Berliner Koalition will Registrierzentren
Ministerpräsident Kretschmann hatte für das "Vorzeigeprojekt" geworben - 400 Flüchtlinge werden täglich erfasst

Fingerabdrücke, Gesundheitscheck, Anträge ausfüllen: In einem Registrierzentrum wie in Heidelberg kann die Erfassung von Flüchtlingen deutlich beschleunigt werden. Foto: Anspach/dpa
Von Sören S. Sgries und Bettina Grachtrup
Stuttgart/Heidelberg. Ein Signal war Ministerpräsident Winfried Kretsch᠆mann wichtig, bevor in Berlin die Spitzen von Union und SPD hinter verschlossenen Türen zu Beratungen über Transitzonen und Alternativen abtauchten: Der baden-württembergische Regierungschef werde keine Haftanstalten und Stacheldrahtzäune an der Grenze mittragen, sagte sein Regierungssprecher. Kretschmanns Anliegen sei es, Ordnung in die Asylverfahren zu bekommen und die Abläufe zu beschleunigen. Ob die Einrichtungen dann an der Grenze lägen, sei zweitrangig.
Und eine Vision hatte der Grüne auch vor Augen. Beziehungsweise sogar ein greifbares Modellprojekt: In Heidelberg habe man gute Erfahrungen mit der Registrierstelle im Patrick-Henry-Village gemacht, ließ Kretschmann erklären. Schon früh hatte er in einem RNZ-Interview die Einrichtung als "eine Art Vorzeigeprojekt" bezeichnet, das vom Bund und von anderen Ländern mit Interesse verfolgt werde. Jetzt, nach einigen Wochen Betrieb, betonte Kretschmann: "Wir haben dargestellt, was man mit dieser Einrichtung leisten kann." So verkündete es sein Sprecher.
Es waren Aussagen, die offenbar gehört wurden in Berlin. Die Einrichtung von bundesweit drei bis fünf Registrierzentren verkündete Bundeskanzlerin Angela Merkel. Und auch wenn namentlich zunächst nur Standorte in Bayern genannt wurden - in Manching bei Ingolstadt und in Bamberg -, liegt der Verdacht nahe, dass auch Baden-Württemberg beteiligt sein wird. Schließlich stehen hier die Strukturen bereits.
Seit Ende September werden in Heideberg Flüchtlinge registriert. In der Erstaufnahmestelle im Patrick-Henry-Village lassen sie ihre Gesundheit untersuchen und geben ihre Asylanträge ab. Anschließend werden Asylsuchende mit guten Erfolgschancen an Kommunen verwiesen. Andere müssen zurück in die Landeserstaufnahmeeinrichtungen.
Aktuell ist so laut Regierungspräsidium Karlsruhe täglich die Registrierung von 400 Personen möglich - 600 sollen es einmal sein, an sieben Tage die Woche. "Volllast" werde man voraussichtlich ab 1. Dezember fahren können, so ein Sprecher. Bisher befinden sich die Strukturen noch im Aufbau. Personal und Ausstattung mussten schrittweise aufgestockt werden. Auch wird auf dem Kasernengelände insgesamt noch viel gebaut.
Trotzdem bedeutet das Heidelberger Zentrum schon jetzt eine große Entlastung. Zum Vergleich ein Blick auf die weiteren großen Einrichtungen: In der Landeserstaufnahmestelle in Karlsruhe können derzeit täglich zwischen 300 und 400 Flüchtlinge registriert werden. In Mannheim sind es nur 50 bis 80 - auch wenn durch größere Räumlichkeiten die Kapazitäten wachsen sollen. Bis zu 350 Registrierungen könnten vielleicht schon ab Mitte Januar möglich sein.
Für den CDU-Spitzenkandidaten Guido Wolf sind Einrichtungen wie in Heidelberg aber kein Ersatz für Transitzonen. "Flüchtlinge aus sicheren Staaten müssen wir direkt an den Grenzen abfangen und zurückschicken", sagte Wolf, noch bevor die Ergebnisse aus Berlin verkündet wurden. Es sei ein Signal, wenn Flüchtlinge nicht einfach durchgewunken und nach Deutschland weitergeschickt werden könnten.