Lage auf der Neckarwiese hat sich entspannt
Es gab weniger Beschwerden und Ordnungswidrigkeiten, so die Bilanz der Nachtbürgermeister. Das Konzept von Stadt, KOD und Polizei sei aufgegangen.

Von Jonas Labrenz
Heidelberg. Auf der Neckarwiese war es dieses Jahr ruhiger und sicherer als noch 2021. Dieses Fazit zog Nachtbürgermeister Jimmy Kneipp am Donnerstagabend im Bezirksbeirat Neuenheim: "Es gibt weniger Beschwerden und weniger Ordnungswidrigkeiten." Mit dieser Bilanz erntete er sowohl von den Mitgliedern des Gremiums als auch vom Ordnungsamt Zustimmung.
2021 hatten die Ausschreitung an Pfingsten, als betrunkene Jugendliche ein Corona-Testzentrum und eine Schaustellerbude zerstörten, stadtweit für Entsetzen gesorgt. Sogar die Polizei zog sich angesichts des Mobs zeitweise zurück, um sich neu zu gruppieren. Ein Alkohol- und ein nächtliches Aufenthaltsverbot waren die Folge.

Seit 17. Juli dieses Jahres patrouillieren nun erstmals auch Zivilisten auf der Neckarwiese: Neun sogenannte Night-Coaches sind jeden Freitag, Samstag und Sonntag in Dreierteams auf der Wiese unterwegs, um Störer und potenzielle Unruhestifter anzusprechen. Sie weisen die Feiernden darauf hin, dass sie ihren Alkoholkonsum mäßigen sollten, die Anwohner ihre Nachtruhe brauchen und dass es Mülleimer und ausgewiesene Grillstellen gibt – "Dinge, die jeder schon mal gehört hat", so Nachtbürgermeister Kneipp. Erst wenn das nicht helfe, werde der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) oder die Polizei dazu gerufen.
Allein verantwortlich für die ruhigere Lage seien die "Night Coaches" von Heidelberg Marketing aber nicht. Gerade im letzten Jahr habe auch die Corona-Pandemie sich ausgewirkt: Weil im Winter 2020/2021 viele junge Leute in den eigenen vier Wänden bleiben mussten, war das Bedürfnis draußen zu feiern, im Sommer danach riesig. "Der Drang, nach draußen zu gehen, ist dann größer", so Kneipp.
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Nun stehen wieder Herbst und Winter vor der Tür, so dass die "Night Coaches" noch bis Ende September auf der Neckarwiese unterwegs sein werden und sich dann eher auf die Altstadt konzentrieren, erklärte Nachtbürgermeister Kneipp. Er wünsche sich aber, dass die "Night Coaches" auch nächstes Jahr wieder auf die Neckarwiese gehen können: "Das ist natürlich auch eine Geldfrage." Die Gremien müssten diesen Posten also im Haushalt berücksichtigen.
"Das ist gut investiertes Geld", bilanzierte Grünen-Bezirksbeirätin Frauke Isenberg. Sie hatte beantragt, dass die Nachtbürgermeister im Bezirksbeirat über die Situation berichten. Sie selbst wohnt nicht nahe der Neckarwiese, kenne die Situation aber durch Erzählungen ihrer Kinder. Zudem habe sie sehr viele Briefe zum Thema bekommen. Viele seien konstruktiv gewesen, "ich bin aber auch beschimpft worden", so Isenberg.
Eine Anwohnergruppe finde die Situation immer noch unerträglich. Diese habe behauptet, was Polizei und KOD von den Verhältnissen auf der Neckarwiese berichteten, stimme nicht – ebenso wie das, was in der Zeitung stehe.
Bezirksbeirat Sebastian Klassen (SPD) konnte als Uferstraßenanwohner direkt berichten: "Es ist deutlich besser geworden." So trieben auch weniger Auto-Poster ihr Unwesen: Insbesondere die Kontrollen am Neuenheimer Marktplatz hätten sich aus seiner Sicht sehr positiv für die Anwohner ausgewirkt.
"Ihre Arbeit hat auch beim KOD für Erleichterung gesorgt", berichtete KOD-Chef Michael Blum über die "Night Coaches". Zweimal die Woche tausche man sich aus – und auch beim letzten Schultag seien die "Night Coaches" außerplanmäßig dabei gewesen.
Denn schon an normalen Wochenenden sind die jungen Männer und Frauen viel unterwegs. Rund 15 bis 20 Kilometer legen sie an jedem Abend zurück, berichtete Blum. Jedes Dreier-Team führt pro Schicht – sie sind jeweils von 17 bis 1 Uhr nachts unterwegs – rund 80 Gespräche. Insgesamt sind die "Night Coaches" also schon rund 5000 Mal auf Feiernde zugegangen.
"Wir werden dieses Erfolgsmodell fortsetzen", versprach dann auch CDU-Stadtrat Matthias Kutsch noch in der Bezirksbeiratssitzung. "Wir sind die jüngste Stadt Deutschlands und wir brauchen eine Politik, die dem gerecht wird."