Umweltkatastrophe Jagst: Gift-Konzentration sinkt wieder
Am Freitag wird die Schadstoff-Fahne am Neckar erwartet - Was sie dort anrichtet, lässt sich derzeit nicht sagen

In Jagsthausen wurde ein erhöhter Ammoniumgehalt von 1,12 Milligramm pro Liter gemessen. Die Maßnahmen zur Belüftung und zur Sauerstoffversorgung der Jagst wurden inzwischen wieder aufgenommen. Foto: dpa
Heilbronn. (end/lsw) Langsam fließt die Giftfahne die Jagst runter Richtung Neckar. Dort wird sie am Freitag erwartet. Wie schädlich sie dann ist, weiß noch niemand. Nach Angaben des Landratsamts im Kreis Heilbronn sinken die Schadstoffwerte aber weiter. Sie seien inzwischen nur noch ein Zehntel so hoch wie anfangs im Kreis Schwäbisch Hall. Dort waren Tausende Fische erstickt.
Die ersten Ausläufer der 23 Kilometer langen Schadstofffahne haben den Landkreis Heilbronn am Montag erreicht. In Jagsthausen wurde ein erhöhter Ammoniumgehalt von 1,12 Milligramm pro Liter gemessen. Die Maßnahmen zur Belüftung und zur Sauerstoffversorgung der Jagst wurden inzwischen wieder aufgenommen. Bisher ist nach RNZ-Informationen im Landkreis Heilbronn kein größeres Fischsterben zu beobachten. Die Giftfahne franse an den Rändern zusehends aus, hieß es weiter. Nach Berechnungen des Heidelberger Wasser- und Schifffahrtsamts werde sie "im Laufe der späteren Woche" bei Bad Friedrichshall den Neckar erreichen. Am Neckar werde vorsorglich an 18 Wehren Wasser angestaut. Trifft die Fahne ein, könne das Wasser abgelassen werden, um das Gift weiter zu verdünnen. Bis zu einem Drittel könne die Wassermenge erhöht werden.
Bei einem Mühlenbrand in Kirchberg an der Jagst war am Samstag vergangene Woche mit dem Löschwasser Ammoniumnitrat aus Düngemittel in das Gewässer gespült worden. Die genaue Ursache kann nach Angaben der Behörden erst in einiger Zeit geklärt werden. Seither versuchen Hunderte Helfer etwa von Technischem Hilfswerk und der Feuerwehr, die Giftbrühe nach und nach zu verdünnen. Sie bauen Barrieren, über die das Wasser sprudelt, oder wälzen Wasser um - alles mit dem Ziel, den Sauerstoffgehalt in der Jagst zu erhöhen, um den Schadstoffabbau zu beschleunigen.
Inzwischen wurden auch zwei Spendenkonten "Unsere Jagst" eingerichtet. Von der Idee, das am Neckar ankommende Wasser mit Schiffsschrauben zu verwirbeln, sei man inzwischen abgekommen, hieß es in Heidelberg. Man könne vieles spontan entscheiden, sei auf verschiedene Dinge eingerichtet. Während an der Jagst die ersten Biotope wieder geöffnet werden konnten, würden die ökologisch sensiblen Böttinger Baggerseen am Neckar unterhalb von Gundelsheim mit sogenannten Big Packs (Säcken) abgedichtet, um ein Einströmen des Jagst-Giftes zu verhindern. Die Baggerseen gelten als wichtiges Laichgebiet.
Von Bad Wimpfen bis Mannheim zum Rhein könnte die Giftfahne dann eine weitere Woche unterwegs sein, hieß es beim Wasser- und Schifffahrtsamt. Es sei aber davon auszugehen, dass sich das Gift immer weiter verteilt. Schon allein, weil der schiffbare Neckar wesentlich breiter ist als die Jagst.