BASF-Chef zur Explosion: "Die Wunden werden nur langsam verheilen"

BASF-Chef Kurt Bock wandte sich per Videobotschaft an Mitarbeiter - Ursachenforschung nach Explosion kommt etwas voran - Bislang keine Probleme beim Wiederanfahren der Anlagen

23.10.2016 UPDATE: 24.10.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 21 Sekunden

Kurt Bock. F: dpa

Von Alexander Albrecht

Ludwigshafen. "Der Vertrauensvorschuss, den die BASF bei der Stadt hatte, ist in Teilen erschüttert": Mit deutlichen Worten hat der Ludwigshafener Sicherheitsdezernent Dieter Feid den Chemieriesen nach der Explosion vom Montag mit drei Toten in die Mangel genommen und von dem Unternehmen gefordert, mögliche Schwachstellen zu beseitigen.

Zunehmend und auch firmenintern gibt es Kritik am Krisenmanagement des Vorstandsvorsitzenden Kurt Bock. Statt ihm vertraten bei Pressekonferenzen seine Vorstandskollegin Margret Suckale und Werksleiter Uwe Liebelt die BASF. Der Konzernchef ließ sich weder öffentlich noch bei der trauernden Belegschaft blicken. Nach dem Unglück war er im Lenkungskreis Gefahrenabwehr, ein Gremium, das bei der BASF nach Unfällen zusammentritt. Inzwischen soll er sein Vorgehen bereuen, wie die RNZ aus Firmenkreisen erfuhr.

Am Freitag zeigte sich Bock nun den Mitarbeitern - per Videobotschaft. Er drückte darin sein Mitgefühl mit den Hinterbliebenen aus. "Ich bin sicher, diese Woche beschäftigen uns alle dieselben Gedanken und Fragen: die Trauer um die Verstorbenen, das Mitgefühl für die Familien und Angehörigen und der Wunsch, dass die Verletzten so schnell wie möglich wieder gesund werden", sagte der Vorstandsvorsitzende, dessen Redetext die BASF in Auszügen veröffentlichte.

Bock versicherte, das Unternehmen arbeite mit aller Kraft an der Behebung der Schäden, um den Betrieb so schnell wie möglich wieder zu normalisieren. "Doch die Trauer um die Verstorbenen wird anhalten, und die Wunden werden nur langsam heilen." Im Namen des Vorstandes dankte er den Einsatzkräften, die selbstlos versucht hätten, den Schaden so gering wie möglich zu halten - und dem Krisenteam, das daran arbeite, die Lage weiter zu stabilisieren.

Auch interessant
: Nach BASF-Explosion: Bisher keine gefährliche Schadstoffkonzentration
: Stadt: Messwerte nach BASF-Unfall ungefährlich
: Explosion bei BASF: Ludwigshafen fordert lückenlose Aufklärung
: Feuerwehr betont: Bevölkerung war nach BASF-Unglück nicht in Gefahr

Auch die Kommunen Mannheim und Ludwigshafen hätten außerordentliche Hilfe geleistet. "Unsere Nachbarn und die Medien haben Fragen, Sorgen und Befürchtungen", sagte Bock. "Sie wollen wissen: Was ist bei der BASF eigentlich los? Sie vertrauen uns, dass wir das Richtige tun. Das müssen wir jeden Tag neu beweisen, um so Vertrauen zu festigen und wiederzugewinnen." Am kommenden Donnerstag will sich Bock bei einer Quartalskonferenz detailliert zu dem Unglück äußern.

Indes geht die Suche nach den Ursachen für die Explosion weiter. Vor dem Unglück hatten Arbeiter einer Fremdfirma im Industriehafen Nord in einem Rohrleitungsgraben eine Leitung durchtrennt, um ein Teilstück zu ersetzen. Der Leitende Oberstaatsanwalt Hubert Ströber sagte der "Rheinpfalz", ein für die Sicherheit zuständiges Teammitglied habe zu Protokoll gegeben, dass die Leitung, an der geflext wurde, leer gewesen sei.

Das habe zum einen die BASF bestätigt, zum anderen hätten sich die Arbeiter selbst versichert, dass keine Produkte aus dem Rohr traten. Plötzlich, so der Zeuge, sei es zu einem Brand und dann zur Explosion gekommen. Wie das geschehen konnte, obwohl die Leitung doch leer war, darüber wollte Ströber nicht spekulieren. Wie viele Rohre zerstört wurden, ist unklar. In 20 Leitungen des Grabens sind hoch entzündliche Stoffe wie Propylen oder Ethylen enthalten.

Zwei BASF-Werksfeuerwehrleute, einer von ihnen der Einsatzleiter, und ein Matrose waren bei dem Unglück ums Leben gekommen. Unter den acht Schwerverletzten sind sechs weitere Werksfeuerwehrleute sowie zwei Mitarbeiter der Fremdfirma. Die BASF fährt derweil wichtige Anlagen ihrer Produktion wieder an - das läuft nach Angaben des Chemiekonzerns derzeit ohne Probleme. "Sowohl die beiden Steamcracker sind im Anlaufprozess als auch andere Anlagen sukzessive", sagte eine BASF-Sprecherin gestern. "Es ist sehr komplex, dementsprechend dauert es einige Tage."

Mit den sogenannten Steamcrackern, die als Herzstück des Werks gelten, wird mit Hilfe von Dampf (englisch: steam) Rohbenzin aufgespalten (to crack). Beim Anfahren könnten mitunter Fackeln zu sehen sein. Nach dem Unglück waren 24 Anlagen komplett oder teilweise heruntergefahren worden. Erste Messergebnisse der Schadstoffbelastung lagen bereits am Freitag vor (die RNZ berichtete). Der höchste Wert des krebserregenden Stoffes Benzol, der außerhalb der Unglücksstelle auffiel, lag der Stadt zufolge unterhalb des Akzeptanzwertes für Arbeitsplätze.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.