Kriminalität

Polizei schießt: Vermisstes Kind lebensgefährlich verletzt

Nach einem Polizeieinsatz in Bochum ist eine Zwölfjährige in Lebensgefahr. Sie soll mit zwei Messern auf die Polizisten zugegangen sein - die griffen zur Waffe.

17.11.2025 UPDATE: 17.11.2025 11:05 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden
Zwölfjährige bei Polizeieinsatz lebensgefährlich verletzt
In diesem Mehrfamilienhaus im Bochumer Stadtteil Hamme ereignete sich der folgenschwere Polizeieinsatz.

Bochum (dpa) - Beim Versuch, einer vermissten Zwölfjährigen zu helfen, ist in Bochum ein Polizeieinsatz eskaliert. Das Mädchen soll die Beamten mit zwei Messern bedroht haben - die Polizisten schossen daraufhin auf das Kind, einer mit Taser, einer mit Dienstwaffe. Ärzte kämpften noch Stunden später im OP um das Leben der Zwölfjährigen.

Viele Details zum Ablauf des Einsatzes seien noch Gegenstand der Ermittlungen, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit. Besonders schwierig könnte der Einsatz auch dadurch gewesen sein, dass nach Angaben der Polizei sowohl die Zwölfjährige als auch die Mutter gehörlos sind. Ob und wie überhaupt eine Kommunikation zwischen den Einsatzkräften und den beiden Gehörlosen möglich war - etwa mithilfe von kurzen Nachrichten auf Zetteln - sei Gegenstand der Ermittlungen, sagte ein Polizeisprecher.

Mädchen war aus Wohngruppe weggelaufen

Die Beamten hatten zuvor stundenlang nach der vermissten Zwölfjährigen gesucht. Die Zwölfjährige lebt eigentlich in einer Wohngruppe in Münster. Doch dort fehlte am Sonntag plötzlich jede Spur von ihr. Die Betreuer schlugen sofort Alarm und schalteten die Polizei ein.

Die startete eine große Suchaktion, denn das Mädchen ist nach Angaben der Ermittler auf lebenswichtige Medikamente angewiesen. In der Nacht zu Montag habe es dann Hinweise gegeben, dass die Zwölfjährige zu ihrer Mutter gefahren sein könnte, die im Bochumer Stadtteil Hamme lebt.

Mutter hatte das Sorgerecht verloren

Dort hätte sich die Minderjährige nicht einfach so aufhalten dürfen. Der Mutter seien bereits früher das Sorgerecht und das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Mädchen entzogen worden, teilten die Ermittler mit, ohne weitere Details zu nennen.

Nach den Hinweisen seien in der Nacht zu Montag zwei Streifenwagen-Besatzungen zur Wohnung der Mutter in einem Mehrfamilienhaus gefahren. Doch obwohl die Beamten Geräusche aus der Wohnung hörten, habe auf ihr Klingeln niemand reagiert. Während die Einsatzkräfte noch auf einen Schlüsseldienst warteten, habe mitten in der Nacht gegen 1.30 Uhr plötzlich die Mutter die Tür geöffnet.

Polizisten fühlen sich bedroht

Dann überschlugen sich der Schilderung der Polizei zufolge die Ereignisse. Nach bisherigen Ermittlungen gehen Polizei und Staatsanwaltschaft davon aus, dass das Mädchen beim Eintreffen der Beamten mit zwei Messern in der Hand auf die Polizisten zuging.

Die fühlten sich bedroht und zogen ihre Waffen. Ein Beamter nutzte sein Elektroimpulsgerät - eine Waffe, die den Getroffenen durch einen Stromstoß kurz handlungsunfähig macht, aber nicht lebensgefährlich verletzt. Ein anderer griff zu seiner Dienstwaffe und gab einen oder mehrere Schüsse ab - und verletzte das Mädchen dabei lebensgefährlich.

Not-OP im Krankenhaus

Die Polizisten hätten bis zum Eintreffen der Rettungskräfte Erste Hilfe geleistet. Ein Notarzt habe die Zwölfjährige anschließend in ein nahegelegenes Krankenhaus gebracht. Dort sei sie operiert worden - nach Einschätzung der Ärzte war der Eingriff erfolgreich, wie der Polizeisprecher sagte. "Sie hat die OP gut überstanden. Der Zustand des Mädchens ist kritisch, aber stabil."

Gewerkschaft: Waffeneinsatz gegen Kinder streng geregelt

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) betonte, der Vorfall sei ein "extrem belastendes Ereignis für alle Beteiligten". Der Einsatz von Schusswaffen gegen Kinder sei gesetzlich noch strenger gefasst als gegen Erwachsene. So dürfen Schusswaffen gegen Menschen unter 14 Jahren laut Polizeigesetz eigentlich gar nicht eingesetzt werden - außer um eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben abzuwehren, betonte die Gewerkschaft. 

Gleichzeitig zeige der Einsatz erneut, wie unberechenbar solche "Messerlagen" seien, sagte der NRW-Landesvorsitzende Patrick Schlüter der Deutschen Presse-Agentur. Sie gehörten zu den "riskantesten Einsatzlagen, weil sie plötzlich passieren, kaum vorhersehbar sind und in Sekundenbruchteilen eskalieren".

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