Maskenpflicht an Schulen

Zwischen Befreiung und Bedenken

Geteiltes Echo auf Wegfall der Maskenpflicht an Schulen: Landesschülerbeirat begrüßt Lockerung, Gewerkschaft sieht dagegen Risiko

21.06.2021 UPDATE: 22.06.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden
In Baden-Württemberg müssen Schüler und Lehrende seit Montag an im Klassenzimmer unter bestimmten Voraussetzungen keine Maske mehr tragen. Auf diese Entscheidung gibt es nun mitunter skeptische Reaktionen. Foto: dpa

Von Axel Habermehl, RNZ Stuttgart

Stuttgart. Die am Montag in Kraft getretene Lockerung der Maskenpflichten an Schulen hat bei Schülern, Lehrkräften und Eltern ein geteiltes Echo hervorgerufen. "Wir finden die Lockerungen gut", sagt Elisabeth Schilli, Sprecherin des Landesschülerbeirats. Bei der aktuellen Hitze sei es sehr unangenehm, lange Zeit mit Mund-Nasen-Schutz in engen Klassenzimmern zu sitzen. Man könne sich schwerer konzentrieren. "Besonders für Grundschüler war das eine Belastung", sagt Schilli. Jedoch sehe der Schülerbeirat die Gefahr einer Ausbreitung der ansteckenderen Delta-Variante. Daher regte Schilli an, Abstandsregeln im Unterricht wieder in Kraft zu setzen, und erneuerte die Forderung, in Klassenzimmern Luftreinigungsanlagen einzusetzen.

Auch Michael Mittelstaedt, Vorsitzender des Landeselternbeirats, hält die Lockerungen für angemessen. Da nahezu alle Risikopatienten, die sich darum bemüht haben, geimpft seien, müsse das vorrangige Ziel sein, Präsenzunterricht zu ermöglichen. Die neuen Masken-Regelungen finde er trotzdem "unsinnig", da Besonderheiten von Schulen nicht beachtet würden. Wenn vor Ort die Trennung von Schülern gut funktioniere, etwa in großen Schulzentren mit mehreren Gebäuden, sollten diese vor Ort eigene Regelungen treffen dürfen, findet Mittelstaedt. Auch halte er bei einzelnen Corona-Fällen an Schulen umfangreiche Testungen für sinnvoller, als die Maskenpflicht im Unterricht wieder in Kraft zu setzen.

Die Änderung der Maskenpflicht begrüßte Edgar Bohn, Landesvorsitzender des Grundschulverbands. Da es weiter nötig sei, zwei negative Tests pro Woche vorzuweisen, um an Präsenzunterricht teilnehmen zu dürfen, halte er die Lockerungen für richtig. Jedoch forderte auch Bohn die Anschaffung von Luftreinigungsanlagen.

Skeptisch reagierten dagegen Lehrerverbände. Der Landesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung, Gerhard Brand, erklärte, die sinkenden Corona-Fallzahlen seien Resultat konsequenter Umsetzung der Sicherheitsmaßnahmen. "Wir warnen davor, die in der Bekämpfung der Pandemie erreichten Erfolge durch politisch willfähriges Handeln zu gefährden", betonte er mit Blick auf die Ausbreitung der Delta-Variante.

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Ralf Scholl, Landesvorsitzender des Philologenverbands, mailte, er sei sich zwar sicher, dass ein Großteil der Lehrkräfte und Schüler den Wegfall der Maskenpflicht begrüße, warne aber vor verfrühter Freude: Entwicklungen in Großbritannien oder Lissabon zeigten, "wie schnell der bisherige, stetige Rückgang der Infektionen durch die Delta-Variante wieder umschlagen kann". Schüler seien nur selten geimpft. "Kinder und Jugendlichen sind und bleiben die Letzten, die ohne jeglichen Schutz (ohne Masken, ohne Plexiglaswände und ohne Raumluftfilter) in teilweise schlecht belüftbaren Räumen mehrere Stunden lang gemeinsam auf engstem Raum ohne Abstand aufeinander hocken müssen", warnte er. Zwar sei Maskentragen unangenehm, "aber wenn der Politik sämtliche anderen Schutzmaßnahmen an den Schulen, vor allem die Raumluftfilter, zu teuer sind, ist das Maskentragen die einzig verbleibende, nachweislich wirksame Schutzmaßnahme".

Die Makenentscheidung sieht auch Monika Stein, Landeschefin der Gewerkschaft GEW, kritisch. "Natürlich stört alle die Maske, gerade in den warmen Klassenzimmern. Gleichzeitig müssen wir nur noch fünf Wochen durchhalten bis zu den Sommerferien", fordert Stein. "Lieber unter der Maske schwitzen, als das Risiko eingehen, dass Kinder und Jugendliche oder ihre Eltern angesteckt werden. Jede Person, die jetzt infiziert wird, ist eine zu viel", betonte sie.

Indes müssen sich Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg womöglich auch im Herbst auf Fernunterricht einstellen. Grund für die unklare Perspektive ist vor allem die riskantere Delta-Variante des Coronavirus. "Wir können nicht ausschließen, dass im Laufe des kommenden Schuljahres wieder Schutzmaßnahmen notwendig sein werden, wenn die Inzidenzen steigen sollten oder Virusmutanten das Infektionsgeschehen verändern", sagt Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) am Montag. "Dafür sieht die Corona-Verordnung für die Schulen in Baden-Württemberg aber auch entsprechende Schutzmaßnahmen wie die Maskenpflicht vor."

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