Der Supermarkt als Freund des Metzgers
Metzgermeister Roland Unger und Rewe-Kaufmann Sahin Karaaslan kooperieren im Mathematikon

Metzgermeister Roland Unger ist Inhaber der Metzgerei Unger, die eine Kooperation mit dem Rewe-Supermarkt im "Mathematikon" hat und dort ihre Waren anbietet. Foto: Philipp Rothe
Von Timo Teufert
Heidelberg. Was ist zu tun, damit regionale Metzger auch in Zukunft bestehen können? Diese Frage haben Rewe-Kaufmann Sahin Karaaslan und Metzgermeister Roland Unger für sich beantwortet - und beschreiten gemeinsam einen neuen Weg. Sie kooperieren seit der Eröffnung des Rewe-Marktes im Mathematikon (Neuenheimer Feld). Seither werden dort in der Wurst- und Frischfleischtheke die Produkte des Kleingemünder Metzgers angeboten.
Bevor Karaaslan vor vier Jahren seinen Markt eröffnete, lernte er Unger kennen. Eigentlich wollte der Metzger gerne Untermieter werden, doch Karaaslan wollte weiterhin Einfluss auf diesen wichtigen Bereich seines Marktes haben. Man einigte sich darauf, dass in der Fleischtheke ein Block nur für die Waren der Metzgerei Unger reserviert ist und ein Metzgermeister von Unger die Kunden an der Fleischtheke bedient.
"So sind die Sortimentspflege und die authentische Beratung sichergestellt", sagt Karaaslan. Am Anfang hat Unger ein halbes Jahr selbst mitgearbeitet, um zu sehen, wie es läuft. Mittlerweile hat sich die Zusammenarbeit gut eingespielt, Bestellungen stimmt Ungers Mitarbeiter mit Karaaslans Abteilungsleiter ab.
"Es war schon länger mein Ziel, in einen Supermarkt zu kommen. Denn es gibt immer mehr davon, aber man kommt als Metzger da nicht so ohne Weiteres rein", berichtet Unger. Für ihn ist die Kooperation mit Karaaslan deshalb eine Art Kompensation für das Geschäft, das durch die zunehmende Zahl an Supermärkten in seinen sechs Verkaufsstellen wegfalle.
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"Der Supermarkt ist kein Feind mehr, sondern ein Freund", bringt es der gelernte Metzgermeister und Betriebswirt auf den Punkt. Denn für ihn bedeutet die Kooperation wenig Risiko, er liefert in festgelegten Mengen. Auch für Karaaslan lohnt es sich: "Mir geht es um die Zufriedenheit meiner Kunden. Und ich habe durch die Kooperation ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber den Wettbewerbern."
Der Kaufmann hat eine klare Philosophie: "Produkte, die vor Ort hergestellt werden, müssen auch vor Ort verkauft werden." Das sei durch die kurzen Transportwege nachhaltig und umweltfreundlich. Deshalb arbeite er mit regionalen Obst- und Gemüsebauern ebenso zusammen wie mit lokalen Getränkeherstellern, Imkern und eben auch mit Metzgereien aus Heidelberg. Unger schlachtet in Kleingemünd noch selbst, die von ihm verarbeiteten Lämmer kommen aus Lobenfeld, die Rinder aus Meckesheim und die Schweine aus Guttenbach.
"Ich bevorzuge regional produzierte Produkte gegenüber Bioprodukten", erklärt Karaaslan. Auch Unger verfolgt diese Philosophie: "Kurze Wege sind doch besser als Biofleisch aus Polen." Und die Kunden denken offenbar genauso: "In allen meinen Filialen fragen die Kunden nach regionalen Produkten. Die werden ganz gezielt eingekauft", berichtet Karaaslan.
Als der Rewe-Kaufmann die Kooperation umsetzte, war er Vorreiter innerhalb der Rewe-Gruppe. 2018 stellte er beim Deutschen Fleischkongress in Bonn sein Konzept dem Fachpublikum vor. "Für die inhabergeführten Metzgereien wird es ja immer schwieriger: Entweder es fehlt der Nachfolger, oder sie können bei den Preisen des Handels nicht mithalten, die internen Kontrollen und Zertifizierungen sind aufwendiger geworden, und es fehlt ihnen an Fachkräften", bilanziert Karaaslan.
Bislang habe das Handwerk aber immer nur den Fokus auf die fehlenden Fachkräfte gelegt, nicht aber auf alternative Vertriebswege: "Metzgereien müssen versuchen, im Handel Fuß zu fassen. Nur so haben sie langfristig die Chance zu überleben", glaubt Karaaslan. Gerade plant der Kaufmann einen neuen Markt in Mannheim-Käfertal: "Wenn sich die Gelegenheit bietet, bin ich auch dort bereit, mit einem Metzger zu kooperieren. Aber dafür braucht es den richtigen Partner."



