Zahl der Bäcker und Metzger in der Region sinkt kontinuierlich
Zudem fehlt es an Lehrlingen - Doch es gibt auch positive Beispiele

Auch diese Charmeoffensive des Deutschen Fleischerverbands kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Metzgereien nach Fachkräften suchen. Foto: Deutscher Fleischerverband
Von Carsten Blaue und Stefan Hagen
Mannheim. Es ist ein Dilemma. Einerseits gibt es immer weniger Metzgereien und Bäckereien im Bezirk der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar Odenwald. Andererseits suchen die Betriebe, die es noch gibt, händeringend nach Lehrlingen. Und finden keine. "Dieser Trend ist nicht mehr umkehrbar", sagt Kammersprecher Detlev Michalke im Gespräch mit der RNZ.
Und auch die Zahl der Bäcker und Metzger sinke kontinuierlich. "Wenn auch nicht mehr ganz so stark", so Michalke. Die Kammer sowie die Fachverbände tun, was sie können, um hier zu helfen. Doch am Ende sind es die Kunden, die mit ihrem Einkauf entscheiden, wer überlebt und wer nicht. Ein Aspekt, der Michalke zumindest etwas Hoffnung macht.
"Die Kunden haben heute mehr Geld in der Tasche und sie leisten sich etwas. Qualität hat ihren Preis, und der wird inzwischen auch wieder bezahlt", sagt er. Daher würden die Discounter auch Kunden verlieren. Gleichwohl sinkt die Zahl der Bäcker und Metzger im Kammerbezirk seit 1995 kontinuierlich. Michalke hat die Statistik, die das belegt. Gab es vor 24 Jahren noch 364 Betriebe im Bäckerhandwerk, so waren es zum Stichtag 1. Januar 2019 gerade noch 126 - ein Rückgang um zwei Drittel. Bei den Metzgereien ist das Minus auch schlimm, aber nicht ganz so drastisch. 423 gab es im Kammerbezirk im Jahr 1995, Anfang dieses Jahres waren es 222, also knapp die Hälfte weniger.
Wer überleben wolle, so Michalke, müsse seine Nische finden. Und das Glück haben, dass das Bewusstsein für familiäre Tradition groß ist. Damit der Betrieb in die nächste Generation geführt werden kann. Ihm fällt da spontan die Waibstadter Metzgerei Baumeister ein. 1897 gründeten Maria und Karl Baumeister das Gasthaus "Pfalz" mit Metzgerei in Neidenstein. 1965 zog der Betrieb endgültig nach Waibstadt um. Inzwischen führen ihn Ingrid und Matthias Baumeister mit drei ihrer Kinder in vierter, beziehungsweise fünfter Generation. Schweine und Färsen schlachten sie selbst, kennen ihre Lieferanten, produzieren für die Kunden verlässlich.
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Sicher ist es das, was sie hält. Vielleicht ist es auch die Freude am eigenen Tun, die Leonie Baumeister neben dem familiären Zusammenhalt hervorhebt. Aber: Auch sie sucht. Eine Lehrstelle im Verkauf ist frei und kann nicht besetzt werden. "Das verstehe ich gar nicht. Es macht doch so viel Spaß", sagt Leonie Baumeister.
Bei den Bäckern sticht für Michalke Peter Kapp aus Edingen-Neckarhausen heraus. Im besten Sinne ein Brotverrückter, ein Künstler am Ofen, der sich nationalen Rang erarbeitet hat und voller Ideen für neue Kreationen steckt. Die Kunden stehen Schlange. "Allerdings entsprechen die Arbeitszeiten bei den Bäckern nicht gerade dem Mainstream", sagt Michalke. Und nicht jeder Nachwuchsmetzger kann sich heute noch vorstellen, selber zu schlachten. "Arbeitserleichterung" ist das Stichwort des Kammersprechers.
Wer heute Lehrlinge wolle, müsse an dieses Thema heran - und zwar branchenübergreifend. Oder man schert aus dem üblichen Trott aus, wie Sebastian Däuwel. Er führt in Speyer die Bäckerei "Die Brotpuristen". Den Traum vom eigenen Geschäft wollte sich der Quereinsteiger erfüllen. Aber: "Niemand hat Bock auf Nachtarbeit", wie er mal sagte. Also backt er vormittags und verkauft nachmittags von 15.30 bis 18 Uhr. Das Konzept geht auf.
Vielleicht ist auch das eine Anregung, die die Handwerkskammer den Jugendlichen geben kann. Sie geht in die Schulen, um den Nachwuchs für ihre Berufe zu begeistern. Und sie macht junge Lehrlinge zu "Ausbildungsbotschaftern", weil sie die Sprache der Schüler noch sprechen. Auch die Fachverbände würden nicht müde, die Werbetrommel zu rühren. Und doch gibt es so viele freie Lehrstellen.
Im Jargon der Agentur für Arbeit Heidelberg sind Bäcker und Metzger daher "Mangelberufe". "Das heißt, die Arbeitgeber haben es schwer, Auszubildende beziehungsweise Fachkräfte zu finden", erläutert Agentursprecher Andreas Kapp. Dieses Problem schlägt sich auch in der Statistik nieder.
Im Bereich der Lebensmittel- und Genussmittelherstellung - darunter fallen vor allem Bäcker und Metzger - waren von September 2018 bis März 2019 im Bereich der Heidelberger Arbeitsagentur insgesamt 69 Ausbildungsstellen zu besetzen. Allerdings gab es dafür im gleichen Zeitraum lediglich 24 Bewerber. Man muss also kein Prophet sein, um zu erkennen, dass bis zum Ende des Berichtsjahres am 31. August ein Großteil der Ausbildungsstellen unbesetzt bleiben wird.
Bei der Arbeitsagentur wirft man trotz dieser wenig erfreulichen Zahlen die Flinte nicht ins Korn, wie Kapp betont. Ab September starte man zusammen mit der Bäcker-Innung ein Projekt, in dessen Rahmen gezielt nach Lebensmittelfachverkäufern gesucht werde. "Auch Quereinsteiger sind willkommen", sagt Kapp. Die Aussichten, bei einem Arbeitgeber unterkommen, seien glänzend.



