Mannheim

Stadt gibt am meisten für Schulbau, Klimaschutz und Infrastruktur aus

Der Gemeinderat verabschiedete nach Marathon-Sitzung den Haushalt für 2024. Drei Fraktionen stimmen jedoch dagegen.

15.12.2023 UPDATE: 15.12.2023 06:00 Uhr 3 Minuten, 48 Sekunden
Zur Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Nahverkehrs gehören auch moderne Haltestellen. Daher soll der Bereich des Paradeplatzes in der verlängerten Breiten Straße modernisiert werden. Foto: Gerold

Von Olivia Kaiser

Mannheim. Klimaschutz, Schulbau und städtische Infrastruktur – das sind die drei Posten, für die im Mannheimer Haushalt 2024 die größten Summen reserviert sind. Nach über 14 Stunden teils zähem Ringen und hitzigen Debatten haben die Stadträtinnen und Stadträte am späten Dienstagabend das Zahlenwerk verabschiedet. Dabei berieten sie auch über 272 Änderungsanträge.

SPD, Grüne und die Fraktionsgemeinschaft Li.Par.Tie (Die Linke, Die Partei, Tierschutzpartei) setzten zahlreiche Zuschüsse, beispielsweise für kulturelle Einrichtungen, durch. Am Ende waren es zwei Millionen Euro mehr – was bei einem Gesamtvolumen von knapp 1,9 Milliarden Euro "den Bock auch nicht fett macht", wie es umgangssprachlich heißt.

Doch für die Mannheimer Liste, die Fraktionsgemeinschaft FDP/Mittelstand für Mannheim und die AfD ein Grund, dem Haushalt nicht zuzustimmen. Pikant bei den beiden ersten Fraktionen: Sie unterstützen Oberbürgermeister Christian Specht im Wahlkampf. Allerdings hätte dieser auch auf so manches Geldgeschenk der grün-rot-roten Mehrheit des Gemeinderats gern verzichtet. Grüne, SPD, CDU und die Li.Par.Tie stimmten für den Haushalt. Ein Überblick über geplante Projekte und Investitionen:

Hintergrund

> Der Haushalt 2024 hat ein Gesamtvolumen von 1,87 Milliarden Euro und kommt ohne Neuverschuldung im Kernhaushalt aus. Es sind keine Erhöhungen bei der Gewerbe- oder Grundsteuer vorgesehen. Ein Drittel der für 2024 eingeplanten Investitionssumme in Höhe von 200 Millionen

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> Der Haushalt 2024 hat ein Gesamtvolumen von 1,87 Milliarden Euro und kommt ohne Neuverschuldung im Kernhaushalt aus. Es sind keine Erhöhungen bei der Gewerbe- oder Grundsteuer vorgesehen. Ein Drittel der für 2024 eingeplanten Investitionssumme in Höhe von 200 Millionen Euro geht in den Neubau oder die Sanierung von Schulgebäuden. Für Projekte zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur wie Straßen- und Brückenbau sind 50 Millionen, für den Klimaschutz circa 20 Millionen Euro reserviert. Der Finanzplanungszeitraum der nächsten vier Jahre sieht Investitionen in einer Gesamthöhe von knapp 710 Millionen Euro vor. Der Haushalt wird jetzt dem Regierungspräsidium Karlsruhe zur Genehmigung vorgelegt.

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> Öffentlicher Nahverkehr: Die Stadtbahnlinie 16 ins Franklin-Quartier geht am kommenden Samstag in Betrieb, und der Shuttle-Service fips kann künftig an Wochenenden auch nachts gebucht werden. Des Weiteren stehen Mittel für den barrierefreien Umbau von Haltestellen bereit, beispielsweise am Paradeplatz, dem Rheinauer Karlsplatz sowie dem Platz der Freundschaft im Stadtteil Franklin. Die Planungen für die neue Stadtbahnstrecke durch das Glücksteinquartier und den Kapazitätsausbau des ehemaligen OEG-Bahnhofs Käfertal werden fortgeführt.

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> Klimafonds: Der städtische Topf zur Umsetzung von Maßnahmen aus dem Klimaschutzaktionsplan auf dem Weg zur Klimaneutralität 2030 wurde auf zehn Millionen Euro jährlich bis 2030 erhöht.

> Gebäudesanierung: Über die nächsten vier Jahre werden rund 5,2 Millionen Euro mehr für die Gebäudeunterhaltung zur Verfügung gestellt. Zwei Millionen Euro sind für die energetische Sanierung städtischer Gebäude vorgesehen. Die zur Verfügung stehenden zwei Millionen Euro aus dem Mannheimer Bodenfonds sind bereits für konkrete Ankäufe verplant. Gesichert ist zudem die Sanierung der Multihalle mit den 2024 erforderlichen Mitteln von rund 8 Millionen Euro.

> Städtebau: Für die Sanierung Schönau-Nordwest (Gesamtkosten von rund 51 Millionen Euro, davon drei Millionen im Jahr 2024) sowie für weitere Maßnahmen wie die äußere Erschließung der Quartiere Franklin und Spinelli wurden für 2024 Städtebauförderungsmittel von rund 12,2 Millionen Euro beschlossen.

> Freie Kulturszene: 29 Vereine, Initiativen sowie Künstlerinnen und Künstler erhalten eine institutionelle Förderung, die insgesamt um circa 700.000 Euro auf rund 3,3 Millionen Euro erhöht wird. Zudem wurden punktuell weitere Förderungen beschlossen: So erhalten der Jazzclub Ella & Louis und die Mannheimer Philharmoniker eine einmalige Projektförderung von je 100.000 Euro.

> Soziale Einrichtungen: Die Bahnhofsmission und das Fraueninformationszentrum erhalten für 2024 und 2025 eine Zuschusserhöhung von je 60.000 beziehungsweise 25.000 Euro. Eine Erhöhung der Förderung für die Schuldnerberatung um 70.000 Euro (bislang 695.000 Euro) 2024 und 2025 wird mit einem Sperrvermerk im Haushalt aufgenommen. Zunächst sollen der genaue Bedarf und die Trägerlandschaft geprüft werden.

> Erste Hilfe: Für die Einführung einer neuen Ersthelfer-App, die im Notfall geschulte Ersthelfer in der Nähe alarmiert, gibt es 70.000 Euro.

> Ganztagsschulen: In den kommenden Jahren sollen insgesamt 183 Millionen Euro in den Ausbau der Ganztagsschulen fließen. 2024 sind rund die Hälfte aller für den Schulbau eingesetzten Mittel dafür eingeplant.

> Pädagogischer Fachkräftemangel: Da der Bedarf an qualifizierten pädagogischen Fachkräften nicht alleine durch die Intensivierung der Ausbildung und die verstärkte Suche nach qualifizierten Mitarbeitern gedeckt werden kann, soll auch im Ausland gesucht werden. Dafür werden jeweils 200.000 Euro für die Jahre 2024 und 2025 zur Verfügung gestellt.

> Sport und Bäder: Rund 57 Millionen Euro – darunter acht Millionen im kommenden Jahr – sind für das Kombibad Herzogenried vorgesehen. Für die Neukonzeptionierung des Herschelbads werden die Planungsmittel von 500.000 auf 2,36 Millionen Euro aufgestockt. Planungskosten von 300.000 Euro werden für ein neues Campingplatz-Gebäude am Strandbad bereitgestellt. Das Budget für die Sportförderung wird um 500.000 Euro auf knapp 4,3 Millionen Euro erhöht.

> Mehr Sauberkeit: Mit zusätzlichen Finanzmitteln soll der Eigenbetrieb Stadtraumservice die Sauberkeit in den Stadtteilen steigern. Eine zusätzliche Asphaltkolonne und 600.000 Euro sollen schnell und flexibel die Beschaffenheit von Mannheims Straßen verbessern.

> Tierschutz: Der Einsatz von Drohnen zur Rettung von Rehkitzen während der Erntezeit wird mit 25.000 Euro unterstützt. 65.000 Euro gibt es für die Errichtung weiterer Taubenschläge.



Oberbürgermeister und Kämmerer zum Haushalt

Als Kämmerer hat Christian Specht den Mannheimer Haushaltsentwurf zwar schon oft vorgestellt. Doch diesmal hat er zum ersten Mal als Oberbürgermeister die Sitzung zur Etatberatung geleitet, die mehr als 14 Stunden dauerte. Sein Nachfolger Volker Proffen kommt aus der freien Wirtschaft. Daher war der Prozess, an dessen Ende die Verabschiedung des Haushalts 2024 stand, für ihn ein Novum. Am Ende waren beide erleichtert: "Die breite Zustimmung des Gemeinderats für den Haushalt 2024 ist ein klarer Auftrag an die Stadtverwaltung, die beschlossenen Vorhaben mit Hochdruck voranzutreiben", befand Specht.

"Der Haushalt verstetigt zahlreiche bereits in der Vergangenheit beschlossene Projekte mit ausreichenden Mitteln, um sie trotz der hohen Kostensteigerungen umsetzen zu können. Gleichzeitig setzt er deutliche Prioritäten beim Klimaschutz, dem Ausbau von Kindertagesstätten, der Sanierung städtischer Infrastruktur wie Straßen und Brücken sowie der Unterstützung von Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und Ehrenamt."

Proffen führte aus, warum man sich in Mannheim dazu entschieden hat, erneut einen Einjahreshaushalt aufzustellen: "Auch im kommenden Haushaltsjahr begleiten uns etliche Krisen und Risiken, die für unsere Planungen große Unsicherheiten und Belastungen bedeuten. Dennoch haben wir in den letzten beiden Jahren gezeigt, dass unser Einjahreshaushalt stabil ist und gegen Unsicherheiten bestehen kann. Das ist auch unser Ansporn für das kommende Jahr. Mit weitsichtigen Investitionen wollen wir nachhaltig finanziell handeln, auch wenn uns dabei bewusst ist, dass dies kein einfaches Unterfangen ist."

Wann man wieder zu einem Doppelhaushalt zurückkehren könne, müssten die nächsten Monate zeigen, wenn das Risiko besser einschätzbar sei. "Ich möchte mich trotz und gerade wegen der schwierigen Umstände bei allen Fraktionen bedanken. Mit dem nun beschlossenen Haushalt schaffen wir es, neuen Herausforderungen entgegenzutreten", so der Kämmerer.

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