"Wenn schon sparen, dann richtig"
Gemeindefusion im südlichen Odenwald startet mit hohen Erwartungen - Idee kam auch aus der Bevölkerung

Aus vier mach eins: Am 1. Januar schließen sich das Städtchen Beerfelden und drei Gemeinden zusammen. Foto: Heinl
Von Joachim Baier und Göran Gehlen
Beerfelden. Hessen wird um eine neue Stadt reicher. Nach vier Jahrzehnten klappt wieder einmal eine Fusion. Im Odenwald entsteht am 1. Januar die Stadt Oberzent. Sie hat rund 10.000 Einwohner und erstreckt sich über eine Fläche von rund 165 Quadratkilometern. Damit ist sie von ihrer Ausdehnung her nach Frankfurt und Wiesbaden die drittgrößte in Hessen.
Andere Zusammenschlüsse wie etwa die der beiden Gemeinden Steffenberg und Angelburg in Mittelhessen waren am Protest der Bürger gescheitert. Allerdings wollen sich in Hessen noch weitere Kommunen zusammentun, drei weitere sind in Planung. Das Ziel: Geld sparen und die Verwaltungen effektiver aufstellen.
Im Odenwald fusionieren aus diesen Gründen die Stadt Beerfelden sowie die Gemeinden Hesseneck, Rothenberg und Sensbachtal. "Ich bin überzeugt, dass sich der Mut der Oberzenter auszahlen wird", teilte Innenminister Peter Beuth (CDU) mit. "Die weitsichtige und zukunftsweisende Entscheidung zur Fusion wird sich schon bald in einer effektiveren Verwaltung und einer besseren finanziellen Ausstattung der Kommune bemerkbar machen."
Projektleiter der Fusion ist Christian Kehrer. Nach seinen Berechnungen werden pro Jahr rund 900.000 Euro gespart. Wäre es nicht zu diesem Schritt gekommen, hätten die Bürger mehr zahlen müssen. Ein Beispiel: Bisher gibt es noch vier Bürgermeister, die Stadt Oberzent hat dann nur noch einen. "Für Oberzent gibt es überwiegend Vorteile", sagt auch Karl-Christian Schelzke, Geschäftsführender Direktor des Hessischen Städte- und Gemeindebundes. "Unter anderem, weil sie auch im kommunalen Finanzausgleich besser gestellt ist."
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Außerdem habe der Name Oberzent "für diese Region eine historische Bedeutung. Es ist kein Kunstname." Gemeint war damit im Mittelalter ein Gerichtsbezirk. Als Oberzent wird auch die Region des südlichen Odenwaldes bezeichnet.
Wenn Bürgermeister überlegen, dass sich ihre Kommunen zu einer neuen zusammentun sollten, heißt es noch lange nicht, dass es am Ende auch klappt. "Der Erfolg hängt entscheidend von der Akzeptanz vor Ort ab", sagt Beuth. "Bürger, Gemeindegremien, Personal und Gewerkschaften sowie Vereine müssen daher in den Prozess frühzeitig mit eingebunden und mitgenommen werden." So schätzt es auch Schelzke ein: "Es gibt nichts Schwierigeres als eine Fusion. Das muss alles offen diskutiert werden. Es gibt Widerstand. Identitätsverlust wird befürchtet. Eine kleinere Kommune fühlt sich von der größeren beherrscht."
Oberzent-Projektleiter Kehrer erinnert sich beim Thema Fusion an das Scheitern der beiden benachbarten Odenwald-Städte Erbach und Michelstadt 2007. Beide hätten sich vor dem geplanten Zusammenschluss noch über die Ansiedlung eines Baumarktes gestritten. "So harmonisch lief das nicht ab." Das sei im künftigen Oberzent anderes gewesen. "Seit vielen, vielen Jahren" gebe es zwischen den vier Kommunen eine Zusammenarbeit, etwa für Finanz- und Kassengeschäfte, erzählt Kehrer. Die Buchhaltung sei schon zentralisiert, es gebe eine Telefonzentrale für alle.
Beerfelden, Hesseneck, Rothenberg und Sensbachtal hätten sich also schon aneinander gewöhnt. Die Idee zur Fusion sei schließlich auch aus der Bevölkerung selbst gekommen. "Wenn schon sparen, dann richtig", sei die Meinung gewesen.