Betonmüll aus KKW Obrigheim

Für die Buchener "besteht keine Gefahr"

Deponiebetreiber ist die Abfallwirtschaftsgesellschaft des Neckar-Odenwald-Kreises (AWN) - Ihr Geschäftsführer Mathias Ginter erklärt im RNZ-Interview, warum es keine Lagerungsalternative gibt

28.08.2017 UPDATE: 29.08.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 43 Sekunden
Der Bauschutt aus dem Kernkraftwerk Obrigheim soll nach Buchen. Im Gespräch mit der RNZ hält AWN-Geschäftsführer Dr. Mathias Ginter das Material für unbedenklich. Derzeit werden auf der Buchener Deponie Sansenhecken die beiden neuen Verfüllabschnitte 10 und 11 erschlossen, wo der Betonmüll eingelagert werden soll. Fotos: Martin Hahn

Von Alexander Rechner

Neckar-Odenwald-Kreis. Die Deponierung des Bauschutts aus dem vom Netz gegangenen Kernkraftwerk Obrigheim erhitzt weiter die Gemüter. In den vergangenen Wochen ging der Streit über die Einlagerung des Betonmülls auf der Buchener Deponie in die nächste Runde. Grund genug, mit Dr. Mathias Ginter, Geschäftsführer der Abfallwirtschaftsgesellschaft des Neckar-Odenwald-Kreises (AWN), ein Gespräch zu führen.

AWN-Geschäftsführer Dr. Mathias Ginter.

Herr Ginter, in den vergangenen Wochen hielt der Streit über die Deponierung des KWO-Bauschutts in Buchen an. Steht keine konkrete Anlieferung auf Sansenhecken bevor, wie Landrat Achim Brötel jüngst ausführte?

Aktuell steht keine konkrete Anlieferung bevor. Ende 2016 wurde uns von der EnBW eine Chargenanmeldung für die Anlieferung von Rückbaumaterial aus dem KWO zugestellt. Das sind rund fünf Tonnen. Diese wird entsprechend der Deponieverordnung und den Vorgaben der im Sommer des Jahres 2015 vorgestellten "Handlungsanleitung für die Entsorgung von freigemessenen Abfällen auf Deponien" sorgfältig bearbeitet. Derzeit gibt es offene Fragen, der letzte Kontakt zur EnBW war im Mai 2017.

Sie stehen sicherlich mit der EnBW, der Betreiberin des KWO, in engem Kontakt. Wann rollen die ersten Laster mit Betonmüll nach Sansenhecken?

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Darüber kann ich im Moment keine Aussage treffen.

Nach Informationen der EnBW wird die Anlieferung allerdings vorbereitet: Rechnen Sie mit einer noch in diesem Jahr?

Derzeit sind die formalen Voraussetzungen nicht erfüllt. Auch nach Angaben der EnBW wird es zur Erfüllung der formalen Voraussetzungen noch einige Monate dauern.

Minister Franz Untersteller droht in seiner Stellungnahme sogar mit möglichen Haftungsansprüchen gegen den Landkreis und die AWN. Gibt es noch Möglichkeiten, die Anlieferung abzulehnen?

Da der Neckar-Odenwald-Kreis die Entsorgungspflicht in diesem Bereich auf die AWN übertragen hat, ist formal die AWN zuständig. Eventuell mögliche Entsorgungsalternativen müssen selbst organisiert werden. Solche wiederum bedingen allerdings eine Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde, in unserem Fall eben das Umweltministerium Baden-Württemberg. Der Salzstollen in Bad-Friedrichshall beispielsweise wurde von uns mehrfach, allerdings bislang ohne Erfolg, ins Gespräch gebracht.

Die Landesärztekammer Baden-Württemberg hält den Bauschutt für bedenklich. Teilen Sie die Auffassung?

Ich persönlich halte dieses Material für unbedenklich. Ähnlich hatte sich ja auch der Präsident der Landesärztekammer, Ulrich Clever, im Januar dieses Jahres geäußert. Dies wurde dann erneut in Frage gestellt, zuletzt vom Deutschen Ärztetag in Freiburg im Mai dieses Jahres.

Besteht aus Sicht der AWN eine Gefahr für die Bevölkerung?

Nein, aus unserer Sicht besteht keine Gefahr für die hiesige Bevölkerung.

Gibt oder gab es Überlegungen oder Anfragen, Bauschutt aus dem Atommeiler in Neckarwestheim in Buchen zu deponieren?

Ein klares Nein!

Ein anderes Thema: Kommt die Biotonne in den Neckar-Odenwald-Kreis?

Wir haben uns mit dem Umweltministerium Baden-Württemberg auf eine stufenweise und flächendeckende Umsetzung unseres Systems "Restmüllarme Abfallwirtschaft", wie wir es bereits in Rosenberg und Hardheim (Kerngemeinde) mit gutem Erfolg praktizieren, geeinigt. Wir halten dieses System mit einer "Bioenergietonne" und einer "Trockenen Wertstofftonne" für eine optimale Lösung für unseren Landkreis - damit ist die Einführung einer klassischen Biotonne nicht notwendig.

Ist die "Restmüllarme Abfallwirtschaft" des Landkreises zu ehrgeizig?

Der ursprüngliche Grundgedanke der "Restmüllfreien Abfallwirtschaft" war durch das einfache Trennkriterium "nass" oder "trocken" sehr gut zu verstehen und fand somit bei der Bevölkerung eine sehr hohe Akzeptanz. Aufgrund einer neuen Rechtslage mussten wir dieses System um eine Störstoffsammlung erweitern. Damit wird die Öffentlichkeitsarbeit anspruchsvoller. Aber wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass dieses abfallwirtschaftliche System die optimale Lösung für den Neckar-Odenwald-Kreis darstellt.

Ende des Jahres 2015 wurde im Kreistag formuliert: Die Biogasanlagen würden stottern oder gar nicht laufen. Wie entwickeln sich die energiewirtschaftlichen Aktivitäten der AWN?

Aufgrund von Problemen wurde im Jahr 2015 der Betrieb der Biogasanlagen neu organisiert. Seitdem zeigen sich positive Entwicklungen. Da unsere energiewirtschaftlichen Aktivitäten stark wärmeorientiert sind, macht uns der niedrige Ölpreis noch zu schaffen.

Schreibt die AWN einen Verlust?

Die AWN schreibt keinen Verlust. Seit Bestehen wurde in nur einem Jahr, nämlich im Jahr 2006, ein Verlust ausgewiesen. Dieser stand damals in direktem Zusammenhang mit dem Scheitern der Mechanisch-Biologischen-Abfallbehandlungsanlage.

Wie entwickelt sich das Biomasse-Heizkraftwerk Odenwald?

Das Heizkraftwerk ist ein wichtiger Bestandteil unseres Standortes und somit des Entsorgungszentrums Sansenhecken. Die AWN ist beim Heizkraftwerk mit zehn Prozent beteiligt. Für beide ergeben sich wichtige Synergien: Einerseits kann das Biomasseheizkraft die vorhandene Infrastruktur wie beispielsweise das Wiegeterminal nutzen, andererseits profitiert die Abfallwirtschaftsgesellschaft und damit die Landkreisbevölkerung von der ortsnahen und günstigen Altholzentsorgung.

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