Jahresrückblick

Diese Themen bestimmten Heidelberg 2018

Betriebshof, Sicherheit, Stift, Sperrzeiten und vieles mehr

27.12.2018 UPDATE: 31.12.2018 06:00 Uhr 15 Minuten, 33 Sekunden

Das Schloss und die Heidelberger Altstadt. Archivfoto: dpa

Heidelberg. Der Countdown für 2019 läuft. Zeit also, noch einmal zurückzublicken auf das abgelaufene Jahr. Diese Themen bestimmten Heidelberg 2018.


Der Schwarze Weg, der Wieblingen über den Ochsenkopf mit Bergheim verbindet, muss für den Neubau des Betriebshofes weiter nach Norden verlegt werden. Foto: Philipp Rothe

Der Betriebshof zieht um

Erst konnten sich die Stadträte nicht auf einen gemeinsamen Standort für den Betriebshof der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) einigen, an dem künftig Busse und Bahnen abgestellt werden sollen. Weder der Verbleib am bisherigen Standort an der Bergheimer Straße, noch ein Neubau auf dem Großen Ochsenkopf oder eine Verlagerung auf das ehemalige US-Airfield bekamen eine Mehrheit. Nur vier Wochen später - am 20. Dezember - fiel dann doch eine Entscheidung: Der Betriebshof wird vom heutigen Areal an der Bergheimer Straße auf die Grünfläche am Großen Ochsenkopf verlagert. Den Weg zu dieser Entscheidung hatte die SPD frei gemacht: Nach der Nichtentscheidung Ende November hatten die Sozialdemokraten einen Kompromiss ausgearbeitet, obwohl sie einen Neubau auf dem heutigen Gelände weiterhin als beste Lösung angesehen haben.

Dieser Kompromiss sieht vor, dass auf 50 Prozent des heutigen Betriebshofgeländes bezahlbarer Wohnraum entsteht und die andere Hälfte zu einer ökologisch hochwertigen und öffentlich zugänglichen Grünfläche ausgebaut wird. Außerdem sollen die Abstellanlagen am Ochsenkopf ein begehbares und begrüntes Dach erhalten. Das Dezernat 16 soll zudem gesichert und die Verkehrssituation in Bergheim verbessert werden. "Wer nur die Ökologie im Blick hat, kann mit dem Nichtbeschluss zufrieden sein. Wem aber auch die Interessen der RNV-Beschäftigten und des Nahverkehrs am Herzen liegen, kann damit nicht leben", erklärte SPD-Fraktionschefin Anke Schuster.

Das Aktionsbündnis Bergheim-West, das sich vehement für den Erhalt der Grünfläche am Großen Ochsenkopf ausgesprochen hat und nun erwägt, die Entscheidung des Gemeinderates über ein Bürgerbegehren in Frage zu stellen, argumentierte vor allem immer mit der hohen ökologischen Qualität der Wiese: Auf der Magerrasenwiese hat das Bündnis rund 120 teilweise seltene Pflanzenarten entdeckt. Die Wiese diene zudem als Naherholungsfläche für die Bergheimer und erfülle eine wichtige klimatische Funktion: Er sei ein nächtliches Kaltluftentstehungsgebiet und eine Luftschneise für den Neckartäler Wind, die bis zum Pfaffengrund reiche.

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Zur Pattsituation war es gekommen, weil die Grünen das Airfield in die Diskussion gebracht hatten, um am bisherigen Standort eine Weiterentwicklung zu ermöglichen und gleichzeitig am Großen Ochsenkopf die Grünfläche zu erhalten. "Mit dem Airfield können wir den Gordischen Knoten zerschlagen", sagte Christoph Rothfuß. Der ehemalige Flugplatz habe Potenzial und solle deshalb ebenso gründlich untersucht werden wie die anderen Areale. Auch die Bezirksbeiräte von Wieblingen und Bergheim hatten einen Antrag für eine Verlagerung auf das Airfield eingebracht. Die Bezirksbeiräte von Kirchheim und dem Pfaffengrund, die an das Airfield grenzen, wurden hingegen nicht in die Diskussion einbezogen. (tt)


Auch die Reiterstaffel auf der Hauptstraße gehört zur Sicherheitspartnerschaft. Foto: Rothe

Neuer Pakt mit dem Land

Bis vor wenigen Jahren galt Heidelberg als eine der sichersten Großstädte. Doch dann drehte sich der Wind, die Straftaten stiegen innerhalb von nur fünf Jahren um ein Drittel, das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürger drohte dauerhaft Schaden zu nehmen. Doch im Februar schlossen die Stadt, das Polizeipräsidium Mannheim und das Land-Baden-Württemberg einen Pakt: die Sicherheitspartnerschaft. Zusätzliche Kräfte Bereitschaftspolizei, darunter auch die Reiterstaffel, sollten für deutlich mehr Uniformiertenpräsenz, vor allem in der Altstadt und am Neckarufer sorgen. Aber auch die Stadt legte noch etwas drauf: Beim Kommunalen Ordnungsdienst wurden weitere Stellen geschaffen, im nächsten Jahr sollen es 23 sein.

Zusätzlich wurde im Juli auf der Neckarwiese die "Stresserbeleuchtung" in Betrieb genommen: Elf Lichtmasten können das Areal nun ausleuchten. (hö)


Es gibt doch ein Restaurant im Alten Kohlhof: Im "Oben" gibt es für maximal 20 Gäste exklusive Sterneküche. Foto: Rothe

Kohlhof: Würzner stiftet Verwirrung

Bis kurz vor Jahresende war die Sache klar: Die Stadt kauft aller Wahrscheinlichkeit das ehemalige Ausflugslokal Alter Kohlhof von den jetzigen Eigentümern zurück. Doch dann machte OB Eckart Würzner auf einmal eine Kehrtwende: Im Jahresinterview mit der RNZ deutete er an, den Rechtsstreit doch beilegen zu wollen: Wenn jetzt dort ein Lokal existiere, sei er zufrieden - und dann werde er dem Gemeinderat empfehlen, die Klage auf Rückkauf der Immobilie zurückzuziehen. Doch Würzner hatte offenbar nicht mit dem geballten Unmut der Stadträte gerechnet: Unisono pochten sie darauf, die Klage aufrechtzuerhalten, die sie vor knapp zwei Jahren beschlossen hatten - und sprachen von einem nicht abgestimmten Alleingang Würzners.

Der Grund des ganzen Streits liegt darin, dass die Besitzer der Immobilie - sie hatten 2015 das einstige Ausflugslokal gekauft - ganz offensichtlich lange Zeit nicht der Verpflichtung eines Grundbucheintrags nachgekommen waren, hier bis Mitte 2022 ein Lokal zu betreiben - zumindest nicht zu dem Zeitpunkt, als die Klage eingereicht wurde. Dieser Rechtsauffassung hatte sich im April auch das Landgericht Heidelberg angeschlossen, nachdem mehrere Nachbarn übereinstimmend berichtet hatten, dass hier keine Gaststätte existiert. Wohl erst um die Jahresmitte eröffnete dann das Restaurant "Oben", das später im Feinschmeckerführer Gault-Millau ausgezeichnet wurde.

Auch wenn die Stadt den Besitzern nicht vorschreiben kann, welche Art von Gaststätte auf dem Kohlhof betrieben werden soll, wünschen sich viele Bürger (und auch die Kommunalpolitik) ein traditionelles Ausflugslokal statt einer hochpreisigen exklusiven Sterneküche, wie sie gerade praktiziert wird. (hö)


Am Stift kehrt keine Ruhe ein

Mitte Juni war für die Abtei Neuburg der Streit mit den ehemaligen Pächtern des Klosterhofs endgültig abgeschlossen: Als letztes Teilstück wurde das Lokal von den ehemaligen Betreibern an die Mönche zurückgegeben. Doch wer dachte, dadurch würde am Stift wieder Ruhe einkehren, der irrte: Ende August wurden die beiden Geschäftsführer der im März gegründeten Ökonomie Stift Neuburg GmbH entlassen. Im Auftrag der Benediktiner sollten sie sich um den Wirtschaftsbetrieb der Abtei kümmern. Doch mit dem Auftreten der beiden Geschäftsführer Claudia Rhein und Mathias Braun war die Klostergemeinschaft nicht einverstanden. Im Rahmen eines kirchlichen Aufsichtsverfahrens wiesen die Visitatoren, darunter der Abtpräses der Beuroner Kongregation, Albert Schmidt, die Entlassung von Rhein und Braun an.

Wenig später, Ende September, folgte der nächste Paukenschlag: Nach nur zweieinhalb Jahren wurde Winfried Schwab von den Visitatoren als Abt abgesetzt und die vorübergehende Klosterleitung Prior Ambrosius Leidinger übertragen. Schwab sei abgesetzt worden, weil er die vorgesehenen Gesprächs- und Entscheidungswege nicht eingehalten habe. So gebe es je nach Zuständigkeit Grenzen, in welchem Rahmen Ausgaben getätigt werden dürfen.

Ende Oktober meldeten schließlich Rhein und Braun, die zwar von der Gesellschafterversammlung abberufen worden waren, aber wegen formaler Probleme nicht aus dem Handelsregister ausgetragen werden konnten, Insolvenz für die Ökonomie GmbH an. Beide wollten so verhindern, dass sie persönlich in Haftung genommen werden konnten. Der Rechtsanwalt des Klosters, Werner Bornemann-von Loeben, sah hingegen keinen Insolvenzgrund und legte Beschwerde ein. Bei der Durchsicht der Unterlagen stellte er fest, dass die Rechnungen der GmbH an das Kloster erklärungsbedürftig seien und teilweise Phanatsiebeträge in Rechnung gestellt wurden. (tt)


Viel Lärm um neue Sperrzeiten

Nachdem die Diplomatie gescheitert ist, müssen die Richter entscheiden: Im März kippt der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim die bis dahin geltende Sperrzeitsatzung für die Kernaltstadt. "In der Altstadt ist es zu laut", sagte die Vorsitzende des sechsten Senats, Else Kirchhof, bei der mündlichen Verhandlung: Der Gemeinderat habe bei seiner Entscheidung, dass die Kneipen in der Nacht zum Freitag und am Wochenende bis 4 Uhr und an den anderen Tagen bis 2 Uhr öffnen dürfen, die Interessen der Anwohner und ihr Recht auf Nachtruhe nicht ausreichend berücksichtigt. Konkrete Vorgaben für rechtskonforme Sperrzeiten nannte das Gericht nicht und spielte den Ball damit zurück an die Kommunalpolitik.

Wieder einmal diskutierten die Heidelberger intensiv über Kneipenöffnungszeiten und nächtlichen Lärm. Und wieder einmal setzten sich die Nachtschwärmer durch: Obwohl die Stadtverwaltung Sperrzeiten von 1 Uhr werktags und 3 Uhr am Wochenende vorgeschlagen hatte, stimmte die Mehrheit des Gemeinderates am 24. Juli für eine liberalere Satzung. Die Kneipen dürfen seitdem in der Nacht auf Freitag bis 3 Uhr, am Wochenende bis 4 Uhr und an den anderen Tagen bis 1 Uhr öffnen. Der Streit hat damit aber kein Ende: 31 Altstädter erheben Normerlassklage beim Verwaltungsgericht: Die Richter sollen Sperrzeiten von 1 Uhr am Wochenende und 0 Uhr werktags festsetzen. Fortsetzung folgt. (hob)


Foto: Rothe

Neue Einblicke

Die Stachelschweine und Erdmännchen im Heidelberger Zoo konnten schon im Oktober auf ihre neue Anlage ziehen, im Februar soll auch das benachbarte Löwengehege fertig sein: Dann steht den Berberlöwen Chalid und Binta sechsmal mehr Platz zur Verfügung als auf ihrer bisherigen Außenanlage. Nicht nur die Tiere sollen von der Erweiterung profitieren - beispielsweise durch einen Felshügel zum besseren Beobachten -, auch die Besucher erhalten neue Einblicke. (tt)


Vor der Stadthalle warteten einige Exil-Tibeter auf ihr geistliches Oberhaupt: Der Dalai Lama verteilte Küsschen, lachte viel und posierte für Selfies. Foto: Diemer

Ein Kuss sagt mehr als tausend Worte

Als der Dalai Lama die Bühne der Stadthalle gegen 11.30 Uhr wieder verlässt, gibt es unter den 1400 Zuhörern zwei prominente Meinungen: "Das war großartig, ich bin wie beseelt", sagen die einen. Die anderen meinen eher: "Was war denn das? Ich habe nichts kapiert!"

Das geistliche Oberhaupt der Tibeter hat zweifelsohne Charme. Das zeigt sich bei seinem Besuch in Heidelberg am 20. September vor allem beim Kommen und Gehen. Wie er mit den Menschen vor der Stadthalle für Fotos posiert, ihnen die Wangen tätschelt und Küsse verteilt - diese natürliche Herzlichkeit macht ihm so schnell keiner nach.

Das Gespräch mit den vom Gastgeber, dem Deutsch-Amerikanischen Institut, eingeladenen Wissenschaftlern geht aber schief. Ob es am Englisch liegt oder an unterschiedlichen, intellektuellen Niveaus: Hirnforscherin Hannah Monyer, Alternsforscher Andreas Kruse und Astrophysiker Matthias Bartelmann suchen vergebens eine funktionierende Gesprächsebene mit dem Dalai Lama. Der 83-Jährige muss sogar ab und zu lachen über die Fragen der Forscher, etwa wenn Kruse etwas über das Konzept der Grenzsituationen in Karl Jaspers’ Existenzphilosophie wissen möchte.

Den Zuhörern im Saal rät der buddhistische Mönch am Ende sogar: "Versucht, glücklich zu sein - und nicht wie die Professoren, die immer so kompliziert sind." Ein paar Botschaften bringt der Friedensnobelpreisträger dann aber doch noch unters Volk. Immer nur beten, sagt er, das bringe nichts. "Wir müssen arbeiten." Und zwar am Weltfrieden, alle gemeinsam. Dabei legt er das Konzept der "echten Liebe" dar - und meint damit nicht jene zu Partnern, Kindern, Eltern oder Freunden. Er meint eine Liebe aus Mitgefühl, eine Liebe die allen Menschen gelte - auch den vermeintlichen Feinden.

Apropos Feinde: Nicht Oberbürgermeister Würzner begrüßt Chinas Staatsfeind Nr. 1 in der Stadthalle, sondern Dezernent Wolfgang Erichson. Nach RNZ-Informationen hatten die Chinesen vorab Druck gemacht. Ob es an der neuen Städtepartnerschaft mit Hangzhou liegt? Aber immerhin: Ein Mittagessen Würzners mit dem Dalai Lama gibt es dann doch noch. (rie)


Schön, aber illegal

Giuseppina Ehmann, Inhaberin der Chocolaterie in der St.-Anna-Gasse, ist eine resolute Frau und hat ein Händchen für stilvolle Dekoration. Doch ihr Wimpel, mit dem sie für Schokoladeneis wirbt, der Schriftzug über ihrem Geschäft und ein roter Teppich vor der Eingangstür verstoßen in den Augen des Baurechtsamts gegen die Werbeanlagensatzung.

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe gibt im Juni zwar der Stadtverwaltung recht, doch Ehmann gibt nicht auf und sammelt bei ihren Kunden weit über 1000 Unterschriften für den Erhalt des Schmuckkästchens. In der Folge melden sich auch viele andere Einzelhändler aus der Altstadt, die sich vom Baurechtsamt gegängelt fühlen. CDU und SPD stellen im Gemeinderat Anträge, die Werbeanlagensatzung zu überarbeiten. Auch der Citymarketing-Verein "Pro Heidelberg" fordert neue Regeln. Kritik erntet die Stadtverwaltung auch beim Branchentreffen Einzelhandel im Oktober.

Laut der Satzung von 1979 sind Werbeanlagen, Automaten, Vordächer und Markisen so anzuordnen, dass sie "nach Form, Maßstab, Werkstoff, Farbe und Gliederung das Erscheinungsbild des Gebäudes und das Straßenbild nicht beeinträchtigen sowie den historischen, künstlerischen und städtebaulichen Charakter nicht stören". Je Gewerbebetrieb ist nur eine Werbeanlage zulässig, wobei diese auch aus mehreren Teilen bestehen kann, wenn sie insgesamt einheitlich gestaltet ist. (hob)


Einen Monat nach der Tat stellten Polizeibeamte am 6. April das Geschehen am Neuenheimer Neckarufer nach. Foto: Alex

Eine Tat, die fassungslos macht

Diese Tat machte fassungslos - und führte dazu, dass viele Frauen Angst davor hatten, sich am Neckar aufzuhalten: Am helllichten Tag schlug ein junger Mann am 7. März am Neuenheimer Neckarufer mit einem faustgroßen Stein mindestens dreimal brutal auf eine 47-jährige Frau ein; er hatte sich ihr auf dem unbefestigten Leinpfad, einer beliebten Joggingstrecke, von hinten genähert. Das Opfer erlitt eine Platzwunde am Kopf, da es sich heftig wehrte, flüchtete der Täter. Die 47-Jährige vertraute sich zwei Passantinnen an, die sie dann in eine Klinik brachten.

Die Begleitumstände dieses Verbrechens sind allerdings besonders tragisch: Die Frau aus Buchen weilte zu dieser Zeit in Heidelberg, um ihrer schwerkranken Tochter, die in der Uniklinik behandelt wurde, beizustehen. Ihre Tochter verlor schließlich den Kampf gegen die heimtückische Krankheit im Sommer.

Kurz nach der Tat startete die Polizei eine umfangreiche und aufwendige Fahndungsaktion - mit Phantombild, Plakaten, Flugblättern und sogar einer Tatrekonstruktion Anfang April. Insgesamt mehr als 100 Hinweise gingen bei der Polizei ein, doch am Ende war es Kommissar Zufall, der zum Ermittlungserfolg führte: Ein 18-Jähriger aus Eppelheim war sieben Wochen später an den Ort des Verbrechens zurückgekehrt. Weil die Täterbeschreibung auf ihn halbwegs zutraf, wurde er von der Polizei verhaftet. Er gestand auch sofort, machte aber ansonsten keine Angaben zum Motiv.

Anfang Oktober begann der Prozess gegen den nun 19-Jährigen - unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Auch hier schwieg er weitgehend, es wurde aber bekannt, dass er vor der Tat Internetseiten besucht hatte, auf denen es um Vergewaltigungen oder um Überfälle auf Joggerinnen ging. Auch der psychiatrische Sachverständige ging von sexuellen Aggressionen des Angeklagten aus.

Am Monatsende fiel das Urteil: vier Jahre Jugendstrafe. Die Staatsanwaltschaft hatte zunächst auf versuchten Mord aus sexuellen Motiven plädiert, revidierte aber ihre Sichtweise; und auch die Jugendkammer des Heidelberger Landgerichts erkannte nur auf gefährliche Körperverletzung: Der junge Mann habe die Frau nicht töten wollen, sonst hätte er nicht irgendwann von ihr abgelassen.

Viele, darunter der Mann des Opfers, kritisierten das Urteil als zu mild: Ihrer Ansicht nach hatte es sich doch um versuchten Mord gehandelt. (hö)


Firmen, die es nicht mehr gibt

Es war ein langer zäher Kampf der regionalen Bäckereikette Mantei, bis sie am 25. Juni zum letzten Mal ihre Läden öffnete: Schon 2012 war die 1959 gegründete Firma zum ersten Mal insolvent, im Mai 2018 folgte dann der unwiderruflich letzte Antrag. Aber bereits zum Jahresbeginn 2017 hatte die Großbäckerei ihre Produktionsstätte an der Eppelheimer Straße praktisch verloren - als diese verkauft und Mantei gekündigt wurde. Bei Mantei wurde aber unverdrossen in den veralteten Anlagen weitergebacken. Doch der Betrieb blieb unwirtschaftlich, nach und nach wurde das Sortiment kleiner, und immer mehr Filialen machten dicht. Doch es half alles nichts, es gab keinen Investor, und für die meisten Ladenlokale fand sich auch kein neuer Mieter. 70 Angestellte verloren ihre Jobs - und Heidelberg ein vielleicht nicht sehr großes, aber doch bekanntes Unternehmen. Auf dem ehemaligen Firmengelände soll ein Ärzte- und Geschäftshaus entstehen.

Ende Januar schloss ein weiterer Traditionsbetrieb für immer seine Pforten: Ford Joncker in der Hebelstraße. Nach 83 Jahren musste man Insolvenz anmelden: Die Amerikaner als frühere Hauptkunden waren weggebrochen, die gesamte Fahrzeughalle war zu klein und zu unpraktisch. Ein Investor fand sich nicht - und auch vom Mutterkonzern Ford gab es keine Hilfe. Momentan ist die Fläche in Teilen untervermietet - darunter an eine Postagentur -, aber langfristig werden hier wohl Studentenappartements gebaut.

Außerdem schlossen in diesem Jahr zwei alteingesessene Gaststätten: Die "Friedensglocke" in der Bahnstadt wurde 1917 eröffnet, über 40 Jahre lang führte Hannelore Büttner die Geschäfte - bis das Anwesen mit seinem Biergarten dem Bau des neuen Konferenzzentrums weichen musste. Das denkmalgeschützte "Perkeo" in der Hauptstraße bleibt immerhin stehen. Nach einem langen Rechtsstreit mit den Ex-Pächtern soll hier die italienische Restaurantkette "L’Osteria" einziehen. (hö)


Wenn Väter zu Tätern werden

Zwei Familientragödien erschütterten Heidelberg: Am 16. Juli tötete ein 63-jähriger Mann seine fünfjährige Tochter und dann sich selbst. Beide starben an einer Kohlenmonoxid-Vergiftung: Der Mann hatte in seiner Wohnung vorsätzlich einen Holzkohle-Einweggrill entzündet. Aus einem Abschiedsbrief, so berichtete die Polizei, sei zu schließen, dass der 63-Jährige die Tat begangen hatte, weil die Mutter mit der Tochter ins Ausland ziehen wollte.

Am 19. Dezember tötete ein 71-Jähriger auf dem Emmertsgrund erst seine Frau (75), seinen Sohn (43) und dann sich selbst. Nachbarn hatten drei Schüsse gehört und die Polizei verständigt, auch ein Sondereinsatzkommando rückte an, weil unklar war, ob ein Bewaffneter im Stadtteil unterwegs war. Als die Polizei die Tür der Wohnungstür im obersten Stock eines Hochhauses öffnete, fand sie die drei Leichen. Der Mann - er war Mitglied in einem Schützenverein - hatte einen Abschiedsbrief hinterlassen: Er sei schwer krank und könne seine Familie nicht allein lassen. Der Sohn soll unter Schizophrenie gelitten haben. (hö)


Urteil im Fall Julia B.

hob. Kaum ein anderes Verbrechen in Heidelberg sorgte in den vergangenen Jahren für so viel Aufsehen wie der Fall von Julia B.: Die 26-jährige Rechtsanwaltsgehilfin und Fahrerin bei einem Limousinenservice verschwand am 12. August 2017 spurlos aus ihrer Wohnung im Emmertsgrund. Ihre Leiche wurde zweieinhalb Wochen später in einem Gebüsch an der A 5 bei Zwingenberg gefunden.

Ein halbes Jahr später begann der Prozess gegen Julia B.s früheren Lebensgefährten, den 34-jährigen Johann N.. In Anwesenheit der Mutter der Getöteten und ihrer Schwestern gestand der Angeklagte am 25. Februar über seinen Anwalt, dass er die junge Frau nach einem Streit so stark gewürgt habe, dass sie gestorben sei. In Panik habe er die Leiche versteckt und versucht, seine Spuren zu verwischen. Am Ende des einmonatigen Prozesses verurteilte die Schwurgerichtskammer Johann N. wegen Totschlags zu zehn Jahren Haft. Der genaue Tathergang ließ sich nicht mehr rekonstruieren.


Im Westen Wieblingens, zwischen zwei Autobahnen und einer Bahnlinie, liegt das Gewann Wolfsgärten. Foto: Priebe

Wolfsgärten oder Patrick Henry Village?

Geht es oder bleibt es? Jahrelang hatte der Heidelberger Gemeinderat beim Land Druck gemacht, damit das Ankunftszentrum für Flüchtlinge möglichst schnell wieder aus Patrick Henry Village verlagert wird. Schließlich brauche man die US-Fläche dringend für die Stadtentwicklung.

Das Land hielt sich an die Absprache, suchte nach einer Ersatzfläche. Doch anders als erwartet, fand man diese nicht auf den Mannheimer Konversionsflächen, sondern wieder in Heidelberg: Weil alle anderen Optionen weggefallen seien, blieben laut Innenministerium nur die als Gewerbefläche vorgesehenen "Wolfsgärten" am Rande Wieblingens. Auf diesen acht Hektar soll ein neues Ankunftszentrum gebaut werden - damit PHV in wenigen Jahren frei ist.

Mit dieser Lösung könnte auch die Heidelberger Stadtverwaltung gut leben. Deshalb schlug Oberbürgermeister Eckart Würzner dem Gemeinderat vor, noch vor Weihnachten einen Grundsatzbeschluss zu fassen, in dem man den Umzug befürwortet. Direkt im Anschluss sollte eine Arbeitsgruppe den Umzug des Zentrums vorbereiten.

Doch der Gemeinderat war von Anfang an skeptisch bei dem Thema: Einige Fraktionen wunderten sich sehr, dass es in ganz Baden-Württemberg keine vergleichbare Fläche geben soll, die in Frage kommt. Andere finden die "Wolfsgärten", die zwischen zwei Autobahnen und einer Bahnlinie liegen, zu laut, zu abgelegen - und deshalb schlicht unmenschlich. Vor der letzten Gemeinderatssitzung des Jahres zeichnete sich eine Mehrheit ab, die forderte, einen Verbleib des Zentrums auf einem Teilstück von PHV zumindest zu prüfen. Dies wiederum würde allen Plänen für den dortigen neuen Stadtteil widersprechen.

Einig war man sich offenbar nur darüber, dass die von der Stadtverwaltung vorgesehene Beratungszeit zu kurz war. Deswegen vertagten die Stadträte die Entscheidung kurz vor Weihnachten auf das Frühjahr 2019 - und damit kurz vor die Gemeinderatswahlen im Mai. (dns)


Foto: Rothe

Kein Spiel mit dem Feuer

Deutlicher könnte der Unterschied kaum sein: Im linken Bild feiern Tausende in den 1. Mai, genau ein Jahr später - 2018 - liegt die Thingstätte nahezu verwaist da und wird ausgeleuchtet. Nur ein Sicherheitsdienst patrouillierte in dem eingezäunten Denkmal. Nachdem 2017 ein junger Mann am Bismarcksäulenweg einen Abhang hinuntergestürzt war und zwei Brände gewütet hatten, von denen etwa 3500 Quadratmeter Wald betroffen waren, untersagte die Stadt die Feier ganz, für die es nie einen Veranstalter gab. Ein Sicherheitsgutachten hatte gravierende Gefahren offengelegt. (jola)


Masterplan Neuenheimer Feld: Streit und Fortschritte

Der Masterplanprozess für das Neuenheimer Feld nahm in diesem Jahr Fahrt auf. Die vier Planungsteams um die Architektenbüros Astoc, Ferdinand Heide sowie Kerstin Höger (Zürich) und C.F.Møller (Aarhus) präsentierten am 17. Oktober der Öffentlichkeit ihre ersten Ideenskizzen, wie die Zukunft des Campus aussehen könnte. Sehr zur Freude der Gärtner und der Naturschützer wollen fast alle das Handschuhsheimer Feld weitgehend erhalten.

Seit August brüten die Teams aus Stadtplanern, Verkehrsexperten und Landschaftsarchitekten Ideen für das Neuenheimer Feld aus. Beim Thema Verkehr scheiden sich die Geister: Während Kerstin Höger den Campus schrittweise weitgehend autofrei bekommen möchte, könnte sich Ferdinand Heide eine Seilbahn über den Neckar vorstellen. Einige Entwürfe schlagen eine Neckarquerung vor - auch für die Straßenbahn.

Es gab auch Streit. Mal entzündete er sich im Forum an der Aufgabenstellung für die Planungsteams, mal im Gemeinderat an der Frage, wie viel Zeit man den Stadtplanern für die Ausarbeitungsphasen lassen sollte. Da der Gemeinderat ihnen nun doppelt so lange Zeit lässt, rutscht der Prozess nächstes Jahr voll in den Kommunalwahlkampf. Der Masterplan wird daher wohl doch nicht 2019 fertig. (hob)


Seit Ende Juli wird rund um den Hauptbahnhof gebaut. Im September 2019 soll alles fertig sein. Foto: Rothe

Eine Stadt sieht rot-weiß

Ganz Heidelberg war im Jahr 2018 eine einzige Baustelle. Ganz Heidelberg? Ja, ganz Heidelberg. Ob am Hauptbahnhof, auf der Bundesstraße 37 oder in der Hauptstraße - die meiste Zeit sah man den Asphalt vor lauter Warnbaken nicht.

Nirgends ist der rot-weiße Dschungel so dicht wie rund um den Hauptbahnhof. Der Umbau der Straßenbahnhaltestelle am nördlichen Ausgang des mehr als 60 Jahre alten Gebäudes gerät für die Stadt zur "Operation am offenen Herzen" - das sieht zumindest Eckart Würzner kurz vor Start der Bauarbeiten so. Der Oberbürgermeister sollte Recht behalten. Denn vor allem für die vielen Pendler, die jeden Tag in die Stadt hinein und auch wieder hinaus müssen, wird es mit Beginn der Sommerferien schmerzhaft: Autofahrer müssen Umwege über die Bundesstraße 535, den Diebsweg und die Bergheimer Straße in Kauf nehmen. Nutzer von Bussen und Bahnen müssen Ersatzhaltestellen ansteuern und auf Zusatzlinien ausweichen. Und Fahrradfahrer wissen vor lauter Umleitungen mitunter gar nicht mehr, wo sie eigentlich noch entlangfahren dürfen - und wo nicht.

Ähnlich viel Geduld ist bei Autofahrern in der Altstadt gefragt. Da die B 37 zwischen Stadthalle und Marstallstraße einen neuen Belag erhält, ist sie ab dem 22. Mai für zwei Wochen komplett gesperrt. So kommt es am Bismarckplatz immer wieder zu langen Staus.

Für Ärger sorgt auch die Kanalsanierung in der östlichen Hauptstraße. Vor allem Geschäftsinhaber leiden unter fehlenden Passanten - und sinkendem Umsatz. Erst im Herbst 2020 soll hier der letzte Bagger abgezogen werden. Nicht ganz so lange dauert es am Hauptbahnhof: Ab September nächsten Jahres wird die letzte Warnbake dort ihren Platz räumen. (pne)


Straßenbahn aus dem Takt

Darauf hatten viele Eppelheimer und Pfaffengrunder gewartet: Ab dem 9. Dezember fährt endlich wieder eine Straßenbahn der Linie 22 in die Heidelberger Innenstadt. Doch als es so weit ist, sorgt der neue Winterfahrplan für viel Frust. Die Kunden der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) klagen über lange Wartezeiten an den Haltestellen, übervolle Züge und kurzfristig geänderte Fahrtwege: Mal kommt gar keine Bahn, dann wieder drei direkt hintereinander.

Die Signale entlang der neu gebauten Trasse in der Bahnstadt sowie die an der Brücke von Eppelheim nach Heidelberg seien noch nicht richtig eingestellt, erklärt ein RNV-Sprecher das Durcheinander im morgendlichen Berufsverkehr. In wenigen Tagen werde sich die Situation bessern. Besonders für die Kirchheimer sind solche Worte kein richtiger Trost. Von Anfang an haben sich viele von ihnen gegen den neuen Weg ihrer Linie 26 gewehrt - ohne Erfolg. Fuhr sie früher direkt über die Ringstraße zum Bismarckplatz, macht sie inzwischen einen Schlenker über den Czernyring in die Bahnstadt und dann in die Bergheimer Straße. Kritik am neuen Liniennetz äußert auch der Verkehrsclub Deutschland (VCD). Er fordert, den alten Fahrplan vorübergehend wieder in Kraft zu setzen. (hob)


Viele Altstädter wollen, dass der Garten hinter der Providenzkirche mit seinem mächtigen Ginkgo nicht bebaut wird. Foto: Rothe

Neue Chance für einen Altstadt-Park

Vor einem Jahr wussten die meisten Heidelberger wahrscheinlich nicht, dass es ein Gärtchen hinter der Providenzkirche gibt. Das hat sich geändert: Nach dem Abriss des maroden Kindergartens ist nun der Blick frei auf eine Grünfläche, auf der zwei Dutzend Bäume, darunter ein Ginkgo, stehen, die als Naturdenkmale geschützt sind - für viele ein idealer Park im Herzen der Altstadt.

Die Evangelische Kirche hat aber andere Pläne mit dem Areal: Hier sollte der Neubau der Hochschule für Kirchenmusik hin, die bisher noch in der Weststadt residiert. In ihn sollte auch das neue Gemeindehaus von Providenz integriert werden - die Gebäude aus den fünfziger Jahren gelten als abrissreif. Doch dagegen mobilisierte sich Widerstand: Nach den ersten RNZ-Artikeln bildete sich eine Art Bürgerinitiative, die den Erhalt des Providenzgartens forderte. Ihr "Anführer", der ehemalige Chef des Heidelberger SRH-Konzerns Klaus Hekking, ging sogar bei potenziellen Spendern sammeln.

Die Bilanz am 20. Dezember: 2,2 Millionen Euro sind zusammengekommen; und an diesem Tag verabschiedete der Gemeinderat den Haushalt, in dem 90.000 Euro pro Jahr für die Anpachtung des Gartens vorgesehen sind. Das war das Kompromissangebot der Kirche: Wenn jemand für das Areal genügend Pacht bezahlt, um das Gemeindehaus sanieren zu können, bestehe man auf keinem Neubau. (hö)

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