Baden-Württemberg

Land plant Reform des Hochschulgesetzes

Spitzen-Professoren sollen einfacher zu berufen sein. Die Duale Hochschule bekommt einheitliche Strukturen.

10.05.2024 UPDATE: 10.05.2024 04:00 Uhr 2 Minuten, 40 Sekunden
Der DHBW-Campus in Mosbach geht auf eine Außenstelle der Berufsakademie Mannheim zurück und hat rund 3200 Studierende, davon 500 in Bad Mergentheim. Foto: Schattauer

Von Axel Habermehl, RNZ Stuttgart

Stuttgart. Die Landesregierung von Baden-Württemberg plant eine Reihe von Änderungen in der Wissenschaftspolitik. Die Duale Hochschule (DHBW) soll organisatorisch umgebaut werden, Menschen sollen "auf Probe" studieren und Professoren Freisemester nehmen können, um Startups auf die Beine zu helfen. All dies geht aus einem Entwurf zur Änderung des Landeshochschulgesetzes (LHG) und anderer Gesetze aus dem Haus von Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne) hervor, der unserer Zeitung vorliegt.

Der Koalitionspartner CDU unterstützt das Projekt ausdrücklich. "Uns ist es wichtig, dass Baden-Württemberg weiterhin eine Spitzenposition im Bereich von Wissenschaft von Forschung einnimmt", sagte der hochschulpolitische Sprecher Alexander Becker. Nach einem Anhörungsverfahren soll die Reform in den Landtag. Ein Überblick:

> DHBW: Die 2009 gegründete Duale Hochschule ist eine Besonderheit. An neun Standorten studieren aktuell rund 34.000 Personen in sehr praxisorientierten Modellen. Bundesweit einzigartig ist nicht nur die Kooperation der staatlichen Hochschule mit rund 9000 Wirtschaftsunternehmen, bei denen die Studenten angestellt sind. Auch die Organisationsstruktur der DHBW gibt es so nirgendwo anders.

Nun will Olschowski die DHBW umbauen: Die regional sehr unterschiedlichen Strukturen und Gremien sollen an die anderer Hochschulen angepasst werden. Beispielsweise werden die Standorte künftig nach Fakultäten organisiert.

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Olschowski bestätigte die Pläne im Gespräch mit dieser Zeitung. Sie setze damit auch eine Forderung des Rechnungshofes um, der die DHBW-Strukturen seit Jahren kritisch kommentiert und das Potenzial für "Einsparungen in Millionenhöhe" sieht, wie es schon im Jahr 2019 in einer Denkschrift hieß. Olschowski sagt: "Bisher hat jeder DHBW-Standort seine eigenen Computerprogramme, jeder Standort rechnet anders ab. Das wollen wir harmonisieren. Für Studierende und Lehrkräfte ändert sich nichts."

> Studieren auf Probe: Das Ministerium will den Zugang zu Hochschulen flexibilisieren und vereinfachen. Die Einrichtungen sollen gewisse Hürden senken können. Etwa sollen Hochschulen ausländische Bewerber auch ohne die obligatorischen "erforderlichen Sprachkenntnisse" zulassen können. Künftig könnten Sprachkurse auch später akzeptiert werden.

Auch sollen Hochschulen Interessierte mit "ausländischer Vorbildung", die bisher keine Studienzulassung ergibt, unter Umständen trotzdem akzeptieren können. Neben einer Eignungsprüfung oder einer "hochschulindividuellen Zugangsprüfung" dürfen Hochschulen dann auch ein Probestudium anbieten – jedoch wohl nur in zulassungsfreien Studiengängen.

> Spitzenforscher verpflichten: Professoren zu berufen, ist langwierig und kompliziert. Bei "exzellenten" Wissenschaftlern soll das Prozedere vereinfacht und beschleunigt werden. Künftig soll in Einzelfällen der Rektor mit den zuständigen Dekanen über eine Postenvergabe entscheiden können. Dies aber nur "in besonderen Fällen" und bei "Personen, deren Exzellenz gutachterlich belegt ist", wie es im Gesetzentwurf heißt. Die Ministerin hofft, dass eine Berufung so "innerhalb weniger Wochen" entschieden werden kann.

> Startup-Gründung im Freisemester: Die Landesregierung will mit mehreren Maßnahmen Unternehmensgründungen anregen. Besonders Startups aus Wissenschafts- und Technologiebereichen werden staatlich gefördert. Olschowski will Professoren die Möglichkeit geben, bestehende Regelungen für ein Freisemester auch zu nutzen, um den Aufbau eines Startups zu unterstützen. Bisher können Professoren alle vier Jahre ein Freisemester "für bestimmte Forschungs-, Lehr- und Entwicklungsvorhaben" nehmen, etwa um ein Buch zu schreiben. Künftig soll die Begleitung einer Unternehmensgründung explizit dazugehören.

> Mehr Lehramt: Im Land und bundesweit herrscht Lehrermangel. Baden-Württemberg steuert mit der Einführung eines dualen Masterstudiums gegen. Das soll Studenten schon früh an Schulen bringen und Praxiserfahrung ermöglichen. Die LHG-Reform schafft nun die rechtliche Grundlage dafür. Außerdem will Olschowski Fortbildungsmöglichkeiten für Lehrkräfte ausweiten.

Bisher findet die Weiterbildung komplett in Institutionen des Kultusministeriums statt. Unis und Hochschulen sind nur für das Studium zuständig. Künftig sollen auch Pädagogische Hochschulen Weiterbildungen anbieten und Dozenten damit Nebeneinkünfte erzielen dürfen. Um die Hürden für ein Zweitstudium im Bereich Lehramt zu senken, sollen Hochschulen Bewerbern die entsprechenden Gebühren erlassen dürfen.

Die immer noch bestehenden Studiengebühren für Ausländer – bundesweit einzigartig – bleiben vorerst erhalten. Zwar haben die Regierungsfraktionen angekündigt, sie abschaffen zu wollen. Doch das würde ein Loch von rund 30 Millionen Euro in den Haushalt reißen. Demnächst soll darüber verhandelt werden.

> Digitalisierung: Die Novelle umfasst auch Regelungen zu "Elektronischen Prüfungen". Dabei handelt es sich aber um Nachschärfungen von Paragrafen, die während der Corona-Pandemie eilig ins Gesetz kamen. Inzwischen sind Online-Formate etabliert, sowohl in der Lehre als auch bei Prüfungen. Viele Studenten fordern das auch ein. Sie haben aber weiter keinen einklagbaren Anspruch darauf.

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