Heidelberger Uniklinik stellt Strafanzeige gegen Unbekannt (Update)
Klinikum sieht "Anzeichen eines unlauteren Vorgehens" – Staatsanwaltschaft prüft nun Anfangsverdacht

Im Zentrum der Brustkrebstest-Affäre: die Frauenklinik des Universitätsklinikums. Foto: Alex
Heidelberg. (mare/rie) Die Heidelberger Uniklinik stellt bei der Heidelberger Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen Unbekannt. Das teilt das Klinikum am Freitag mit. Es ist ein erster Schritt im Zuge der Aufarbeitung der Geschehnisse um den Bluttest zur Brustkrebsdiagnose, der am 21. Februar vorgestellt worden war.
Die Uniklinik sehe sich "aufgrund der Anzeichen eines unlauteren Vorgehens bei der Entwicklung und Ankündigung des potentiellen Bluttests zur Brustkrebsdiagnostik" zu diesem Schritt veranlasst. Die Entscheidung über die Aufnahme von Ermittlungen obliegt nun der Staatsanwaltschaft.
Hintergrund
Was dem Uniklinikum vorgeworfen wird
> Das
Was dem Uniklinikum vorgeworfen wird
> Das PR-Desaster: Mit einer Pressemitteilung fing alles an: Am 21. Februar 2019 gab das Uniklinikum eine Meldung an die Medien, in der von einem "revolutionären" Bluttest zur Entdeckung von Brustkrebs die Rede war. Und der sei auch schon "marktfähig". Sieben Fachverbände und zahlreiche Wissenschaftler liefen Sturm: Sie kritisierten die PR als unverantwortlich, der Test sei definitiv nicht marktfähig. Und ob er die vollmundigen Versprechungen halten werde, sei mehr als fraglich. Schließlich könne die Details niemand überprüfen - denn eine wissenschaftliche Veröffentlichung gibt es noch nicht, die zugrunde liegende Studie ist noch nicht einmal abgeschlossen.
> Das verschwiegene China-Geschäft: Eine Ausgründung des Universitätsklinikums soll den Bluttest vermarkten, die Heiscreen GmbH. So viel machte das Uniklinikum auch öffentlich. Dabei verschwieg es aber, dass eine zweite Firma, die Heiscreen NKY GmbH, den Bluttest in China vermarkten soll. Bei beiden Heiscreen-Firmen ist die Technology Transfer Heidelberg GmbH (TTHD), eine 90-prozentige Tochter der Uniklinik, jeweils größter Anteilseigner. Die TTHD ist für Ausgründungen von Erfindungen am Uniklinikum zuständig. Seit anderthalb Jahren fliegen die angeblichen Bluttest-Erfinder, Frauenklinik-Chef Christof Sohn und Projektleiterin Sarah Schott, regelmäßig nach China zur Partnerfirma NKY Medical Holdings. Auch ein weiteres Detail verschwieg das Uniklinikum: Der Hockenheimer Unternehmer Jürgen Harder, der Sohn seit Jahren gut kennt, ist mit 39,2 Prozent an der Heiscreen GmbH beteiligt.
> Der Umgang mit Mitarbeitern: Jahrelang forschte ein Team um die Molekularbiologin Rongxi Yang an der Uniklinik an dem Brustkrebs-Bluttest - mit überragendem Erfolg: Yang räumte viele Preise ab und warb das renommierte Exist-Stipendium vom Bundeswirtschaftsministerium zur Gründung eines Start-ups ein. Alles lief perfekt, Yang stellte auch den Kontakt zu der chinesischen Firma NKY Medical Holdings her, arbeitete eng mit TTHD zusammen. Doch in einer denkwürdigen Sitzung im März 2017 verließen die TTHD-Geschäftsführer unter fadenscheinigen Gründen den Saal und ließen die Zusammenarbeit platzen. Wenig später wurde Yang die Leitung des Projekts entzogen - zugunsten Sarah Schotts. Yang und ihr Team verließen daraufhin die Uniklinik.
Der Sprecher der Heidelberger Staatsanwaltschaft, Tim Haaf, sagte der RNZ: "In der Anzeige, die am 4. April bei uns einging, stehen weder der vermutete Tatbestand, noch weitere Hintergründe zum Sachverhalt, noch Personen, gegen die sich die Strafanzeige richtet." Das sei sehr ungewöhnlich. Die Staatsanwaltschaft habe die Berichterstattung der Rhein-Neckar-Zeitung genau verfolgt und bereits überlegt, ob ein Anfangsverdacht einer Straftat vorliege. "Bislang hatten wir noch keinen unmittelbaren Anlass, zu ermitteln." Das habe sich nun geändert. Zunächst werde man mit der Uniklinik und mit weiteren Zeugen sprechen, um Hintergründe zu erfahren und zu prüfen, ob es einen strafrechtlich relevanten Sachverhalt gibt. "Ich denke, im Verlauf der nächsten Woche sind wir schlauer und können mitteilen, ob es einen Anfangsverdacht gibt", sagt Haaf. Wenn dem so wäre, würde die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufnehmen.
Das Uniklinikum selbst hat bereits Maßnahmen zur Aufarbeitung getroffen: Eine interne wissenschaftliche Arbeitsgruppe und die Innenrevision des Klinikums seien mit der Analyse der Vorgänge beauftragt und berichten direkt an den Vorstand, wie das Uniklinikum mitteilt. Zudem konstituiert sich aktuell eine unabhängige, externe Expertenkommission.
Die Fachleute sollen zu allen relevanten Aspekten Stellung nehmen und Empfehlungen zu Maßnahmen und Veränderungen im Universitätsklinikum geben. Dazu gehören insbesondere Fragen zum Umgang des Klinikums mit der Verwertung seiner Forschungsergebnisse. Erste Ergebnisse der Kommission werden in wenigen Wochen erwartet. Sie arbeitet laut Uniklinikum vollständig unabhängig, man stelle ihr alle vorhandenen Informationen zur Verfügung.
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Auch in einer Sondersitzung des Aufsichtsrates, den Wissenschaftsministerin Bauer einberufen hat, geht es heute um die Vorwürfe rund um den Brustkrebs-Bluttest.
Update: Freitag, 5. April 2019, 14.35 Uhr