Die Buga erreicht die Herzen nicht: Warum es das Großprojekt so schwer hat
Hohe Kosten, umstrittene Pläne, die Zukunft einer Straße und politische Ränkespiele

Foto: Alfred Gerold
Von Alexander Albrecht
Mannheim. "Mannheim verbindet" - unter diesem schönen Motto steht die Bundesgartenschau 2023. Wenn sie denn überhaupt kommt. Seit Jahren tun Anwohner, Protestbürger, Verbände und Parteien ziemlich viel dafür, das ökologische Jahrhundertprojekt zu zerreden, das Trennende statt das Verbindende zu betonen. Oberbürgermeister Peter Kurz wirkt wie ein Getriebener, der sich den politischen Stimmungen anpassen muss. Er verteidigt ein Projekt, das die Herzen vieler Mannheimer nie erreicht hat. Und das nun auf der Kippe steht.
Hintergrund
25. Oktober 2011: Oberbürgermeister Peter Kurz bringt in seiner Haushaltsrede erstmals die Idee einer Bundesgartenschau im Jahr 2023 ins Spiel.
25. Oktober 2012: Die Machbarkeitsstudie zur Buga wird vorgestellt. Sie soll zu zwei
25. Oktober 2011: Oberbürgermeister Peter Kurz bringt in seiner Haushaltsrede erstmals die Idee einer Bundesgartenschau im Jahr 2023 ins Spiel.
25. Oktober 2012: Die Machbarkeitsstudie zur Buga wird vorgestellt. Sie soll zu zwei Dritteln auf dem ehemaligen US-Militärgelände Spinelli und zu einem Drittel in der Feudenheimer Au spielen.
27. November: Der Gemeinderat spricht sich gegen die Stimmen der CDU für den geplanten Standort der Buga auf Spinelli und in der Au aus.
19. Februar 2013: Der Gemeinderat stimmt mit deutlicher Mehrheit dafür, dass sich die Stadt Mannheim um die Buga 2023 bewirbt. Darunter sind auch fast alle CDU-Stadträte.
18. Juni: Der Gemeinderat macht den Weg für einen Bürgerentscheid frei.
22. September: Hauchdünn, mit 50,7 Prozent der Stimmen, sagen die Mannheimer beim Bürgerentscheid Ja zur Buga.
1. April 2014: Der Gemeinderat verabschiedet in nichtöffentlicher Sitzung den Durchführungsvertrag zur Buga.
11. April: Oberbürgermeister Peter Kurz und Bundesgartenschau-Chef Jochen Sandner unterzeichnen den Buga-Vertrag.
25. November: Statt über die Rolle der Straße "Am Aubuckel" abzustimmen, vertagt der Gemeinderat die Entscheidung und gibt auf Betreiben des Oberbürgermeisters ein Verkehrsgutachten in Auftrag.
2. Dezember: Die CDU startet eine Mitgliederbefragung zur Buga. Ergebnis: Eine Mehrheit lehnt den Standort Feudenheimer Au ab.
Juni 2015: Im Wahlkampf sprechen sich die Herausforderer von Peter Kurz, Peter Rosenberger und Christopher Probst, für einen zweiten Bürgerentscheid aus.
30. September: Das Büro RMP Lenzen wird als Wettbewerbssieger des Grünzugs präsentiert.
20. Oktober: Im Hauptausschuss wird der Bebauungsplan für die Spinelli-Kaserne aufgestellt.
17. November: Nach fast dreistündiger Diskussion im Hauptausschuss erhält die Verlegung der Aubuckelstraße keine Mehrheit. Auch die CDU stimmt dagegen.
24. November: Der Gemeinderat stimmt gegen die Straßenverlegung. alb/dut
Dabei war die Buga durchaus hoffnungsvoll gestartet. Sie sollte viel mehr sein als eine Blümchenschau, sondern Werkzeug und Motor der Stadtentwicklung. Und Zuschüsse sichern. Die Grundidee ist, vier große Kasernenflächen zu einem durchgehenden Grünzug zu vereinen, der Mannheim mit frischer Luft versorgt. Wohnungen, Naherholungsflächen, ein Gewässer und ein Sportpark, neue Räume zum Gärtnern und Fahrrad fahren - all das sollte dort entstehen.
Ein Teil dieses großen Grünzuges bildet den Austragungsort für die Bundesgartenschau. Sie soll zu zwei Dritteln auf dem Gelände der ehemaligen US-Kaserne Spinelli spielen. Darüber gibt es in Mannheim keinen Streit. Im Gegenteil: Dass Spinelli wie die anderen Konversionsflächen in ein attraktives Areal umgewandelt werden soll, finden alle gut.
Problematisch wird es beim zweiten Standort: der Feudenheimer Au. Diesen Teil hatten die Landschaftsarchitekten in ihre Machbarkeitsstudie mit einbezogen. Ihr Argument: Die Böden auf Spinelli seien nur Sand und es fehlten ältere Bäume, die Schatten spenden und die man bei einer Gartenschau einfach brauche. Umweltverbände und Teile der Grünen gingen gegen diese Pläne auf die Barrikaden. So würde ein geplanter See Biotope in dem historisch gewachsenen Landschaftsschutzgebiet (kein Naturschutzgebiet!) zerstören, schimpften sie. Architekten und die Rathausspitze hielten dagegen, die Zusammenführung von Au und Spinelli bilde das Herzstück der ökologischen Stadtentwicklung.
Schließlich stimmte der Gemeinderat Ende Februar 2013 dem Konzept mit großer Mehrheit zu. Die Diskussionen aber blieben und wurden mit teils harten Bandagen weiter geführt. Vor diesem Hintergrund entschloss man sich, die Mannheimer über die Buga abstimmen zu lassen. Eine hauchdünne Mehrheit sprach sich im September 2013 für das Großprojekt aus. Der für drei Jahre bindende Entscheid kam allerdings früh. Zu früh. Er habe keineswegs zu mehr Sachlichkeit geführt; die Auseinandersetzungen "waren und sind härter als das, was für Wahlkämpfe üblich ist", haderte Kurz vor mehreren Monaten in einem Zeitungsinterview.
Vor allem klammerte das Plebiszit eine zentrale Frage aus, was sich noch rächen sollte: die Zukunft der Straße "Am Aubuckel". Sie durchschneidet nicht nur das Buga-Gelände zwischen Spinelli und Au, sondern auch den geplanten Grünzug Nord-Ost. Er soll vom Luisenpark über den Neckar bis zu den Vogelstangseen reichen. Hinzu kommt, dass über die Aubuckelstraße bis zu 20 000 Fahrzeuge täglich rollen.
Was also tun? Eine Brücke darüber bauen, die Straße untertunneln, sie während der Buga absperren oder ganz auf sie verzichten? All diese Varianten kamen für den Oberbürgermeister und die Planer nicht infrage. Sie favorisierten eine Verlegung an den Riedbahndamm. Dafür gab es im Gemeinderat noch vor einigen Monaten eine Mehrheit. Bis die CDU eine Kehrtwende vollzog. Hatte ihre Fraktion zuvor alle wesentlichen Beschlüsse zur Buga mitgetragen, dafür aber an Profil verloren, ging sie nun auf Konfrontationskurs. Sie sagte jetzt im Hauptausschuss mehrheitlich Nein zur Straßenverlegung.
Damit liegt sie auf einer Linie mit den Grünen, Umweltaktivisten und Kleingärtnern. Letztere könnten bei einer Verlegung an den Riedbahndamm zunächst bis zu 30 Parzellen verlieren; sie sollen aber an anderer Stelle neu entstehen, verspricht die Stadt. Hauptargument für die CDU sind die Kosten von rund 16 Millionen Euro. Sollte der Gemeinderat am nächsten Dienstag Kurz’ Plänen ebenso wie der Hauptausschuss eine Absage erteilen, wäre das für den Oberbürgermeister ein Desaster.
Für ihn kam bislang nur eine Buga ohne Straße infrage. Nur dadurch werde der erwünschte Naherholungs- und Freizeitwert garantiert. Bei einer Trennung des Geländes durch die Straße sieht er hingegen die Attraktivität und die Wirtschaftlichkeit des Projekts gefährdet, für das die Stadt abzüglich der zu erwartenden Zuschüsse mehr als 60 Millionen Euro in die Hand nehmen will.
Viel zu teuer, meinen einige Mannheimer. Und verweisen zum Beispiel auf den beliebten Luisenpark, der renoviert werden muss, wofür aber aktuell kein Geld da ist. Trotz seiner gegenteiligen Überzeugung plädiert Kurz nun dafür, die Buga wenigstens auf Spinelli und unter Beibehaltung der Straße "Am Aubuckel" stattfinden zu lassen.
Sollte die Stadt noch einen Rückzieher machen, müsste sie eine hohe Entschädigung zahlen.