Unterstützer appellieren, Initiative nicht zu beerdigen (Update)
Zwei Fraktionen stellen in den Haushaltsverhandlungen die Bewerbung Heidelbergs infrage. Die Befürworter hingegen loben Peter Spuhler.

Heidelberg. (lex) Das Projekt "Kulturhauptstadt" steht auf der Kippe. Mit einem offenen Brief an alle Gemeinderäte hat der Verein "Kultur für Europa" jetzt reagiert und appelliert eindringlich, die Initiative nicht zu stoppen. Das Gremium entscheidet an diesem Donnerstag über den nächsten Haushalt und auch darüber, wie es mit der Kulturinitiative weitergeht.
"Einige von Ihnen wollen die Bewerbung für Heidelberg als Kulturhauptstadt kippen – Sie sagen: ,verschieben’. Wir sagen: Das wäre das Aus für diese Idee", schreibt der Verein, dessen Vorsitzender der MLP-Mitgründer und Mäzen Manfred Lautenschläger ist.
Der Verein hat sich erst vor wenigen Wochen gegründet. Und sehe seither, dass die Idee, Heidelberg als Kulturhauptstadt zu bewerben, auf große Resonanz stoße. Man erlebe rasante und exponentiell wachsende Unterstützung aus der Mitte der Bevölkerung. "Wir haben bereits jetzt sehr viele Bürger hinter uns, die gerne die Kulturhauptstadtidee fördern möchten, die mithelfen möchten mit Ideen oder auch finanzieller Unterstützung."
An die Volksvertreter gerichtet schreibt der Verein: "Kultur ist gemeinschaftliches Leben, schafft Identität und macht ein gutes Miteinander auf allen Ebenen der Stadtgesellschaft erst möglich." Beim Projekt "Kulturhauptstadt" gehe es in erster Linie gerade nicht um Hochkultur für die Eliten. Angesprochen sei die gesamte Stadt: "Schulklassen, Vereine, Menschen, die sich einbringen wollen." Gerade die vielen kleinen kulturellen Initiativen in den Stadtteilen könnten von der Aufmerksamkeit profitieren und wachsen, ist der Verein überzeugt.
Zur finanziellen Seite: "Das Projekt Kulturhauptstadt nimmt kein Geld weg. Es generiert Geld", sagen die Vereinsmitglieder. Verschiedene Fraktionen wollen die von Oberbürgermeister Eckart Würzner geschaffene Stelle streichen. "Die Kosten belaufen sich auf 80.000 Euro im Jahr und stehen in keinem Verhältnis zu den Geldern, die eingeworben werden können", appelliert der Brief. "Und da setzen wir auf Peter Spuhler: Wir erinnern an sein unglaubliches Engagement für das Theater." Spuhler sei bestens vernetzt, voller Begeisterung für die Idee und habe die nötige Expertise.
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"Sie als unsere gewählten Volksvertreter haben es in der Hand. Jetzt haben Sie Menschen hinter sich, die für die Idee brennen. Lassen Sie uns doch in einen offenen, demokratischen Prozess eintreten", schließt der Brief.
Update: Mittwoch, 19. Juli 2023, 19.51 Uhr
Steht die "Kulturhauptstadt"-Bewerbung auf der Kippe?
Von Alexander Wenisch
Heidelberg. Wenn der Gemeinderat an diesem Donnerstag zum letzten Mal vor der Sommerpause tagt, geht es auch um die Zukunft der Initiative "Kulturhauptstadt". Verhandelt wird der Doppelhaushalt 2023/24. Es geht darum, wofür Geld ausgegeben wird – und wofür nicht.
Die "Bunte Linke" und die SPD wollen, dass sich Heidelberg überhaupt nicht als Kulturhauptstadt bewirbt. Die geschaffene Stelle – der ehemalige Theater-Intendant Peter Spuhler wurde von Oberbürgermeister Eckart Würzner zum Manager der Bewerbung gemacht – soll gestrichen werden. Die SPD hofft so, aktuell rund 61.000 Euro und 2024 rund 82.000 Euro einsparen zu können.

Denn die Sozialdemokraten wollen, dass die Stadt ihr Geld anders ausgibt: für Schulsanierungen, günstiges Wohnen und die Entwicklung des neuen Stadtteils PHV etwa. Die Initiative "Kulturhauptstadt" sei nur "nice to have".
Die "Bunte Linke" meint zwar, die langjährige Bewerbungsphase "kann sich positiv auf die Stadt auswirken" – die Initiative komme aber zu früh, weil nicht absehbar sei, ob sie zum Erfolg führe. Frühestens ab 2034 könnte Heidelberg Europäische Kulturhauptstadt werden.
Umstritten ist auch die Personalie Peter Spuhler. Während beispielsweise die SPD ihn als "Kenner der Kulturszene" bezeichnet, ist die Fraktion der "Linken" rigoros. Über die Idee "Kulturhauptstadt" könne man diskutieren. Spuhler aber wird rundweg abgelehnt. Würzner habe "eine kontroverse Personalie" ohne jede Rückkopplung mit dem Gemeinderat installiert. "Das schadet letztlich dem Anliegen." Spuhler stand wegen seiner Personalführung als Intendant am Theater Karlsruhe in der Kritik.
Die Verwaltung wiederum hat zu den Anträgen Stellung bezogen. Die Initiative "Kulturhauptstadt" habe derzeit nur Projektcharakter, weshalb die Stelle nicht im aktuellen Haushalt vorgesehen sei. Mittel werden aus dem Budget des Oberbürgermeisters zur Verfügung gestellt. Die finanzielle und personelle Ausstattung werde dann erst im Haushalt 2025/26 relevant.
Das müsste den Grünen – größte Fraktion im Gemeinderat – eigentlich entgegenkommen. Denn sie zeigen sich in ihrer Stellungnahme gegenüber der RNZ offen für eine Diskussion. Andererseits wollen sie – vorerst – ohnehin kein Geld aus dem aktuellen Haushalt für das Projekt zur Verfügung stellen. Würzner nehmen sie krumm, dass er den Prozess unabgesprochen initiiert habe.
Sie würden ihn jetzt dazu bringen wollen, die zuständigen Fachausschüsse einzuschalten. Prinzipiell sehen sie die Zuständigkeit für das Projekt "Kulturhauptstadt" auch beim Kulturdezernat. Noch in der gleichen Gemeinderatssitzung wird am Donnerstag voraussichtlich eine neue Kulturbürgermeisterin gewählt – eine Grüne.
Unterstützung erfährt die Initiative "Kulturhauptstadt" aber auch. Die CDU-Fraktion sieht darin eine große Chance und erhofft sich "Strahlkraft weit über die Region hinaus". Spuhler sei "genau der richtige Mann", der gut vernetzt und in der Lage sei, Sponsoren für das Projekt zu gewinnen. Tatsächlich hat sich bereits ein Verein zur Unterstützung der Kulturinitiative gegründet. Vorsitzender ist Mäzen Manfred Lautenschläger.

Die FDP hofft, dass die Bewerbung "innovative Energien" freisetzt. Es seien zwar finanzielle und personelle Ressourcen nötig. Aber man sei überzeugt, dass sich die Investition lohne, weil sie sich letztlich auf das Image Heidelbergs und auf die städtischen Einnahmen positiv auswirke. "Dass die Personalie Spuhler in den letzten Wochen derart emotional aufgeladen wurde" sei bedauerlich, so die FDP. "Wir bitten hier um eine Rückkehr zu Fakten und Vernunft."
Positiv steht der Idee und der Person Spuhler auch die Grün-Alternative-Liste (GAL) gegenüber. Heidelberg müsse am Ende gar nicht Kulturhauptstadt werden. Schon der Weg zur Bewerbung könnte – im Sinne einer umfangreichen Bestandsaufnahme – sehr aufschlussreich sein.
"Die Heidelberger" schätzen Spuhlers Expertise, die Zuordnung "an übergeordneter Stelle" bei OB Würzner sei aber verhandelbar. Für "Heidelberg in Bewegung" (HiB) bringt Spuhler die notwendigen Fähigkeiten mit. Er müsse nun die Möglichkeit erhalten, dem Gemeinderat und anderen Gremien sein Konzept vorzustellen.