Heidelberg

Laut Kriminalstatistik ist die Alte Brücke kein Brennpunkt mehr

Die Straftaten sind wieder fast auf Vor-Corona-Niveau. Die Lage in der Altstadt und am Neckar ist entspannt, dafür gibt es nun einen Hotspot in der Kurfürsten-Anlage.

30.03.2023 UPDATE: 30.03.2023 06:00 Uhr 3 Minuten, 51 Sekunden
Jugendliche schlendern im Juni 2022 gemütlich über die Alte Brücke in Richtung Altstadt. Dort, wo sich ein Jahr zuvor noch Hunderte bis Tausende Feierwütige trafen, hat sich die Situation längst entspannt. Foto: Philipp Rothe

Von Holger Buchwald

Heidelberg. Statistisch gesehen hat die Kriminalität in Heidelberg noch nicht das Niveau der Vor-Corona-Jahre erreicht. Und doch ist in den Augen von Uwe Schrötel, Leiter des Polizeireviers Mitte, wieder Normalität eingekehrt. Als er nun im Gespräch mit der RNZ die aktuellen Zahlen interpretierte, berichtete er, dass sich die Situation an der Alten Brücke und auf der Neckarwiese deutlich entspannt habe, während ihm die Zunahme der Gewaltkriminalität Sorgen bereite.

Ein besonderes Augenmerk haben Polizei und Stadt seit geraumer Zeit auf den Park zwischen der nördlichen und südlichen Kurfürsten-Anlage, an der Haltestelle Stadtwerke (siehe unten). Ein neu eingerichteter Arbeitskreis, an dem verschiedene Ämter und die Ordnungshüter beteiligt sind, hat schon zwei Mal getagt.

Insgesamt verzeichnete die Polizei im Heidelberger Stadtgebiet im letzten Jahr 12.750 Straftaten. Im Vergleich zu 2021 sind das zwar 1631 mehr. Es sind aber immer noch 1869 weniger als im letzten Vor-Corona-Jahr 2019. Schrötel macht allerdings die coronabedingten Einschränkungen, die es im Januar und Februar 2022 immer noch gab, für die recht gute Zahl verantwortlich. "In den ersten beiden Monaten gab es daher praktisch keine Taschendiebstähle und Straßenkriminalität. Es fehlt somit ein Sechstel der Massendelikte", so Schrötel.

Belegen kann dies der Revierleiter mit den Diebstählen: 2022 waren es 4879, drei Jahre zuvor noch 4940. Die Gewaltkriminalität, also alle Formen von Körperverletzungen und Raubdelikten, nahmen entgegen dem Trend im Vergleich zu 2019 aber sogar wieder um fast 30 Prozent zu. 490 Fälle verzeichnete die Polizei im vergangenen Jahr in Heidelberg. Eine Erklärung für diese bedauerliche Entwicklung hat Schrötel nicht: "Vielleicht liegt es an der mangelnden Konfliktfähigkeit." Für das laufende Jahr prognostiziert er einen weiteren Anstieg.

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Während die Gesamtzahlen für Heidelberg in diesem Kriminalitätsfeld steigen, sei die Altstadt aber seit 2018 sicherer geworden, so Schrötel. Dank der Sicherheitspartnerschaft von Stadt und Land gebe es inzwischen viel mehr Polizei, die abends in den Gassen unterwegs ist. "Wir haben jede Woche zehn bis zwölf Einsatzgruppen mit jeweils acht Beamten von der Bereitschaftspolizei zusätzlich zur Verfügung", so der Revierleiter.

Da die Kräfte der Sicherheitspartnerschaft nur von Donnerstag- bis Samstagnacht eingesetzt werden, bedeutet das in den Abend- und Nachtstunden am verlängerten Wochenende eine Verdoppelung des polizeilichen Personals.

"Wir können dadurch meist sehr schnell intervenieren. Es gibt praktisch keine Massenschlägereien und Tumulte mehr in der Altstadt." Sehr hilfreich sei auch, dass die Stadt konsequent dreimonatige Aufenthaltsverbote für die Altstadt verhänge – für Personen, die unter Alkoholeinfluss gewalttätig geworden sind.

Rund 50 Mal sei davon im letzten Jahr Gebrauch gemacht worden. "So etwas spricht sich im Freundeskreis der Täter immer schnell herum und schreckt andere ab", ist Schrötel überzeugt. Wer gegen das Aufenthaltsverbot verstößt und erwischt wird, muss mit einem empfindlichen Zwangs- und Bußgeld rechnen.

Stark beruhigt habe sich die Lage an der Alten Brücke und auf der Neckarwiese. "Die Brücke wird seit dem Sommer 2021 von uns intensiv überwacht", so Schrötel. Anfang 2022 habe es noch ein paar Mal größere Ansammlungen dort gegeben, die Polizei musste einige Platzverweise erteilen. Mit der Öffnung der Gastronomie gibt es aber für die Leute keinen Grund mehr, sich ausgerechnet dort zu treffen.

Ähnliches kann der Revierleiter von der Neckarwiese berichten. "2021 mussten wir dort abends manchmal mit Hundertschaften aufmarschieren, im letzten Jahr waren 30 Beamte das Maximum." Klar werde dort immer noch gefeiert, es sei jetzt aber das "Wohnzimmer der Heidelberger" und ziehe nicht mehr Feierwütige von Worms bis Karlsruhe an. Die neue Neckarvorlandsatzung mit dem Musikboxen-Verbot und der Einsatz der "Night Coaches" habe die Lage zusätzlich beruhigt.

Nicht so in der Kurfürsten-Anlage: An der Haltestelle Stadtwerke treffen laut Schrötel Wohnsitzlose, die Trinkerszene und Flüchtlinge, die mit dem Shuttlebus von Patrick-Henry-Village ins Heidelberger Zentrum kommen, aufeinander. "Das Problem ist, dass diese drei Gruppen sich meist nicht Grün sind." Häufige Körperverletzungsdelikte seien die Folge. "Wir werden regelmäßig dorthin gerufen."

Dass dort, wie von Anwohner befürchtet, auch mit Drogen gehandelt werde, kann Schrötel allerdings nicht bestätigen: "Es gibt dort viel Konsum, aber keinen Handel." Einige Probleme auf der Grünfläche mit benachbartem Supermarkt ließen sich in den Augen des Revierleiters schon mit einer besseren Beleuchtung und besseren Einsehbarkeit des Areals lösen.


Wer will, kann hier bis Sonntag seine Anregungen zum Park abgeben. Foto: Rothe

Wohlfühlort statt Angstraum - Ideen für Grünfläche in der Kurfürsten-Anlage gesucht

Heidelberg. (hob) Nächtliche Konflikte gab es immer mal wieder auf der Grünfläche an der Haltestelle Stadtwerke in der Kurfürsten-Anlage, zwischen Hauptbahnhof und Römerkreis. Doch inzwischen haben diese nicht nur für viele Anwohner, sondern auch in den Augen der Heidelberger Polizei eine neue Qualität erreicht. Die Arbeitsgruppe Park, an der Streetworker, Polizei und Vertreter städtischer Ämter beteiligt sind, möchte das Problem nun konstruktiv angehen. Inzwischen ist auch der Verein gegen Müdigkeit mit von der Partie. Anwohner wie Nutzer der Grünfläche können noch bis Sonntag, 2. April, täglich von 14 bis 18 Uhr bei einem "Radiowagen" auf Höhe der Stadtwerke ihre Anregungen, Wünsche und Bedürfnisse äußern.

Die Fläche hat in den Augen des Vereins viel Potenzial. Tagsüber sitzen bei gutem Wetter Schulkinder auf großen Steinen. Etwas weiter vorne warten geflüchtete Menschen auch mal länger auf den Shuttle-Bus zum Ankunftszentrum in Patrick-Henry-Village. Doch Bänke oder ein Dach als Wetterschutz gibt es nicht. "Hier könnte ein Park entstehen, der durch Spiel, Sport und Kultur immer wieder neu erfunden wird, aber auch Raum für bisherige Nutzungen erhält und die Infrastruktur verbessert", sagt Shooresh Fezoni, Vorstand des Vereins.

Das "Mobile Community-Radio" eröffnet den Dialog über die Parkflächen. Wie sehen Nutzer und die Nachbarschaft den Park? Welche Bedürfnisse und Wünsche verbinden sie damit? Welche Konflikte gibt es und was sind Ansätze, sie zu lösen? Was plant die Stadtverwaltung auf den Flächen? All das kann man an dem aufgestellten Radiowagen diskutieren. Höhepunkt und Abschluss des Programms bildet eine Live-Show am Sonntag, 2. April, um 14 Uhr. Geplant ist eine Gesprächsrunde mit Stimmen von Nutzern, der Nachbarschaft und aus der AG Park. Mit dabei: Spiele für Groß und Klein, Musik und warme Getränke. Übertragen wird das Programm beim freien Sender Bermudafunk und auf der Webseite www.gegenmuedigkeit.org/radioimpark.

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