Baden-Württemberger schätzen Engagement und Tageszeitung
Die Mehrheit im Land findet es gut, wenn sich Menschen für ihre Gemeinde engagieren. Glaubwürdige Informationen kommen aus Presse und Amtsblatt.

Von Sören S. Sgries
Heidelberg. Kommunalpolitisches Engagement hat einen guten Ruf in Baden-Württemberg – und am besten kann man sich darüber in der regionalen Tageszeitung informieren. Das sind zwei zentrale Ergebnisse des aktuellen "BaWü-Checks", der regelmäßigen Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der baden-württembergischen Zeitungsverlage. Mitte März wurden dafür 1029 Personen über 18 befragt.
Relativ hohes Interesse an der Kommunalwahl: Wenn am 9. Juni in Baden-Württemberg zeitgleich Kommunal- und Europawahlen stattfinden werden, wollen relativ viele Bürger ihre Stimmen für die neuen Gemeinderäte abgeben. So sagten 62 Prozent, sie wollten "ganz sicher" wählen gehen – damit läge der Wert über der Wahlbeteiligung beim letzten entsprechenden Urnengang 2019, auch damals gekoppelt an die Europawahlen.
Weitere 21 Prozent sagen, sie seien "wahrscheinlich" bei der Wahl dabei. Allerdings sind die Meinungsforscher hier skeptisch: "Viele möchten sich in der Befragung nicht dazu bekennen, dass sie nicht zu Wahl gehen", so die Erfahrung. Diese wählten oft die Option "wahrscheinlich" – gingen dann aber doch nicht zur Wahl.
Nicht erfasst wurde in der Umfrage die Gruppe der 16- und 17-Jährigen, die bei Kommunalwahlen im Südwesten seit 2014 wahlberechtigt sind und dieses Mal sogar erstmals auch kandidieren dürfen. Laut Allensbach-Institut ändert das aber an der grundsätzlichen Aussagekraft der Zahlen nichts, da die Minderjährigen nur zwei Prozent der Wahlberechtigten ausmachten. Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, dass bei Jüngeren die Wahlbeteiligung deutlich niedriger ausfallen wird (siehe Grafik).
Skeptisch waren die Befragten, was den generellen Einfluss auf das Geschehen vor Ort angeht: 47 Prozent sehen bei sich "weniger großen Einfluss", weitere 26 Prozent "kaum bzw. gar keinen" Einfluss.
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Inhalte wichtiger als Parteien: Wichtigstes Argument für die Wahlentscheidung werden laut Umfrage die Ziele und Programme der Kandidaten und Parteien für den Ort sein. Das sagten 68 Prozent der Befragten. Bestimmte Projekte spielen für 54 Prozent eine wichtige Rolle. Weniger als ein Drittel (28 Prozent) achtet speziell auf die Kandidierenden (28 Prozent) oder deren Parteizugehörigkeit (19 Prozent). Allerdings räumen 39 Prozent ein, dass Parteipolitik auf Bundesebene eine Rolle bei der Kommunalwahl-Entscheidung spielen wird.
Das höchste Wählerpotenzial hat derzeit die CDU: 27 Prozent könnten sich vorstellen, diese Partei zu wählen. Die Grünen ziehen 21 Prozent in Betracht, die SPD 18, die AfD sowie die Freien Wähler jeweils 13 Prozent. Die FDP landet bei 11 Prozent, andere Parteien bei insgesamt 5 Prozent. Ein wenig ändert sich die Reihenfolge, wenn man nur Bürger berücksichtigt, die auf jeden Fall zur Wahl gehen wollen und konkret wissen, welche Parteien für sie in Betracht kommen. Da nennen 38 Prozent die CDU, 34 Prozent die Grünen, 26 Prozent die SPD. Die Freien Wähler liegen hier mit 20 Prozent vor der AfD (18 Prozent). Die FDP kommt auf 16 Prozent. Mehrfachnennungen waren möglich.
Günstiger Wohnraum wichtigstes lokales Thema: Gefragt danach, worum sich Politik und Verwaltung vor Ort vor allem kümmern müssten, landet – wie schon in früheren BaWü-Checks – die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum mit 62 Prozent an erster Stelle. Es folgen die Bekämpfung des Ärztemangels (45 Prozent), die Bewältigung der Flüchtlingssituation sowie der Ausbau des Nahverkehrs (jeweils 38 Prozent).
Auffällig dabei: Der Problemdruck bei allen abgefragten Themen ist üblicherweise größer, je größer die Stadt ist. So wünschen sich in den Dörfern beispielsweise nur 46 Prozent mehr Einsatz für bezahlbaren Wohnraum, in den Großstädten aber 73 Prozent. Die Flüchtlingssituation sehen in den Dörfern 37 Prozent kritisch, in der Großstadt 44 Prozent. Einzige Ausnahme: Beim Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs ist es umgekehrt, da sieht jeder Zweite auf dem Dorf Bedarf, aber nur 32 Prozent der Großstädter.
Extra ausgewertet wurden zudem die Präferenzen von Eltern mit Schulkindern. Hier landet auch der Wohnraum auf Platz 1, dann folgt der Lehrermangel (52 Prozent). Hier hat die Kommune allerdings keinen Einfluss. Aber auch die Sanierung von Schulgebäuden oder die Kinderbetreuung sind Eltern ein besonderes Anliegen.
Hohes Ansehen der Kommunalpolitik: 56 Prozent der Befragten bewundern das Engagement für die Gemeinde, 27 Prozent sind mit ihren Kommunalpolitikern zufrieden und 24 Prozent halten diese für "unentbehrlich". Zudem sind 34 Prozent der Meinung, hier gehe es weniger um Parteipolitik, häufiger würden überparteiliche Kompromisse gefunden. Kritischere Stimmen, die meinen, Kommunalpolitiker seien "Wichtigtuer" (33 Prozent) oder verfolgten vor allem eigene Interessen (31 Prozent) sind dabei seltener.
Und: Wer am kommunalen Geschehen wirklich interessiert ist, urteilt noch positiver über die Akteure. Für sich selbst sehen aber die wenigsten die Kommunalpolitik als attraktive Option an, wobei Männer deutlich aufgeschlossener sind als Frauen.
Lokale Tageszeitung wichtig und geschätzt: Wo informiert man sich über das lokale Geschehen? In der regionalen Tageszeitung! Diese geben 58 Prozent der Befragten als ihre Informationsquelle an, und sogar 70 Prozent derjenigen, die großes Interesse am Geschehen vor Ort haben. Mit größerem Abstand folgen die Amtsblätter der Gemeinden (49 Prozent), Anzeigenblätter (39 Prozent), Soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram (38 Prozent).
Mehrfachnennungen waren hier möglich. Kaum eine Rolle spielen Radio- (21 Prozent) und Fernsehsender (16 Prozent). Schlüsselt man nach Altersgruppen auf, werden die Sozialen Netzwerke in der Gruppe der 18- bis 44-Jährigen übrigens ungefähr gleichstark wie die Tageszeitungen – nämlich von circa 50 Prozent der Befragten.
Bei der Glaubwürdigkeit der Informationsquellen aber liegt die Tageszeitung knapp vor den offiziellen Amtsblättern deutlich an der Spitze: 59 Prozent halten die Zeitung für vertrauenswürdig – und nur 18 Prozent die Sozialen Netzwerke. Und hier ist das Misstrauen auch in der jüngeren Bevölkerung ausgeprägt: Nur 29,6 Prozent nennen der Unter-29-Jährigen nennen Instagram & Co. eine gute Quelle, bei den 30- bis 44-Jährigen ist es nur jeder Vierte.
Was aber grundsätzlich gilt: Berichterstattung über das Geschehen in der Kommune und die Kommunalpolitik halten 81 Prozent der Befragten für wichtig oder sehr wichtig – nur 11 Prozent für weniger wichtig, 2 Prozent gar für unwichtig.