90 neue Obstbäume für die Stadt
Städtische Streuobstwiesen werden bepflanzt - Schritt zur Erhaltung der Obstbaumbestände - Äpfel, Birnen, Zwetschgen und mehr

Heidelberg. (RNZ) Werden Bäume gefällt, steht die Stadt schnell in der Kritik: Erst kürzlich meldeten sich zahlreiche Leserinnen und Leser bei der RNZ, weil für einen Neubau an der Klinik Sankt Elisabeth alte Platanen weichen mussten. Und auch ganz aktuell gibt es wieder Aufregung: Im Handschuhsheimer Mühltal sollen Hunderte Bäume gefällt werden, weil sie durch Krankheit und Schädlinge befallen seien und somit der Waldbesuch nicht mehr sicher sei.
Dass auch neue Bäume im Stadtgebiet gepflanzt werden, fällt bei all diesen Nachrichten häufig unter den Tisch. Jetzt ist dies aber tatsächlich der Fall – und zwar in einem groß angelegten Projekt. 90 neue Bäume zum Erhalt und zur Entwicklung der wertvollen städtischen Streuobstbestände und im Sinne des Heidelberger Klimaschutzaktionsplanes werden derzeit am Kohlhof, am Bierhelderhof und am Speyererhof angepflanzt. Verantwortlich dafür ist das Amt für Umweltschutz, Gewerbeaufsicht und Energie. Es pflanzt etwa Apfel- und Mostbirnbäume sowie einige Kirsch-, Zwetschgen- und Walnussbäume. Der Naturpark Neckartal-Odenwald fördert die Anpflanzung, rund ein Drittel der Kosten trägt die Stadt.
Um der Überalterung der Streuobstbestände entgegenzuwirken, müssen – neben einer kontinuierlichen Pflege des Bestandes – vor allem Obstbäume in ausreichender Zahl nachgepflanzt werden. Damit erzielt man eine gemischte Altersstruktur im Baumbestand und stellt den Erhalt der Streuobstbestände als landschaftsprägendes Element mit hohem ökologischen Wert und hohem Erholungswert sicher. Neben regionaltypischen und robusten Apfelsorten wie "Neckartaler", "Bohnapfel" und "Hauxapfel" werden auch Mostbirnbäume, darunter die Sorte "Nußlocher Kotäckerle", sowie einige Kirsch-, Zwetschgen- und Walnussbäume angepflanzt.
Allen Bäumen ist gemeinsam, dass es sich um sogenannte Hochstämme handelt. Sie weisen einen sogenannten Kronenansatz in mindestens 1,80 Meter Höhe auf. Dadurch kann der Platz unter den Bäumen genutzt werden. Denn die städtischen Streuobstflächen am Kohlhof, Bierhelderhof und Speyererhof sind von der Stadt zur landwirtschaftlichen Nutzung als Wiese und Rinderweide verpachtet. Daher werden die Bäume auch nicht zu dicht gepflanzt und der Flächenbewirtschafter – der Landwirtschaftsbetrieb Schumacher, Bierhelderhof – wird in die Planung einbezogen.
Um die neu gepflanzten Obstbäume gegen Verbiss und vor dem Spieltrieb der Weidetiere zu schützen, werden sie mit einem massiven Holzverbau umgeben. Die größte Herausforderung ist aber, das Anwachsen der Bäume sicherzustellen. Das wird mit den zunehmenden Trocken- und Hitzeperioden im Frühjahr und Sommer immer schwieriger. Die Stadt muss außerdem die dauerhafte Pflege in Form von regelmäßigen Schnittarbeiten im Auge behalten. Das verursacht erhebliche Kosten für die Stadt.
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Auf den städtischen Streuobstwiesen auf dem Kohlhof, Bierhelderhof, Speyererhof und Boschwiese sind im Jahr 2016 auf einer Gesamtfläche von circa 38 Hektar rund 880 Obstbäume erfasst worden. Weitere städtische Streuobstwiesen gibt es in Rohrbach, Handschuhsheim, Neuenheim, Kirchheim und Ziegelhausen. Das Obst wird teils von Pächtern und Schulklassen verwendet, teils für die Apfelsaftproduktion genutzt. Außerdem dient es im Winter der Tierwelt als Futter, insbesondere Vögeln und Igeln.
Mit der Änderung des Naturschutzgesetzes vom Juli 2020 wurden die Streuobstbestände in Baden-Württemberg unabhängig von einem eventuellen Schutzgebietsstatus erstmals rechtlich gesichert. Alle Streuobstbestände mit einer Fläche von 1500 Quadratmetern und mehr sind grundsätzlich zu erhalten. Der Umwandlung solcher Streuobstbestände sind rechtlich enge Grenzen gesetzt. Sie bedarf in jedem Fall einer behördlichen Genehmigung. Maßnahmen der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung und Nutzung sowie Pflegemaßnahmen sind keine Umwandlung und daher erlaubt.