Mannheim bekommt ersten Tiny Forest
Mehr Grün in der Stadt, Aufforstung statt Flächenversiegelung - eine Pflanzmethode aus Japan ist Vorbild.

Von Julia Giertz und Alexander Albrecht
Mannheim. In Mannheim soll ein "Tiny Forest" (Mikrowald) entstehen. "Wir wollen mit kleinen grünen Lungen das kommunale Klima verbessern", sagte Ulrich Holl, Vorsitzender der Bürger-Interessen-Gemeinschaft (BIG) Lindenhof. Nach zwei Jahren Vorarbeit habe die Stadt eine Brachfläche für einen Mini-Wald bereitgestellt. 2021 war in Darmstadt ein solches Projekt realisiert worden. Auch in Berlin, Hamburg und anderen Städten gibt es inzwischen diese 100 bis 2000 Quadratmeter großen Oasen.
In Mannheim werden auf einer 300 Quadratmeter großen Fläche einheimische Bäume und Sträucher dicht aneinander gepflanzt. Drei Setzlinge kommen auf einen Quadratmeter Boden. Die Mikrowälder bieten Vögeln und Insekten ein neues Habitat und tragen zur Kohlendioxidbindung sowie zur lokalen Kühlung bei.
Der Standort im Lindenhof gehöre wegen vieler hoher Mietshäuser ohne Frischluft zu den heißesten der Stadt, erläuterte Holl. Die Bürgerinitiative hofft, dass das Beispiel in anderen Stadtteilen und darüber hinaus Schule macht. Finanziert wird das Projekt von der BIG, die Spenden von Firmen und Privatpersonen dafür einwirbt. Die Kosten werden mit circa 30 000 Euro veranschlagt.
Bekannt geworden ist die Initiative durch ihren Kampf gegen die vom Regierungspräsidium geplante Art und Weise der Rheindammsanierung, der Tausende Bäume zum Opfer fallen könnte. Das Konzept "Tiny Forest" stammt von dem japanischen Biologen Akira Miyawaki, der kleine verdichtete Stadtwälder als erster anpflanzte. Ambivalent sieht der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg (LNV) diese Art von Aufforstung. Dichter Baumbestand verhindere das Begehen, bemängelte LNV-Chef Gerhard Bronner.
Zudem würde in der Wachstumsphase ein großer Teil der Bäume aus Konkurrenzgründen eingehen. Deshalb müsse man im Einzelfall prüfen, ob "Tiny Forests" die beste Lösung seien oder nicht eher ein klassischer kleiner Park oder andere lockere Bepflanzungen mit Gehölzen. Generell könne eine Bepflanzung in urbanen Gebieten sehr sinnvoll sein.
Die Stadt hat nach eigenen Angaben verschiedene Standorte geprüft. Kriterien waren ausreichende Fläche, Besitzverhältnisse, Nutzung durch Anwohner, Wasseranschluss und bisherige Bepflanzung. Im Frühjahr 2024 sollen die Analysen von Pflanzenbestand, Bodenqualität und bei Bedarf die Erdaufbereitung für das Aufforsten beginnen.
In eine ähnliche Richtung geht das "Klimawäldchen" in Heilbronn. Aufgrund seiner geringen Größe von 800 Quadratmetern – das sind immerhin zweieinhalb Mal so viel wie in Mannheim – und dank der einfachen Gestaltung sei es dringend zur Nachahmung empfohlen, lobte die Jury des Baden-Württembergischen Landschaftsarchitektur-Preises das Projekt (die RNZ berichtete). Die BIG in Mannheim hatte erstmals 2021 einen "Tiny Forest" im Lindenhof ins Spiel gebracht. Nachdem sich die Suche nach einem geeigneten Standort schwierig gestaltete, ging man davon aus, dass das Projekt im Sande verlaufe.
Anfänglich hatte sich die Stadt tatsächlich noch skeptisch gezeigt, weil Freifläche verloren ginge. Nun also doch noch ein Happy End für den kleinen Wald. Der habe auch einen pädagogischen Wert. "Man kann dort wie in einem Klassenzimmer im Freien Tiere und Pflanzen beobachten", sagte BIG-Vorsitzender Ulrich Holl.
Update: Dienstag, 12. Dezember 2023, 19.47 Uhr