Die geflüchteten Ukrainer in PHV sind "zutiefst verunsichert"
Bislang sind 40 ukrainische Flüchtlinge im Ankunftszentrum. 60 weitere kommen am Donnerstag. Es sind vor allem Frauen, Kinder und Ältere.

Von Denis Schnur
Heidelberg. Noch sieht im Ankunftszentrum für Geflüchtete alles aus wie in den Monaten zuvor. Bauzäune ziehen sich zwischen den ehemaligen US-Truppengebäuden hindurch, Sicherheitsleute sorgen dafür, dass die Corona-Maßnahmen eingehalten werden, einige der aktuell rund 1400 Bewohner spazieren durch das Gelände. Doch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine verändert den Alltag in der Landeseinrichtung nach und nach – hinter den Mauern, aber vor allem in der Verwaltung, die sich auf größere Zugänge vorbereitet. Darüber informierten der Leiter des Ankunftszentrums, Markus Rothfuß, und die Präsidentin des Regierungspräsidiums Karlsruhe, Sylvia M. Felder, bei einer Pressekonferenz am Mittwoch.
40 Ukrainerinnen und Ukrainer sind bereits angekommen in der Einrichtung im Patrick-Henry-Village (PHV), 60 weitere werden am Donnerstag dorthin gebracht. Es sind vor allem Frauen mit Kindern, aber auch Ältere, wie Rothfuß berichtete: "Männer zwischen 18 und 60 Jahren dürfen das Land derzeit ja gar nicht verlassen." Die meisten haben sich beim Land gemeldet und wurden dann nach Heidelberg gebracht. Manche kamen auch direkt hierher: "In der Nacht auf Mittwoch stand ein Kleinbus mit Flüchtlingen unangemeldet an unserer Pforte", so Rothfuß. Ehrenamtliche Helfer hatten sie gebracht.
Im Ankunftszentrum werden die Kriegsflüchtlinge zunächst auf Corona getestet. Wer keinen vollständigen Impfschutz nachweist, muss zehn Tage lang in Quarantäne. Gleichzeitig suche man schon das Gespräch mit den Menschen, biete medizinische und psychologische Betreuung an. Denn: "Die Menschen sind sehr traurig, teilweise einfach nur wütend und natürlich zutiefst verunsichert", so Rothfuß. Gerade Frauen und Kinder, die ihre Männer und Väter im Kriegsgebiet zurücklassen mussten, hätten große Angst. "Das ist extrem belastend."
Bislang sei der Zugang aus der Ukraine noch moderat, betonten Rothfuß und Felder. Das liege einerseits daran, dass sich viele Menschen erst vor wenigen Tagen auf den Weg gemacht haben, aber auch daran, dass nur ein Bruchteil der Flüchtlinge in Landeseinrichtungen unterkomme. "Die meisten, die nach Deutschland kommen, haben hier Freunde oder Verwandte und bleiben erstmal bei denen", so die Regierungspräsidentin. Wer jedoch keine Anlaufstelle habe, könne sich an das Land oder die Stadt- und Landkreise wenden: "Wir sind alle zuständig und wir sind alle offen."
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Dennoch geht man beim Land davon aus, dass in den nächsten Tagen deutlich mehr Menschen untergebracht werden müssen. "Wir rechnen mit erheblichen Zugangszahlen", so Rothfuß. Der Einrichtungsleiter geht davon aus, dass in der Spitze mehrere Hundert Menschen täglich in PHV ankommen könnten.
Dann könnte es auch eng werden mit den 2000 Plätzen, die dort derzeit zur Verfügung stehen. Deswegen prüfe man, wie man die Kapazität vergrößern könne. Bis zu 500 Menschen zusätzlich könne man vermutlich unterbringen, indem man die Coronamaßnahmen anpasse und so die Belegung erhöhe. Zusätzliche Gebäude in dem ehemaligen US-Areal wolle man nicht ertüchtigen.
Denn die Menschen aus der Ukraine werden in der Regel wohl deutlich kürzer in der Landeseinrichtung bleiben als die meisten Geflüchteten, die dort sonst ankommen. Ukrainer dürfen sich nämlich bis zu 90 Tage ohne Visum oder anderen Aufenthaltstitel in Deutschland aufhalten. Folglich würden sie zwar wie alle Neuankömmlinge registriert und medizinisch versorgt. Wer aber kein Asyl betragen wolle, werde schon nach drei bis vier Wochen in die Kommunen zur Anschlussunterbringung gebracht.
Wie lange sie dort dann bleiben, hängt wohl vor allem davon ab, wie lange der Krieg andauert. Denn in den bisherigen Gesprächen hätten die meisten Menschen deutlich gemacht, dass sie ihre Zukunft nicht in Deutschland sehen, wie Felder erläuterte: "Die haben alle großes Interesse, möglichst schnell wieder in die Heimat zu kommen."