Heidelberger Gemeinderat

Drinnen Harmonie, draußen Protest

Die neuen Mandatsträger wurden vereidigt - Ab Oktober müssen sie sich wieder mit schwierigen Themen befassen

23.07.2019 UPDATE: 24.07.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 37 Sekunden

17 neue Mitglieder hat der Gemeinderat seit gestern, die meisten davon in der Grünen-Fraktion. Den Eid, dass sie stets zum Wohle der Stadt handeln, gaben aber natürlich auch die 31 "alten" Stadträte wieder ab. Foto: Rothe

Von Denis Schnur

Heidelberg. So harmonisch wie ist es in Gemeinderatssitzungen selten: Oberbürgermeister Eckart Würzner hatte für die Stadträte aller Parteien nur warme Worte übrig - und auch fraktionsübergreifend zollten sich die neuen und alten Mitglieder Respekt. Das kam daher, dass am Dienstag lediglich die "Stabübergabe" vom alten zum neu gewählten Gremium stattfand. Streitthemen, wie etwa der künftige Standort für den RNV-Betriebshof, standen noch nicht auf der Tagesordnung.

Deshalb konnte Würzner auch entspannt auf die letzten Jahre zurückblicken, die meist von weniger Harmonie geprägt waren: "Wir haben viel gestritten. Meist sachlich, aber auch manchmal hitzig", so das Stadtoberhaupt. Er betonte aber auch: "Über 90 Prozent aller Entscheidungen haben wir einstimmig gefällt. Das ist viel mehr Konsens als das, was in der Öffentlichkeit meist wahrgenommen wird."

Nach insgesamt 29,5 Jahren im Gemeinderat hielt Irmtraud Spinnler ihre Abschiedsrede. Foto: Rothe

Und wie sehr Gemeinderäte in ihrem Ehrenamt zusammenwachsen können, zeigte sich beim Abschied einiger Mitglieder - vor allem bei SPD-Rätin Irmtraud Spinnler, insgesamt 29,5 Jahre Gemeinderatsmitglied. In ihrer Rede blickte die 74-Jährige auf ihre Zeit in dem Gremium zurück, dem sie mit Unterbrechung seit 1980 angehört, auf die schwierige Anfangszeit, als sie als Rätin der "Grünen Liste" regelmäßig mit Oberbürgermeister Reinhold Zundel aneinandergeriet. Grüne und SPD konnten damals ohnehin kaum mitentscheiden: "Bei den damaligen klaren Mehrheitsverhältnissen wurde selten diskutiert", erinnerte sie sich.

Heute sind nicht nur die Mehrheitsverhältnisse anders, auch die Debattenkultur. Selbst die neue Grünen-Fraktion, die künftig 16 von 48 Räten stellt, kann nichts alleine entscheiden. Damit das Gremium Entscheidungen fällen kann, müssen die insgesamt zwölf Gruppierungen zusammenarbeiten.

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Zumindest am Dienstag schienen alle dazu bereit. Als Spinnler verabschiedet wurde, gab es minutenlangen Applaus und stehende Ovationen von allen Stadtratskollegen. Ob es im Gemeinderat in Zukunft ebenfalls so friedlich zugeht, lässt sich jedoch noch nicht sagen. Würzner jedenfalls bat die neuen Räte, sich an das "Fair Play" zu halten.

"Wir müssen Vorbild sein. Wir wollen keinen Hass und keine diffusen Ängste schüren", so der OB. Eine erste Bewährungsprobe wird es im Oktober geben, wenn tatsächlich der Betriebshofstandort diskutiert wird.

Ort des Geschehens

Aktivisten stellten sich auf dem Marktplatz tot. So wollten sie den Gemeinderat zu mehr Klimaschutz-Engagement drängen. Foto: Rothe

Dass das Thema noch immer polarisiert, zeigte die Protestaktion, die am Dienstagnachmittag vor der Sitzung vor dem Rathaus stattfand: Rund 40 vor allem junge Menschen simulierten dort ihren eigenen Tod, um auf die Klimakrise hinzuweisen. Dazu hatten sich Mitstreiter der Klimaschutzbewegung Extinction Rebellion, von "Fridays for Future" und vom Bündnis Großer Ochsenkopf zusammengefunden. "Wir fordern, dass der Klimaschutz für den neuen Gemeinderat immer oberste Priorität hat", erklärte eine junge Frau und kündigte an: "Wir werden euch an euren Taten messen."

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