Viel Aufmerksamkeit für symbolische Öffnung der Heidelberger Händler
Mehr als zwei Dutzend Einzelhändlerinnen und -händler öffneten symbolisch ihre Türen - Eine Aktion von Pro Heidelberg

Von Sarah Hinney
Heidelberg. Es waren zwei Bedürfnisse, die Einzelhändlerinnen und -händler am Dienstag zu einer ungewöhnlichen Aktion getrieben haben. Sie wollen Aufmerksamkeit – und endlich wieder die Dinge in die Hand nehmen und aktiv gestalten können. Über Stunden hatten zwei Dutzend Geschäfte ihre Türen geöffnet – allerdings nur symbolisch. Die Eingänge blieben für Kundinnen und Kunden mit Flatterband oder Blumenkästen versperrt. Viele hatten Plakate angebracht. Das Motto: "Heidelberg hat Zu!Kunft".
Aufmerksamkeit haben sie bekommen: Gleich mehrere Fernsehteams kamen um 10 Uhr zum Anatomiegarten – letztlich waren dort mehr Pressevertreter als Einzelhändler. Letzteren war es besonders wichtig zu betonen, dass es nicht darum ginge, sofort alles zu öffnen. Niemand leugnet die Gefährlichkeit der Pandemie. "Aber es geht um eine Perspektive", macht Nikolina Visevic, Leiterin der Geschäftsstelle von Pro Heidelberg deutlich. Birgit Müller-Appel von "Eye and Art" betont: "Viele Händlerinnen und Händlern sind müde und erschöpft von den Sorgen. Es geht ihnen psychisch schlecht." Die gemeinsame symbolische Öffnung sei auch deshalb wichtig. "Mal wieder frische Luft in die Läden lassen, etwas tun und zeigen: Wir sind noch da."
Denn tatsächlich ist der Einzelhandel in Heidelberg seit Monaten da, auch wenn die Geschäfte geschlossen sind. Viele sind telefonisch erreichbar und bieten "Click & Collect" an. Damit geben sie Kunden also die Möglichkeit, Waren zu bestellen und dann abzuholen. Viel Umsatz machen sie damit nicht. Ein zweiter Schritt wäre nun das Modell "Click & Meet", das in Rheinland-Pfalz gerade erprobt wird. Hier dürfen Personen aus einem Haushalt wieder in Bekleidungsgeschäften einkaufen, vorausgesetzt sie buchen dafür vorher einen Termin. Visevic findet das gut. Christian Schreiber, Geschäftsleiter des Modegeschäfts Henschel, ist von der Idee nicht so richtig überzeugt. Er fürchtet, dass sich Kunden in der Situation gerade in seinem großen Geschäft nicht wohlfühlen würden. Oder gar verpflichtet fühlen könnten, etwas zu kaufen. Für kleinere Läden könne er sich "Click & Meet" aber gut vorstellen. Visevic betont, dass auch dies nur ein Zwischenschritt sein könne. Ein Schritt auf dem Weg zur Öffnung mit Hygienekonzepten.
Dieses Beispiel zeige, dass es eben nicht das eine Konzept gibt, welches jetzt nach rascher Umsetzung rufe. Trotzdem herrsche eine große Solidarität, betont Susanne Schaffner. Sie musste ihren Laden "Tee Gschwendner" beispielsweise gar nicht schließen, trotzdem steht sie am Dienstag an vorderster Front, drückt spontan noch einer Dame ein Plakat in die Hand. "Für euer Schaufenster."
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Der Citymarketingverein Pro Heidelberg hatte die Aktion ins Leben gerufen. "Das war ziemlich spontan", sagt Vorsitzende Susanne Schaffner vor Ort. Hintergrund sei der Unmut vieler Händler angesichts der aktuellen Situation: die Unsicherheit, die fehlende finanzielle Unterstützung, die permanente Angst, die Pandemie finanziell nicht zu überleben. Viele Einzelhändler haben am Dienstag aber mit viel Mühe dafür gesorgt, ein wenig Aufmerksamkeit auf ihre offenen Türen zu lenken. Carmen Niebel hat rote Luftballons vor dem Modegeschäft "Bofinger" aufgehängt. Christian Schreiber hat die offene Tür seines Modehauses mit einem Kaffeestand zugestellt – und verbindet so das Angenehme mit dem Notwendigen. Denn Einkaufen ist nicht gestattet. Es ist dennoch spürbar, dass es der kleinen Gruppe aktiver Händlerinnen und Händler an diesem Dienstag gut tut, etwas zu tun. Auch wenn sie sich keine großen Hoffnungen machen, dass sich an ihrer Situation rasch etwas ändert, haben sie gezeigt: "Wir sind noch da!"
Update: Dienstag, 2. März 2021, 20.14 Uhr
Die Läden öffnen - symbolisch
Heidelberg (rie) Nach zweieinhalb Monaten Lockdown öffnen viele Geschäfte in der Heidelberger Innenstadt am Dienstag wieder ihre Türen – allerdings nur für drei Stunden. Und Kundschaft darf in dieser Zeit dennoch nicht in die Läden. "Es ist eine symbolische Aktion, um darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig es ist, dass die Einzelhandelsbetriebe bald wieder aufmachen dürfen – natürlich unter Berücksichtigung aller sinnvollen und notwendigen Hygienekonzepte", erklärt Nikolina Visevic vom Citymarketingverein Pro Heidelberg.

Deshalb werden am Dienstag von 11 bis 14 Uhr viele Geschäfte in der Hauptstraße und den Nebenstraßen symbolisch ihre Türen öffnen. Visevic ist es wichtig zu betonen: "Die teilnehmenden Händler wollen niemanden gesundheitlich gefährden und auf keinen Fall gegen die Bestimmungen der aktuellen Corona-Schutzverordnung verstoßen." Deshalb würden die Eingänge etwa durch Absperrbänder oder Tische versperrt. Das Verbot des Kundenverkehrs und Warenverkaufs – abgesehen vom erlaubten "Click-and-collect"-Abholshopping – werde befolgt.
Die Händler wollen mit der Aktion ihren Unmut und ihre Sorge ausdrücken. "Immer mehr gerade inhabergeführte Geschäfte haben Angst, nicht mehr lange durchhalten zu können", sagt Visevic. Besonders die unterschiedlichen Regeln in den Bundesländern ärgern sie. In Rheinland-Pfalz können die Läden ab diesem Montag Termine fürs Shopping vergeben – in Baden-Württemberg nicht. "Die Geschäfte haben die Sorge, dass die Menschen nun in die Pfalz zum Einkaufen fahren, statt hier die Click-and-collect-Angebote zu nutzen", so Visevic. "Das Terminshopping auch in Baden-Württemberg zu erlauben, das wäre ein guter Anfang."
Damit die Heidelberger Geschäftswelt vielfältig bleibt, braucht es aus ihrer Sicht dreierlei: "Eine sichere Öffnungsperspektive, die zeitnahe Auszahlung finanzieller Hilfen sowie Kundinnen und Kunden, die die Heidelberger Läden unterstützen."