Kreis hat noch Kapazitäten für die Unterbringung von Geflüchteten
Aktuell sind rund 1100 Menschen aus der Ukraine in der Obhut des Rhein-Neckar-Kreises.

Von Stefan Hagen
Rhein-Neckar. Es ist ein besonders schönes Beispiel: Die Stadt Weinheim hat in ihrer ehemaligen Jugendherberge rund 80 geflüchtete Menschen aus der Ukraine aufgenommen – überwiegend Frauen und Kinder. Die Hilfsbereitschaft ist groß: Weinheimer Handwerksbetriebe legten bei der Überholung der eigentlich zum Abriss vorgesehenen Herberge Hand an. Ehrenamtliche bezogen die Betten mit gespendeter Bettwäsche und legten Willkommensgeschenke für die Kinder bereit. Freiwillige Helfer und ortsansässige Friseure organisierten darüber hinaus eine Fahrt in einen Friseursalon, wo sich die ukrainischen Kinder nach langer Zeit endlich wieder die Haare schneiden lassen konnten. Landrat Stefan Dallinger freute sich, dass die "kommunale Familie" Hand in Hand zusammenarbeitet.
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Stand 19. April sind fast 1100 geflüchtete Menschen aus der Ukraine in der vorläufigen Unterbringung des Rhein-Neckar-Kreises registriert. Diese Zahl nannte Kreissprecherin Silke Hartmann auf Anfrage der Rhein-Neckar-Zeitung. Allerdings seien im Landkreis natürlich schon sehr viel mehr geflüchtete Menschen aus der Ukraine untergebracht – viele davon privat. Deshalb könne man keine verlässliche Gesamtzahl nennen, betonte Hartmann.
Wichtig dabei: Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine müssen kein Asylverfahren durchlaufen. Geflüchtete, die direkt vor Ort ankommen und dort einen Bezug haben, können sich gleich an die Ausländerbehörden wenden. Ausländerbehörde ist die Stadtverwaltung, wenn man sich in einem Stadtkreis oder in einer Großen Kreisstadt aufhält und das Landratsamt, wenn man sich in einer kreisangehörigen Gemeinde aufhält. Sofern kein privater Wohnraum zur Verfügung steht, erfolgt die Unterbringung dabei direkt durch die unteren Aufnahmebehörden der Stadt- und Landkreise, ohne dass es zuvor einer Aufnahme in einer Erstaufnahmeeinrichtung des Landes bedarf. So weit das bürokratische Prozedere, das auf der Homepage des Ministeriums der Justiz und für Migration Baden-Württemberg nachzulesen ist.
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Der Rhein-Neckar-Kreis betreibt aktuell 18 Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge – inklusive Hallen, unter anderem in Weinheim und Schwetzingen. "In nahezu allen Unterkünften befinden sich ukrainische Staatsangehörige", erläutert die Kreissprecherin. Der Rhein-Neckar-Kreis habe auch noch Kapazitäten, um weitere geflüchtete Menschen aufzunehmen. "Die Kolleginnen und Kollegen des zuständigen Ordnungsamtes suchen zudem weiter nach geeigneten Objekten für die vorläufige Unterbringung", sagt Hartmann. Man befinde sich im engen Austausch mit den einzelnen Kommunen hinsichtlich der Anschlussunterbringung. Eine Zusammenstellung der Anzahl der von den einzelnen Kommunen aufgenommenen Flüchtlinge könne das Landratsamt aber nicht zur Verfügung stellen, betonte Hartmann gegenüber der RNZ.
In der jüngsten Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses haben die Kreisräte die Verwaltung derweil bevollmächtigt, "die aufgrund des Krieges in der Ukraine zusätzlich erforderlichen Personalkapazitäten und Sachmittel bedarfsorientiert und ohne weitere Haushaltsbeschlüsse der Kreisgremien aufzubauen beziehungsweise zu beschaffen". Im Klartext: Der Rhein-Neckar-Kreis kann im Hinblick auf verschiedene Szenarien im Zusammenhang mit ukrainischen Geflüchteten schnell und unbürokratisch handeln. In vergleichbarer Weise hatte der Kreistag der Verwaltung bereits zur Bewältigung der Flüchtlingskrise 2015/16 die Arbeit erleichtert. Aus der Sitzungsvorlage geht hervor, dass die Mehraufwendungen teilweise durch Kostenerstattungen des Landes gegenfinanziert sind. Ein derzeit nicht genau abschätzbarer Anteil der zusätzlichen Personalkosten wird demnach zulasten des Rhein-Neckar-Kreises gehen.
"Die Verwaltung hat unser uneingeschränktes Vertrauen", betonte Christdemokrat Maik Brandt für seine Fraktion. Die Umsetzung der ersten Maßnahmen laufe gut. Auch Sprecher aller anderen Fraktionen signalisierten Zustimmung.