Nach BASF-Unglück: Die Rückkehr zur Normalität fällt schwer
Eine Woche nach dem BASF-Unglück ist der Alltag noch lange nicht wieder eingekehrt - Die Feuerwehr wird ihre Schadstoffmessungen vorerst aufrechterhalten

Nach dem Unglück bei der BASF gestern vor einer Woche zog eine schwarze Rauchwolke über Ludwigshafen. Zwar ergaben die bisherigen Messungen keine erhöhten Schadstoffwerte; trotzdem sollen sie vorerst beibehalten werden. Foto: dpa
Von Peter Wiest
Ludwigshafen. Eine Woche nach der Katastrophe bei der BASF in Ludwigshafen ist die Normalität bei der Stadt und bei dem Chemieunternehmen noch lange nicht wieder eingekehrt. Die Rückkehr zum Alltag fällt naturgemäß schwer in Anbetracht der Folgen, die das verheerende Explosionsunglück von gestern vor einer Woche hatte. Zwar hat die BASF mittlerweile ihre Produktionsanlagen wieder weitgehend hochgefahren; dennoch führt die Feuerwehr bis auf weiteres auch diese Woche noch Messungen in der Stadt durch, um sicher zu gehen, dass in der Luft keine Schadstoffkonzentrationen bestehen.
"Ja, wir machen weiter Messungen", sagte denn auch gestern ein Feuerwehrsprecher - obwohl bisher glücklicherweise keine zu hohen Werte festgestellt werden konnten. So fahren die Messfahrzeuge noch immer durch die Stadt und entnehmen alle zwei Stunden eine Luftprobe.
Parallel dazu hat die Umweltschutzorganisation Greenpeace zwischenzeitlich eigene Proben genommen. Deren Laborergebnisse werden für den heutigen Dienstag erwartet.
Nach Angaben der Stadt Ludwigshafen hatten deren erste Messergebnisse der Schadstoffbelastung gezeigt, dass die Werte des krebserregenden Stoffes Benzol unterhalb der Akzeptanzwerte blieben. Bei der Stadt wird nach einer Mitteilung von gestern eine Koordinierungsstelle eingerichtet, in der sich regelmäßig alle Fachbehörden und die Feuerwehr treffen. Da es während der jetzt anstehenden Spülungen von Reststoffen in den Leitungen immer noch zu gasförmigen Produktaustritten kommen könne, würden die Messfahrten in einem Sechs-Stunden-Rhythmus fortgesetzt.
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"Diese Vorsichtsmaßnahme behalten wir bei, bis in Absprache mit allen beteiligten Behörden und BASF ein entsprechendes Nachsorgekonzept auch mit Blick auf Reparaturarbeiten erstellt ist. Wir setzen damit unser Konzept aus der Einsatzphase fort und treffen eine umfassende Vorsorge für die Menschen in der Stadt", erläuterten Oberbürgermeisterin Eva Lohse, Feuerwehrdezernent Dieter Feid und Umweltdezernent Klaus Dillinger. Sobald ein abgestimmtes Reparaturkonzept vorliege, würden Messfahrten nur noch dann durchgeführt, wenn an den Rohrleitungen gearbeitet werde. Darüber hinaus würden weiter Untersuchungen des Bodens, des Grundwassers und des Wassers im Hafenbecken in Abstimmung mit den Fachbehörden des Landes durchgeführt
Die Polizei sucht unterdessen intensiv nach der Unfallursache. Es sei "eine große Zahl von Beamten" bei den Ermittlungen rund um die Uhr im Einsatz, teilte das Polizeipräsidium Rheinpfalz mit. Zudem forschten Gutachter des Landeskriminalamtes und externe Sachverständige nach der Unglücksursache. Die Untersuchungen im Landeshafen Nord, wo sich gestern vor einer Woche die Explosion ereignete, konnten wegen der gefährlichen Situation dort erst am vergangenen Donnerstag beginnen; vorher war das Areal nicht zugänglich gewesen.
Das Wiederanfahren der nach der Explosion teilweise oder komplett heruntergefahrenen insgesamt 24 Anlagen im Werk, darunter auch die beiden Steamcracker, ist bisher nach Angaben der BASF problemlos vonstatten gegangen. Es werde noch einige Tage dauern, bis alle Anlagen wieder normal liefen, hieß es.
Bei dem Brand und der Explosion waren zwei BASF-Werksfeuerwehrleute sowie ein Matrose eines Tankschiffes ums Leben gekommen. 30 Menschen wurden verletzt, acht davon schwer.
Die nach dem Unglück laut gewordene Kritik am Krisenmanagement der Unternehmensspitze hält derweil weiter an. Der Vorstandsvorsitzende Kurt Bock hat sich nach wie vor nicht öffentlich zu dem Unglück geäußert. Nachdem er zunächst bei Pressekonferenzen durch seine Vorstandskollegin Margret Suckale und den Werksleiter Uwe Liebelt vertreten worden war, wandte er sich per Videobotschaft an die Mitarbeiter des Unternehmens - was ihm weitere Vorwürfe einhandelte, weil er dies nicht direkt und persönlich getan habe. Jetzt will Bock am kommenden Donnerstag im Rahmen der Herbst-Pressekonferenz des Unternehmens aktuelle Informationen zum Unglück geben.
Deutlich gelitten hat durch das Unglück und auch durch eine ganze Reihe von anderen Störfällen bei der BASF in den Wochen und Monaten davor das Verhältnis zwischen der Stadt Ludwigshafen und dem Unternehmen. "Der Vertrauensvorschuss, den die BASF bei der Stadt hatte, ist in Teilen erschüttert", drückte es der Ludwigshafener Sicherheitsdezernent Dieter Feid aus.
Die Stadt Ludwigshafen plant für Montag, 7. November, in Übereinstimmung mit den Fraktionen, eine Sondersitzung des Stadtrates, der sich mit den Ereignissen bei BASF beschäftigen soll.