In Sachen Kriminalität wieder alles auf Vor-Corona-Niveau
Mangels Tatgelegenheiten ging die Gesamtkriminalität im Jahr 2021 deutlich zurück. Dafür gab es Randale auf der Neckarwiese.

Von Holger Buchwald
Heidelberg. Die Heidelberger Polizei rechnet nicht damit, dass sich die Pfingstrandale auf der Neckarwiese so schnell wiederholen werden. Denn so langsam normalisiere sich die Situation wieder, auch die Einsatzlage entspreche wieder weitgehend dem Vor-Corona-Niveau.
"Das Jahr 2021 lässt sich mit einem Wort überschreiben: Corona", sagte Uwe Schrötel, Leiter des Polizeireviers Mitte, als er jetzt im Gespräch mit der RNZ die Kriminalitätsstatistik des vergangenen Jahres für Heidelberg interpretierte. Die Straftaten im Stadtgebiet gingen zwar um 18,5 Prozent und um 2518 auf 11.119 Fälle zurück. Doch diese an sich erfreuliche Entwicklung führt Schrötel einzig auf die Pandemie und den monatelangen Lockdown zurück. Der Polizeidirektor verdeutlicht dies mit den Ladendiebstählen. Bei diesem Massendelikt gab es im vergangenen Jahr einen Rückgang um 21,9 Prozent. "Ist der Zugang zu den Geschäften begrenzt, gibt es natürlich auch weniger Fälle", so Schrötel. Da es auch nur einen verkürzten Weihnachtsmarkt gab, der "Heidelberger Herbst" gar ganz abgesagt wurde und die Leute überdies mehr Abstand hielten, nahmen auch die Taschendiebstähle ab.
Alle Diebstahlarten zusammen genommen gab es 3495 Fälle, 773 weniger als im Vorjahr. Auch was die Rohheitsdelikte wie Raub und Körperverletzungen angeht, vermeldet die Polizei einen signifikanten Rückgang um acht Prozent. "Da es weniger Ansammlungen von Menschen gab und dadurch auch weniger Alkoholexzesse, gab es weniger Tatgelegenheiten", so Schrötel. Er sagt aber auch: "Das wird wieder anders. Das erleben wir jetzt schon."
Die Pfingstrandale auf der Neckarwiese, bei denen Horden von jungen Männern Polizisten attackierten sowie ein Testzentrum und zwei Schaustellerbuden demolierten, sind für Schrötel ebenfalls auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. "So etwas gab es nicht nur in Heidelberg, sondern auch in Stuttgart, Heilbronn, Freiburg und Pforzheim." Nach einem monatelangen Lockdown mit Beschränkungen entlud sich die Gewalt in nur einer Nacht. Jugendliche von Karlsruhe bis Worms strömten nach Heidelberg, um zunächst zu feiern und sich dann auszutoben. Als die Wiese wegen einiger Diebstähle und Schlägereien geräumt werden sollte, kam es zu den Ausschreitungen. Schrötel: "Damit hatte ich nicht gerechnet, dass die Leute sich so ein Ventil suchen."
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Um die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrechtzuerhalten, wurde im Juni 2021 die "Besondere Aufbauorganisation Brennpunkte Sommer 2021" beim Polizeipräsidium Mannheim eingerichtet – die sich allerdings nicht allein auf Heidelberg beschränkte, sondern auch Mannheim in den Blick nahm. Insgesamt 1842 zusätzliche Polizeikräfte waren im Einsatz, wobei die 1579 vom Präsidium Mannheim gestellten Einsatzkräfte von weiteren 263 Beamten des Präsidiums Einsatz unterstützt wurden. So gelang es unter anderem, das von der Stadt verhängte abendliche Aufenthaltsverbot auf der Neckarwiese durchzusetzen.
"Die Clubs sind wieder geöffnet, für Jugendliche gibt es das Feierbad", sagt Schrötel. Und daher hofft er, dass sich die Ereignisse von 2021 in diesem Jahr nicht wiederholen werden. "Wir werden aber die Situation wachsam beobachten und haben Konzepte in der Schublade, um auf alles Mögliche zu reagieren."
Die Sicherheitspartnerschaft von Stadt und Land läuft zudem weiter. Die Heidelberger Polizeikräfte werden vom Kommunalen Ordnungsdienst und von der Bereitschaftspolizei – unter anderem mit der Fahrrad- und Reiterstaffel – unterstützt. Schrötel hofft auch, dass die Achtsamkeitskampagne der Nachtbürgermeister für die Altstadt Erfolge zeigt. Schrötel könnte sich aber auch zeitliche begrenzte Aufenthalts- und Alkoholkonsumverbote für öffentliche Plätze vorstellen, sollte es wieder zu Massenansammlungen wie an der Alten Brücke kommen.
Trotz der beginnenden warmen Jahreszeit gäbe es aktuell keine solchen Einsatzlagen. "Es ist wieder alles recht normal. Wir haben regelmäßig viel zu tun in der östlichen Altstadt – in der Unteren Straße und der Kettengasse." Das sei aber nicht überbordend, einfach der normale, traurige Alltag, wenn Betrunkene abends zusammentreffen.
Und auch in einem anderen Punkt entspannt sich die Lage wieder etwas für die Heidelberger Polizei. Die Spaziergänge und Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen haben in den letzten Wochen immer mehr an Bedeutung verloren. Schrötel; "Das läuft so langsam aus." Und das kann er nur begrüßen, denn so viele Demonstrationen wie in den ersten drei Monaten dieses Jahres hat er noch nie erlebt. Und all das binde die Kräfte der Polizei.