gebte es definitiv keine gesetzliche Grundlage - und davon sei aktuell auch keine Rede mehr.
"Wenn das Material tatsächlich so ungefährlich ist, wie die Grünen jetzt ihrem Minister zuliebe behaupten, dann stellt sich für mich schon die Frage, was die zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen überhaupt sollen. Für mich passt so etwas jedenfalls nicht zusammen. Ich selbst werde mich deshalb auch weiterhin primär den Interessen der Bevölkerung und nicht dem parteipolitischen Kalkül oder dem Interesse der EnBW an Entsorgungssicherheit verpflichtet fühlen", so der Landrat weiter..
Ihm sei immer in zentraler Weise daran gelegen gewesen, die Diskussion lö-sungsorientiert und deshalb gerade nicht öffentlich auszutragen. Deshalb habe er sich Minister Untersteller gegenüber auch bewusst sehr differenziert geäußert. Insbesondere wollte er aber vermeiden, anderenorts gezielt instrumentalisiert zu werden. Leider sei das inzwischen dadurch zunichte gemacht worden, dass interne Schriftstücke unbefugt und ohne sein Zutun im Internet veröffentlicht worden und die regionalen Zeitungen über ihre jeweiligen Kontaktformulare anonym auf den Link hingewiesen worden seien. "Wer auch immer das getan hat, hat damit bestimmte Interessen verfolgt. Davon distanziere ich mich ganz ausdrücklich", so der Landrat.



