Mannheimer Bundesgartenschau droht das Aus - Aubuckel-Straße bleibt
Mannheimer Gemeinderat sprach sich gegen eine Verlegung an den Riedbahndamm aus - Das hat Auswirkungen auf die weitere Buga-Planung

Über die Straße "Am Aubuckel" rollen täglich rund 20 000 Fahrzeuge. Foto: Alfred Gerold
Von Julie Dutkowski und Alexander Albrecht
Mannheim. Der Bundesgartenschau 2023 in Mannheim droht das Aus. Der Gemeinderat hat am späten Mittwochabend nach einer mehr als dreistündigen Diskussion mit knapper Mehrheit - 25 zu 21 Stimmen - entschieden, dass die Straße "Am Aubuckel" dort bleiben soll, wo sie ist. Damit folgte das Kommunalparlament dem Votum des Hauptausschusses vor einer Woche. Die Straße durchschneidet das geplante Buga-Gelände zwischen Feudenheimer Au und der ehemaligen US-Kaserne Spinelli. Rund 20 000 Fahrzeuge rollen täglich über sie.
Die Fraktionen von SPD und Linke stimmten geschlossen für die von der Stadtspitze vorgeschlagene Verlegung der Straße an den Riedbahndamm, die Vertreter von Grünen, Mannheimer Liste, FDP und Alfa dagegen. Zünglein an der Waage war die CDU, die in dieser Frage gespalten ist. Fünf Christdemokraten waren für eine Straßenverlegung, sieben stimmten gegen sie.
Hintergrund
25. Oktober 2011: Oberbürgermeister Peter Kurz bringt in seiner Haushaltsrede erstmals die Idee einer Bundesgartenschau im Jahr 2023 ins Spiel.
25. Oktober 2012: Die Machbarkeitsstudie zur Buga wird vorgestellt. Sie soll zu zwei
25. Oktober 2011: Oberbürgermeister Peter Kurz bringt in seiner Haushaltsrede erstmals die Idee einer Bundesgartenschau im Jahr 2023 ins Spiel.
25. Oktober 2012: Die Machbarkeitsstudie zur Buga wird vorgestellt. Sie soll zu zwei Dritteln auf dem ehemaligen US-Militärgelände Spinelli und zu einem Drittel in der Feudenheimer Au spielen.
27. November: Der Gemeinderat spricht sich gegen die Stimmen der CDU für den geplanten Standort der Buga auf Spinelli und in der Au aus.
19. Februar 2013: Der Gemeinderat stimmt mit deutlicher Mehrheit dafür, dass sich die Stadt Mannheim um die Buga 2023 bewirbt. Darunter sind auch fast alle CDU-Stadträte.
18. Juni: Der Gemeinderat macht den Weg für einen Bürgerentscheid frei.
22. September: Hauchdünn, mit 50,7 Prozent der Stimmen, sagen die Mannheimer beim Bürgerentscheid Ja zur Buga.
1. April 2014: Der Gemeinderat verabschiedet in nichtöffentlicher Sitzung den Durchführungsvertrag zur Buga.
11. April: Oberbürgermeister Peter Kurz und Bundesgartenschau-Chef Jochen Sandner unterzeichnen den Buga-Vertrag.
25. November: Statt über die Rolle der Straße "Am Aubuckel" abzustimmen, vertagt der Gemeinderat die Entscheidung und gibt auf Betreiben des Oberbürgermeisters ein Verkehrsgutachten in Auftrag.
2. Dezember: Die CDU startet eine Mitgliederbefragung zur Buga. Ergebnis: Eine Mehrheit lehnt den Standort Feudenheimer Au ab.
Juni 2015: Im Wahlkampf sprechen sich die Herausforderer von Peter Kurz, Peter Rosenberger und Christopher Probst, für einen zweiten Bürgerentscheid aus.
30. September: Das Büro RMP Lenzen wird als Wettbewerbssieger des Grünzugs präsentiert.
20. Oktober: Im Hauptausschuss wird der Bebauungsplan für die Spinelli-Kaserne aufgestellt.
17. November: Nach fast dreistündiger Diskussion im Hauptausschuss erhält die Verlegung der Aubuckelstraße keine Mehrheit. Auch die CDU stimmt dagegen.
24. November: Der Gemeinderat stimmt gegen die Straßenverlegung. alb/dut
Trotz der ablehnenden Haltung sprach sich eine Mehrheit der Räte dafür aus, am Grünzug Nordost festzuhalten, der im Zuge der Buga entstehen und die Stadt mit Frischluft versorgen soll. Wie die Bundesgartenschau aussehen soll und ob sie überhaupt stattfinden wird, ist jetzt aber völlig offen. "Ich kann überhaupt keine gestaltende, sondern nur eine ablehnende Mehrheit erkennen", lautete Kurz’ frustriertes Fazit. "Ohne Au hat das mit einem Grünzug nichts mehr zu tun", sagte er enttäuscht.
Das Planungsbüro RMP Lenzen hatte den Auftrag, den Grünzug ohne Straße zu planen. Nun muss die Straße in die Pläne einbezogen werden. Die Stadt hatte sich um die Buga beworben mit der Kernaussage, dass "die Landschaftskante und der Aubuckel als ,Botschaft’ im Mittelpunkt" stehen. Das ist genau die Stelle, an der die Straße entlangführt. Die Frage ist, ob es möglich ist, nur auf Spinelli eine attraktive Bundesgartenschau zu veranstalten.
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Mit Plakaten, Schildern und auf T-Shirts bezogen Kleingärtner und die Bürgerinitiative (BI) "Konversion statt Buga" gegen das Großprojekt Position. Voll besetzt waren die Zuschauerränge im Ratssaal. Stundenlang harrten die Bürger bis zur Entscheidung aus. Christine Schaefer von der BI nannte die Buga eine "Farce". "Wir sind für einen Grünzug, auch für die Konversion", sagte sie. Aber die Au solle unangetastet bleiben.
Mehr als eine halbe Stunde warb Oberbürgermeister Peter Kurz letztlich vergebens für die Buga-Pläne. Er mahnte die Räte, sich über Eckpunkte zu verständigen, anstatt sich im "Klein-Klein" zu verlieren. "Wenn alles wieder aufs Neue zur Disposition steht, wird das schwierig", so Kurz. Schwierig vor allem mit Blick auf diejenigen, die sich mit "Herzblut" der Sache verschrieben hätten. Kurz dementierte noch einmal, dass das Projekt "unökologisch" sei. "Da sagen alle Gutachten etwas anderes." Die Stadt will bislang 105 Millionen Euro für die Buga in die Hand nehmen, im Gegenzug erwartet sie 40 Millionen Euro an Zuschüssen.
CDU-Fraktionschef Carsten Südmersen erneuerte seine Aussage, dass er sich Vorwürfe mache, einen Kompromiss eingegangen zu sein, als er damals für die Einbeziehung der Feudenheimer Au gestimmt hatte. "Damit haben wir die Bürger verloren." SPD-Sprecher Ralf Eisenhauer sieht eine Buga nur auf Spinelli skeptisch. Immerhin befinde sich die ehemalige Kaserne noch im Besitz des Bundes. Mehrere Tausend Flüchtlinge sind derzeit dort untergebracht.
FDP-Fraktionschef Volker Beisel plädierte wie Südmersen für einen Verbleib der Straße, vor allem mit Blick auf die Kosten einer Verlegung von 16 Millionen Euro. "Ich will dieses Geld nicht dafür ausgeben", sagte er. Die Mannheimer Liste (ML) war von Anfang an gegen eine Buga in der Au. Ihr Vorsitzender Christopher Probst sprach von einer "Groteske". Man mute den Kleingärten, die entlang der Riedbahnparallele verlaufen, mit einer neuen Straße mehr Verkehr und Lärm zu. Zusammen mit der geplanten Verlegung von insgesamt 30 Parzellen würde dieses Gebiet "unzumutbar tangiert".
Für Kurz ist eine Buga nur auf Spinelli, womöglich mit stärkerer Einbeziehung des Luisenparks und einer sanfteren Umgestaltung der Au, eine mögliche Alternative. Abgesagt werden kann die Bundesgartenschau nicht sofort. Die Stadt Mannheim hat mit der Buga-Gesellschaft einen Vertrag abgeschlossen; diesen kann sie zwar kündigen, müsste dann aber eine Vertragsstrafe in Höhe von zwei Millionen Euro zahlen. Zudem müsste die Stadt die bindende Wirkung des Bürgerentscheids abwarten. Ein Ausstieg aus der Buga wäre demnach erst Ende 2016 möglich.