Quotenregelung beim Wohnungsbau

Heilbronn baut vor und will flexibel bleiben

Laute Auseinandersetzung im Gemeinderat - Hunderte Wohnungen entstehen

09.04.2018 UPDATE: 10.04.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden

"Hier wird alles neu": Selbst auf Heilbronns "Prachtstraße", der Allee, werden in die Jahre gekommene Wohnungsbauten aus den 1960er Jahren saniert und wieder auf den Immobilienmarkt gebracht. Foto: Brigitte Fritz-Kador

Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Eher selten wird Oberbürgermeister Harry Mergel laut oder emotional oder beides während einer Gemeinderatssitzung. Wenn es dann einmal der Fall ist, dann deshalb, weil ihn das Thema intensiver als manch andere beschäftigt. So geschehen bei der Debatte um einen Antrag der "Grünen" für eine verbindliche Quote an geförderten Wohnungen beim Wohnungsbau.

Dieses Thema stand bei Mergel schon vor und dann auch während seines OB-Wahlkampfes auf der Agenda, da will er sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Der Antrag der Grünen scheiterte dann auch bei der Abstimmung, allerdings auf hohem Niveau. Grünen-Fraktionschefin und Landtagsabgeordnete Susanne Bay ist für ihre Fraktion in Stuttgart die Wohnungspolitische Sprecherin. Sie konterte ruhig, als ihr der OB unter anderem heftig vorhielt, sie würde "verantwortungslos vereinfachen" und zeigte, dass zwischen einer verbindlichen und einer flexiblen Quote, die dann auch mehrheitlich die Zustimmung erhielt, kein Platz für ideologischen Starrsinn sei.

Dabei hatte die Sitzung so schön begonnen, mit einer ambitionierten Powerpoint-Präsentation, die das ebenso ambitionierte "Handlungsprogramm Wohnen" des OB in seiner Fortschreibung seit 2014 darstellte. Diese wird vorangetrieben von einer 2015 eingesetzten "Task-Force" und einer entsprechenden personellen Aufstockung im Bauamt, einer ebensolchen finanziellen Aufstockung einschließlich der Fortschreibung des Förderprogramms "Junge Familien" und der Prioritätenliste "Wohnbauflächenentwicklung", die auf den Geschoss-Wohnungsbau fokussiert ist.

Gerade hier hat die Stadt inzwischen gehandelt: Allein durch die Bereitstellung von Flächen wie dem "Nonnenbuckel" (beim Gesundbrunnen-Klinikum) und der Kirschgartenstraße (in Heilbronn-Böckingen) können 550 neue Wohnungen entstehen - eine "gigantische Zahl", sagte Mergel. Schon im "Handlungsprogramm Wohnen" hatte er die schiere Zahl von 2000 neuen Wohnungen in den nächsten 20 Jahren zum Ziel erklärt, inzwischen wird das Potenzial im Geschosswohnungsbau ab 2020 sogar auf 2365 Wohneinheiten beziffert.

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Eine Auflistung zeigt, dass dies Realität werden kann. Ob es sich hierbei auch um gelungene Architektur handelt, darüber sagt die Liste aber nichts aus. Von den 1240 Wohnungen, die gerade gebaut werden, entstehen knapp die Hälfte auf dem Südbahnhof-Areal, das immer mehr zur Betonwüste wird. Anders beim Neckarbogen, wo "durchgrünt" gerade 376 Wohnungen bald bezugsfertig sind. In der Fertigstellung ab 2020 und bis 2040 werden hier weitere 1500 Wohnungen entstehen.

Spätestens jetzt ist erkennbar: Für den klassischen "Häuslebauer" gibt es kaum mehr Grundstücke. Die Grundstückspreise in Heilbronn machen herkömmliches Bauen fast unbezahlbar, sie stiegen in den letzten zehn Jahren um 60 Prozent, in der Kernstadt beispielsweise von 370 Euro auf 624 Euro pro Quadratmeter.

Mergel will mit der Grundstückspolitik der Stadt regulierend wirken. Als er die Initiative für mehr Wohnungsbau ergriff, auch, weil sich in Heilbronn wie überall Privatinvestoren ganz aus dem Markt zurückgezogen hatten, war die Unterbringung von Flüchtlingen noch kein Thema. Dennoch veranlasste er ziemlich schnell eine Umorientierung bei der "Stadtsiedlung GmbH", einer 100-Prozent-Tochter der Stadt, weg vom lukrativen Eigentumswohnungsmarkt, hin zum geförderten Wohnbau, den man nun nicht mehr "Sozialwohnungsbau" nennen soll.

Dass es für den geförderten Wohnbau im Neckarbogen inzwischen eine Quote von 40 Prozent gibt, ist ein erstes Ergebnis dieser verordneten Wende. Diese Quote kommt auch den Vorstellungen der Grünen nahe, flächendeckend wird es sie nicht geben. Mergel warnte vor "einfachen Lösungen" und sprach sich für "differenziertes Vorgehen" aus, in dem die Stadt ihre eigenen Lösungen, eben explizit mit die Stadtsiedlung GmbH, für die Stadtentwicklung finden werde, die beispielsweise in die Jahre gekommene und dem Stadtbild wenig dienende Wohnblocks aus der Nachkriegszeit wieder dem Markt zugänglich macht.

Mergel holte in der Sitzung auch zu einem Seitenhieb an die Umlandkommunen aus: Auch "im Speckgürtel" um Heilbronn müssten die Gemeinden endlich in den Geschosswohnungsbau gehen.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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