Zahlen verzerren die Realität
Drei Sonderfälle sorgen für Plus an Straftaten - Aufklärungsquote gestiegen

Mit der Jahresbilanz eigentlich zufrieden (v.l.): Michael Fahrer, Klaus Welcker und Polizeichef Martin Scheel. Foto: Lenhardt
Von Stefan Kern
Schwetzingen. Die jüngste Kriminalitätsstatistik des Schwetzinger Polizeireviers für das Jahr 2017 ist in den Augen von Polizeichef Martin Scheel ein gutes Beispiel für die verzerrende Wirkung von Zahlen. "Mögen diese auch noch so korrekt sein", gab er zu bedenken.
Denn in der am Montag veröffentlichen Statistik für das vergangene Jahr verzeichnete das Schwetzinger Revier bei der Gesamtzahl aller registrierten Straftaten im Vergleich zu 2016 mit fast 13 Prozent ein deutliches Plus. Entgegen des Trends in Baden-Württemberg (minus 4,8 Prozent) und dem Rhein-Neckar-Kreis (minus 6,3 Prozent).
Waren es 2016 noch 3030 Straftaten, verzeichnete die Polizei im vergangenen Jahr 3414 Fälle. Doch hinter diesem Plus liegt ein Grund, der den Anstieg nicht nur erklärt, sondern auch relativiert. Und: Dem Plus an Straftaten steht ein "erfreuliches Plus" von 8,3 Prozent bei der Aufklärungsquote gegenüber, betonte Scheel. Damit liegt diese Quote nun bei 58,3 Prozent.
Drei Sonderfälle
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Scheel räumte gleich zu Beginn des Pressegesprächs ein, dass die Trendabweichung im Vergleich zu Land und Kreis auffällig ist. Aber da genügt der Tunnelblick auf die Zahlen nicht. Der Polizeichef erklärte nämlich, dass der Anstieg zum Einen auf ein Großverfahren im Bereich der Vermögens-, Fälschungs- beziehungsweise Betrugsdelikte zurückgeht. Bei diesem Verfahren geht es um vier Beschuldigte und 334 Geschädigte in ganz Deutschland. Zum Anderen treibt ein Nachbarschaftsstreit in Oftersheim die Zahlen in die Höhe - mit 134 Vorfällen zu Sachbeschädigung und Diebstahl.
Ebenfalls gesondert sollten laut Scheel die Straftaten bei der Tank- und Rastanlage Hardtwald betrachtet werden, die kriminalstatistisch Oftersheim zugeschlagen werden, aber eigentlich auf das subjektive Sicherheitsempfinden der Oftersheimer keine Auswirkungen haben. Bei den Delikten dort, meist im Drogenbereich, verzeichnete die Polizei ein Plus von fast 59 Prozent. Anstatt 38 Fälle im Jahr 2016 waren es im vergangenen Jahr 20 mehr.
Reduziert man nun die Zahl aller registrierten Straftaten um die Zahl der Fälle dieser drei sehr speziellen Felder, ergibt sich eine Gesamtfallzahl von 2887 Straftaten. Und damit würde die Polizeistatistik 2017 dem Landes- und Kreistrend folgen. Anstatt dem Plus von fast 13 Prozent könnte die Schwetzinger Polizei für 2017 einen Rückgang aller Straftaten um 105 Fälle oder ein Minus von 3,5 Prozent melden.
Weniger Straftaten
Es ging dem Polizeichef nicht um Schönfärberei. Aber zur realistischen Abbildung der Kriminalitätsentwicklung seien diese Erklärungen wichtig. Scheel stellte klar, dass sich trotz der gestiegenen Zahlen die Menschen im Zuständigkeitsbezirk des Polizeireviers Schwetzingen mit Ketsch, Oftersheim, Plankstadt und Schwetzingen selbst nach wie vor sehr sicher fühlen können.
Die Zahlen - einzeln betrachtet - scheinen ihm in weiten Teilen Recht zu geben. In zahlreichen Strafbereichen gingen die Fallzahlen nach unten. Diebstahlsdelikte gingen um zehn Prozent von 1220 Fällen auf 1098 Fälle, Wohnungseinbrüche um 20 Prozent von 94 auf 75 Fälle zurück. Die Zahl der Körperverletzungen sank von 352 auf 297 Fälle (minus 15,6 Prozent). Und bei der für das subjektive Sicherheitsempfinden so wichtigen Straßenkriminalität verzeichnete die Polizei ein Minus von fast zwölf Prozent - von 861 auf 761 Fälle.
Der Diebstahl von und aus Kraftfahrzeugen ging um 25 Prozent von 104 auf 78 Fälle zurück. Auch die Fahrraddiebstähle verringerten sich um 28 Prozent von 308 auf 222 Fälle. Beim Ladendiebstahl ging es um 18 Prozent von 163 auf 134 Fälle runter. Und auch bei der Gewaltkriminalität (Mord, Totschlag, Vergewaltigung, schwere Körperverletzung) gab es ein Minus von 15,5 Prozent von 84 auf 71 Fälle.
Mehr Enkeltricks
Um 152 Prozent ging es dagegen im Ermittlungsfeld Betrug steil nach oben. Vor allem die Bereiche "Internet" und "Enkeltrick" stechen heraus. 2016 waren es noch 311 Betrugsfälle, im vergangenen Jahr 784. Und auch bei der Sachbeschädigung ging es um knapp 20 Prozent von 413 auf 490 Fälle nach oben. Die beiden letztgenannten Zahlen sind so hoch, weil die Betrugsserie in Schwetzingen und der Nachbarschaftsstreit in Oftersheim mit hineinspielen.
Die Gesamtzahl der Tatverdächtigen ist von 1278 auf 1266 leicht gesunken. 238 von ihnen waren jünger als 21 Jahre und gelten somit als Jungtäter. Mit gerade einmal 18,8 Prozent eine relativ niedrige Quote und ein Beleg für das Funktionieren der Präventionsarbeit. Leicht gesunken ist auch der Anteil der Nichtdeutschen an den Tatverdächtigen.
Nach einem starken Anstieg 2016 gebe es für 2017 nun ein Minus von 3,4 Prozent. Trotzdem sei der Anteil der Nichtdeutschen an allen Verdächtigen mit fast 36 Prozent im Vergleich zum Anteil an der Gesamtbevölkerung weiterhin relativ hoch.
Der allgemeine Trend stimme auch im Bezirk Schwetzingen, so Scheel. "Was natürlich nicht heißt, dass der Ermittlungsdruck nachlässt. Im Gegenteil, die Polizei bleibt mit allem Nachdruck am Ball."



