Heilbronn: 14 Auszeichnungen für beispielhaftes Bauen
Beim diesjährigen Auszeichnungsverfahren "Beispielhaftes Bauen Stadt- und Landkreis Heilbronn" der Architektenkammer dominieren Gewerbe- und Industriearchitektur und öffentliches Bauen – Nicht ein Wohngebäude wurde prämiert

Hier wird deutlich, wie sehr in dem Firmengebäude von Shure Europa in Eppingen Außenwelt und Innenwelt ineinander übergehen.
Von Brigitte Fritz-Kador
Vorbildhaft "Bauen und Wohnen" - Fehlanzeige! Vorbildhaft "Bauen und Arbeiten - ein voller Erfolg! So könnte man das Ergebnis des diesjährigen Auszeichnungsverfahren "Beispielhaftes Bauen Stadt- und Landkreis Heilbronn" kurz auf einen Nenner bringen. Alle fünf Jahre, alternierend unter der Schirmherrschaft von Stadt oder Landkreis, in diesem Jahr von Landrat Detlef Piepenburg, führt die Architektenkammer Baden-Württemberg mit einer Fachjury eine solche Bestandsaufnahme durch. In diesem Jahr wurden 91 Arbeiten eingereicht, 27 kamen in die engere Wahl, 14 wurden schließlich ausgezeichnet.
Hintergrund
Die Preisträger: Naturnahe Umgestaltung der Schozach (Gemeinde Ilsfeld, Landschaftsarchitekten König+Partner Stuttgart), Neugestaltung Kirchplatz (Gemeinde Neckarwestheim, hjb Architekten Neckarwestheim), Rathausplatz Leingarten und Platz am Bollwerksturm
Die Preisträger: Naturnahe Umgestaltung der Schozach (Gemeinde Ilsfeld, Landschaftsarchitekten König+Partner Stuttgart), Neugestaltung Kirchplatz (Gemeinde Neckarwestheim, hjb Architekten Neckarwestheim), Rathausplatz Leingarten und Platz am Bollwerksturm Heilbronn (Biegert Landschaftsarchitektur Bad Friedrichshall), Schreinerei Heinen Arbeiten und Wohnen (Ilsfeld, Werter Architekten Heilbronn), Shure Europe GmbH(Eppingen, Architekturbüro Mucha Ludwigsburg), Technisches Zentrum Wilhelm-Maybach-Schule (Heilbronn, Hochbauamt, Architektin Daniela Branz), Bildungscampus Heilbronn (Dieter Schwarz Stiftung, Glück+Partner Freie Architekten, Stuttgart), Kleinkinderhaus (Verein für Waldorfpädagogik Heilbronn, Mattes Riglewski Architekten, Stefan Sekeguchi), Blue Office (Heilbronn, Joss GmbH , Vensalt GmbH, Wunderland GmbH - Kohler Grohe Architekten Heilbronn), Heilbronner Bankhaus (Volksbank Heilbronn , Architekten Mattes Riglewski, Stefan Sekeguchi), Feuerwehrhaus (Talheim, OHO-Architekten Stuttgart) Rathaus (Brackenheim - Architekten LRO Lederer Ragnasdottir, Stuttgart), KunsthalleVogelmann (Stadt Heilbronn - Architekt Felipe Rodriguez, Zürich).
Auffallend daran: Nicht ein einziges Wohngebäude ist darunter, kein Einfamilienhaus und schon gar kein Wohngeschossbau - weil nicht ein einziges die Kriterien der Jury erfüllte. Sowohl die Sprecherin der Architektenkammer Baden-Württemberg, Carmen Mundorff, wie auch Hansulrich Benz für die Jury und Dirk Vogel, ehemaliger Leiter des Heilbronner Hochbauamtes und stellvertretender Kreisvorsitzender der Architektenkammer bestritten nicht, dass es nicht auch guten Wohnungsbau gäbe, aber unterm Strich hätte eben kein einziges Objekt vollständig und durchgängig die vorgegebenen Kriterien erfüllt.
So ist es zwar tröstlich, dass sich die Jury von Protzbauten in allzu zeitgeistiger Anmutung, wie sie in Heilbronn immer häufiger anzutreffen sind, unbeeindruckt zeigte (Stichwort: Konstruktive Ehrlichkeit"), andererseits traurig, dass qualitätvolle, nachhaltige Architektur offenbar derzeit nicht gefragt ist.
Dirk Vogel erinnerte daran, dass speziell in Heilbronn der Geschosswohnungsbau immer schon zu wünschen übrig ließ, auch seien die Bau- und Umweltvorschriften so kostentreibend, dass er per se unattraktiv geworden sei. Besser mache man das in Bayern. Ein Blick über die Landesgrenzen in die Schweiz oder nach Vorarlberg würde den in Stadt und Kreis tätigen Bauherren die Augen öffnen, wenn sie diese nicht von vornherein dafür zumachen.
Kritik wurde in diesem Zusammenhang aber auch an den Kommunen laut. Dirk Vogel ließ durchblicken, dass man auch mal Bauvorschriften sehr flexibel ausrichte und dass sie auf unabhängigen Gestaltungsbeiräte verzichteten, ja, nicht einmal die von der Architektenkammer angebotenen "mobilen Gestaltungsbeiräte" in Anspruch nähmen.
Ganz anders dagegen ist das Bild im Industrie- und Gewerbebau, teilweise auch im öffentlichen Bau. Hier zeigte das Auszeichnungsverfahren sehr deutlich, dass sich bei immer mehr Unternehmen deren Wertschätzung für ihre Mitarbeiter auch in der Wertschätzung der für sie geschaffenen Architektur äußere, dass man sich hier ganz besonders der Umwelt verpflichtet fühlt und Bauherren konstruktiv mit Architekten zusammenarbeiten.
Besonders gefallen hat der Jury, dass hier auch neu Konzepte der Ökologie umgesetzt wurden, etwa beim Neubau von Shure Europe in Eppingen, bei dem das "Innen und Außen" fließend ineinander übergehen. Neben Maß und Proportionen des Baukörpers, der inneren Raumbildung, der Angemessenheit der Mittel und Materialien war auch die Einfügung in den städtebaulichen Kontext und die Umwelt ein Kriterium.
Auch öffentliche Bauten konnten vielfach vor der Jury bestehen, sei es die Kunsthalle Vogelmann in Heilbronn ("Eine städtebaulich unbefriedigende Situation wird durch einen architektonisch hochwertigen Bau bereinigt und der öffentliche Raum durch eine überzeugend gefassten Platz bereichert") oder der Platz am Bollwerksturm ("Der Turm erhält mehr Aufmerksamkeit als vorher, der Platz hat eine wunderbare Aufenthaltsqualität"). Dem Rathaus Brackenheim wird eine respektvolle Integrierung in die Ortsmitte zuerkannt, der Rathausplatz in Leingarten sei respektvoll und beispielhaft als ein Ort zum Verweilen gestaltet.
Ein Sonderfall ist das Kinderhaus der Freien Waldorfschule in Heilbronn, die Tagesstätte für Unter-Dreijährige ist in ihrer liebevollen und detailreichen Gestaltung konzipiert - auch als Schutzraum für die Jüngsten. Sie nimmt in ihrer Ästhetik nicht nur den Geist der Waldorfpädagogik auf, sie ist in ihrer Kindbezogenheit beispielhaft für alle Arten von Kitas und Kindergärten.



