RNZ-Lauftagebuch

So erging es den Redaktions-Mitgliedern beim Stadtlauf

Kurz vor dem Wieslocher Stadtlauf wuchs nochmal der Ehrgeiz. Das harte Training machte sich am Ende bezahlt.

31.01.2022 UPDATE: 24.04.2022 18:46 Uhr 23 Minuten, 16 Sekunden
Das RNZ-Team Sophia Stoye und Tobias Törkott. Foto: Helmut und Jan A. Pfeifer

Wiesloch. Geschafft! Der Stadtlauf ist in den Büchern. 58 Minuten, 44 Sekunden haben die RNZ-Redaktionsmitglieder Sophia Stoye und Tobias Törkott bei ihrem ersten Zehn-Kilometer-Lauf benötigt. Vier Minuten schneller als beim besten Trainingslauf, den widrigen Wetterbedingungen zum Trotz. Doch der Weg war lang und beschwerlich. Sophia und Tobias nehmen Sie noch einmal abwechselnd, Kilometer für Kilometer, mit.

> Vor dem Start: 9.50 Uhr – die letzten Sportler laufen sich gerade ein. Während mich, Sophia Stoye, am Samstag immer wieder die Nervosität überkommen hat, spüre ich jetzt nichts mehr davon. Ich laufe zum Gerbersruhpark, um mich mit den anderen Kursteilnehmern zu treffen, als ich die Startlinie passiere und es plötzlich piepst. Der Chip, den alle Läufer im Zettel mit der Startnummer versteckt haben, meldet sich. "Also ab Überschreiten der Startlinie zählt die eigene Zeit", sagt einer der Ordner zu mir. Meine Gedanken überschlagen sich: Muss ich jetzt schon loslaufen? Kann man das nicht wieder rückgängig machen? Plötzlich doch nervös stammle ich etwas vor mich hin, doch ein anderer Ordner beruhigt mich wieder: Es war nur ein Scherz.

> Kilometer eins: Vom Start selbst bekomme ich, Tobias Törkott, nichts mit. Sophia und ich haben uns hinten eingereiht. Dann setzt sich der Tross in Bewegung. Schnell die Lauf-App gestartet, dann geht es los. Ich ziehe das Tempo, entgegen aller Warnungen, gleich mal an. Sophia ruft etwas von einem 5,40er-Schnitt. Viel zu schnell für den Start. Auf der Rückseite des Stadions denke ich mir: "Ob das gut geht?"

> Kilometer zwei: Schnell, aber (noch) entspannt laufen Tobias und ich die Parkstraße am Dämmelwald entlang. Rechts und links überholen uns die Läufer, aber ich zwinge mich, nicht noch schneller zu werden. "Am Anfang dürft Ihr Euch nicht überschätzen!", habe ich die Warnung einer unserer Trainerinnen im Kopf.

> Kilometer drei: Wie oft habe ich in den vergangenen Wochen diese Deponie gesehen, denke ich mir. Kurz nach der Parkstraße geht es dort entlang. Das bedeutet, dass uns gleich der zähe Abschnitt in Richtung Freizeitzentrum quälen wird. Der geht zwar nur leicht bergauf, aber das auf fast einem Kilometer Länge. Erfreulich: Wir überholen Oberbürgermeister Dirk Elkemann, der mit seinem Sohn läuft. Klar, der OB läuft gemütlich. Normalerweise wäre er wohl jetzt schon kurz vor dem Ziel.

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> Kilometer vier: Die Straße ist menschenleer, als wir den vierten Kilometer hinter uns bringen. Jetzt kommt der nervigste Teil der Strecke: noch nicht die Hälfte geschafft, aber schon angestrengt. Vom Wettkampfgefühl, das einen nochmal schneller laufen lässt – wie alle hoch und heilig versichert haben – spüre ich gerade nichts. Immerhin jubeln uns zwei Mädchen und ein Mann im Morgenmantel mit Kaffee in der Hand zu. Das motiviert.

> Kilometer fünf: Halbzeit! Noch schnell unseren RNZ-Kollegen Timo Teufert und Sebastian Lerche, die uns an der Kreuzung anfeuern, zuwinken und es geht die Gerbersruhstraße hinunter Richtung Innenstadt. Sophia zieht an und ruft mir rüber: "Jetzt schneller werden." Wir schießen los. Bergab-Training sei Dank, weite Schritte und einfach laufen lassen – und schon fliegen wir an den anderen vorbei, zumindest an zwei, drei Personen. Doch allmählich zwickt es im Körper. "Und wieso wird es nun wieder leicht steil?", frage ich mich kurz bevor es in die Hesselgasse geht.

> Kilometer sechs: Ab jetzt heißt es Gas geben: Laut meiner Laufuhr sind wir gut in der Zeit, doch der anstrengendste Teil wartet noch auf uns. Aus meinem ruhigen Atem ist schon lange lautes Schnaufen geworden. "Heb’ die Füße mehr an", ruft mir Tobias, der ein paar Meter vor mir läuft, zu. Ich erinnere mich an die Tipps unserer Trainerinnen und hole den Abstand wieder auf.

> Kilometer sieben: Es geht über die Uferstraße in Richtung Innenstadt. Schon längst sind Sophia und ich wie im Film. Immer wieder erinnere ich mich an die richtige Haltung, das korrekte Abrollen der Füße: "Distanz: sieben Kilometer; Zeit: 43 Minuten", nuschelt meine Lauf-App. Mein Hirn beginnt zu rechnen: "Noch drei Kilometer, das sind 16 Minuten, um im Zeitkorridor zu sein, aber zwei fiese Anstiege warten noch." Und was soll auf einmal dieses Ziehen an meiner Achillessehne?

> Kilometer acht: "Nur noch zwei Kilometer, nur noch zwei." Wie in Trance erinnere ich mich daran, dass wir es bald geschafft haben, während wir die Gerbersruhstraße hochlaufen. Wenige Minuten nachdem wir die Acht-Kilometer-Fahne passiert haben, taucht schon die nächste Fahne auf – und ich freue mich, wie schnell wir den letzten Kilometer zurückgelegt haben. Ich kneife die Augen zusammen und erkenne, dass es nur die Ein-Kilometer-Markierung vom Anfang ist. Mist.

> Kilometer neun: Der schnelle Abschnitt! Die Gerbersruhstraße hinab und danach zwischen Schule und MLP-Gelände hindurch rauschen wir runter zur Parkstraße. Schon davor haben wir gesagt, auf diesem Abschnitt geben wir Vollgas. Meine Schmerzen sind da, aber wenn ich jetzt nicht alles raushaue, wann dann? Gefühlt fliegt mir ein halber Lungenflügel weg. Aber wir spüren das Stadion schon fast.

> Kilometer zehn: Jetzt geht gar nichts mehr. Innerhalb der letzten Minuten hat mich meine Kondition verlassen, nur noch der letzte Funken Ehrgeiz bringt meine Beine zum Laufen. Ich schaue zu Tobias, der zwar angestrengt, aber noch fit aussieht. Doch eine kurze Nachfrage bestätigt: Auch ihm geht es schlecht. Mir ist übel, mein Kreislauf hält nicht mehr lange durch. Auf der Parkstraße kommt uns eine der TSG-Trainerinnen entgegen und zieht Tobias und mich nochmal richtig mit. Eigentlich wollte ich den letzten Teil auf der Tartanbahn sprinten, doch es ist nur ein kläglicher Versuch dessen, der Tobias und mich am Ende zeitgleich über die Ziellinie bringt.

> Im Ziel: Was für ein Gefühl. Das Endorphin rauscht durch die Gefäße. Sophia und ich sind komplett am Ende, aber extrem zufrieden. "Ihr habt es geschafft, unter einer Stunde", ruft eine unserer TSG-Trainerinnen. Wir fallen uns glücklich um den Hals.

Update: Sonntag, 24. April 2022, 18.45 Uhr


Von Muffeln zu Sportlern

Wiesloch. (stoy/obit) So, zwölf Wochen Training liegen hinter uns. Meine RNZ-Kollegin Sophia Stoye und ich, Tobias Törkott, sind jetzt Läufer, also richtige Sportskanonen. Immerhin haben wir zwölf Wochen trainiert, zumindest offiziell, mal kam auch was dazwischen. Aber das, was die drei TSG-Trainerinnen mit uns veranstaltet haben, war spitze. Als Laufmuffel startend, haben wir Gefallen an der Rennerei gefunden.

Im Abschluss-Training gab es nochmals ein paar Intervall-Läufe, dazu herrlich-schmerzhafte Massagen der Plantarfaszie. Das ist die, die sich übers Fußbett zieht. Wird diese richtig massiert (auf den Tennisball stellen, langsam abrollen und Druck ausüben), tut das zwar höllisch weh, aber danach wirkt man geschmeidiger. Ob das ein paar Sekunden rauskitzelt, wird sich zeigen. Auch, ob Sophia und ich unser Ziel von unter einer Stunde schaffen. Der Ehrgeiz ist immerhin schon groß – und scheint auch meine Kollegin gepackt zu haben. Lange hieß es, wir hätten ja ein Tempo, nun sagte Sophia am Donnerstag: Sie könnte vielleicht etwas schneller sein. Wenn das mal nicht Motivation genug ist.

Bei uns beiden steigt jetzt langsam die Aufregung. Wie sich Sophia heute, am Tag vor dem Stadtlauf, noch die Zeit vertreibt, sagt sie Ihnen am besten selbst: "Nudeln eignen sich für den Abend vorher gut" – als ich diesen Satz von unseren Trainerinnen höre, muss ich sofort grinsen. Nudeln als letzte Mahlzeit vor dem Stadtlauf am Sonntag machen das ganze doch gleich erträglicher. Schon seit Tagen schwirren meine Gedanken nur noch um die zehn Kilometer.

Trotz des guten Trainings fühle ich mich noch nicht zu 100 Prozent vorbereitet – immerhin ist es mein erster Lauf überhaupt. Doch von einer letzten Trainingseinheit kurz vor Sonntag haben uns die Trainerinnen klar abgeraten. Also bleibe ich zu Hause, dehne mich noch etwas – und freue mich auf das Abendessen.

Update: Freitag, 22. April 2022, 19.08 Uhr


"Dämpfer" in der Vorbereitung

Wiesloch. (obit) Ostern ist essenstechnisch doch ein wenig so wie Weihnachten, finden Sie nicht auch? Die Familie kommt mindestens einmal zusammen – und isst ausgewogen. Egal ob Fleischesser, Vegetarier oder Veganer, der Tisch ist mit Sicherheit reich gedeckt. Ist ja schließlich Ostern. Und wenige Tage zuvor – an Karfreitag – werden wahlweise noch Unmengen an frittiertem oder gebackenem Fisch gegessen. Klar, wieso auch nicht. Noch einmal richtig schlemmen, ehe in der Woche darauf ein persönliches, sportliches Highlight auf einen wartet. Das sind natürlich nicht die besten Voraussetzungen für mich, Tobias Törkott.

Doch ich hatte Glück (Achtung: Ironie): Vielleicht über die Krabbelgruppe unseres kleinen Sohnes besuchte uns die Magen-Darm-Grippe. Ostern war also gestrichen. Stattdessen Zwieback, Tee und – mit Sicherheit kein Allzweckheilmittel – ab und an ein Schluck Cola. Obwohl der Spuk nur ein paar wenige Tage anhielt, verhagelte das zunächst mal die Vorbereitung für die finale Woche vor dem Stadtlauf. Daher heißt es zumindest bis zum Training am morgigen Donnerstag: Ruhig bleiben und nicht übertreiben.

Lachen und Anstrengung: Bei Sophia Stoye und Tobias Törkott von der RNZ aus Wiesloch liegt das manchmal eng zusammen. Foto: Pfeifer

Dabei war die Generalprobe auf der Stadtlauf-Strecke trotz einer Zeit von etwa einer Stunde und drei Minuten doch recht zufriedenstellend. Ich hatte sogar das Gefühl, eventuell weitere ein bis zwei Schippen drauflegen zu können. Wenn auch nur ganz kleine Schippchen, aber immerhin. Unsere Trainerinnen der TSG Wiesloch predigen sowieso seit Tag eins: Eure Topform braucht ihr erst beim Wettkampf und dabei seid ihr sowieso noch mal schneller als im Training. Mal schauen, ob das nun mit meinem "kleinen" Dämpfer in der Vorbereitung am Sonntag auch so sein wird.

Update: Dienstag, 19. April 2022, 18.07 Uhr


Knapp am Ziel vorbei

Wiesloch. (stoy) Schon auf dem Weg zum Stadion habe ich keine Puste mehr, als ich, Sophia Stoye, am Dienstag zum Lauftraining radle. Noch weniger als zwei Wochen bis zum Wieslocher Stadtlauf und ich schaffe nicht einmal die knapp zwei Kilometer vom Bahnhof in die Innenstadt, ohne außer Atem zu sein.

Fünf Minuten zu spät und schon schwitzend angekommen, merke ich, dass die Vorzeichen für das Training heute einfach nicht gut stehen: Ich habe mein Haargummi vergessen – jeder mit langen Haaren weiß, was das bedeutet – und meine Sportklamotten sind viel zu warm für das sommerliche Wetter. Das Thermo-Shirt muss also meinem Oberteil weichen, das ich schon den Tag über anhatte.

Mit meinem improvisierten Outfit geht es zum Einlaufen auf die Rennbahn. Aus zwei gemütlichen Runden werden vier, die wir zum Teil im Sprint zurücklegen. Das Fahrtspiel nennen es die Trainerinnen. Aber von spielerischem Spaß ist den Teilnehmern und mir nichts anzusehen. Während wir also schon unsere ersten Meter zurücklegen, bevor es richtig losgeht, reiht sich der nächste Punkt in die Liste der ungünstigen Umstände ein: Mein Muskelkater in den Beinen macht sich bemerkbar. Ein Tag vor dem Training ins Fitnessstudio zu gehen, war wohl keine gute Idee. Ich beschließe, heute mal alles gemütlich angehen zu lassen – und bewahre mir meinen sportlichen Ehrgeiz für das nächste Mal.

"Wollen wir heute richtig Gas geben?", schreibt mir mein Kollege Tobias Törkott kurz vor dem Training am Donnerstag. Auf dem Plan steht die Stadtlauf-Strecke, die wir als "Generalprobe" zurücklegen werden. Da ich meine ganze Hoffnung von Dienstag auf dieses Training gelegt habe, stimme ich Tobias zu und motiviert starten wir die Runde: Heute wollen wir die zehn Kilometer unter einer Stunde schaffen.

Doch die erste Handyansage unserer Laufapp holt uns wieder zurück in die Realität. Tobias und ich sind zu langsam und auch mit steigender Kilometerzahl wird es nicht besser. Am Ende brauchen wir für die Strecke eine Stunde und drei Minuten. Aber immerhin sind unsere Trainerinnen stolz auf uns.

Update: Freitag, 15. April 2022, 17.43 Uhr


Tempo halten: Von Hawaii bis Wiesloch

Wiesloch. (obit) Hawaii ist zwar mehr als 12.000 Kilometer entfernt, doch ein kleines bisschen Ironman-Atmosphäre kam kürzlich im Wieslocher Stadion schon auf. Gerhard, der Mann unserer Trainerin Birgit, besuchte die Trainingsgruppe für den Stadtlauf. Und der hat das wohl härteste Sportevent der Welt bereits absolviert. Da kommt etwas auf uns zu, hatte ich, Tobias Törkott, mir gedacht:

Doch der Auftakt zur Trainingseinheit verläuft verhältnismäßig glimpflich. Etwas Einlaufen, dann das wichtige Lauf-ABC. Wer wie ich gerne mal ein paar Minuten zu spät auf dem Platz erscheint, verpasst sowieso die Hälfte – ärgerlich. Doch spätestens bei den Stabilisierungsübungen ist Schluss mit dem lockeren Aufgalopp. "Auf, noch etwas höher mit dem Bein", ruft Gerhard mir zu während ich, auf meine Arme und ein Bein gestützt, das zweite Bein in die Luft stemme. Planking, also der Unterarmstütz, ist jedem Sportler ein Begriff. Doch die besondere Methode unseres Trainingsgastes hat es in sich – und die Einheit war damit nicht vorbei. Nach weiteren Minuten Stabilisierungsübungen geht es auf die Strecke: Dieses Mal erst durch den Dämmelwald, danach um diesen herum. Nur etwas mehr als sieben Kilometer werden es am Ende. Alleine, dass ich "nur" sage, zeigt, welchen Effekt das Training in mir ausgelöst hat.

Doch all die draufgepackte Kondition scheint beim Beginn der Runde verflogen. Gerhard nimmt eine weitere Teilnehmerin und mich in Schlepptau, zieht uns quasi durch den Wald und über die Feldwege. Das Tempo ist hoch – und wir packen immer wieder noch einen drauf: Gerhard gibt einen Baum in etwa 40, 50 Meter Entfernung als Ziel aus: "Bis dort hin erhöhen wir jetzt mal die Geschwindigkeit", ruft er uns zu und zieht an. Zu Beginn denke ich mir, wie ich das durchhalten soll. Doch das Verrückte ist: Einfach weiterlaufen hilft.

Und wenn doch mal kurz die Motivation einknickt, hilft der Ironman-Teilnehmer: "Auf, halte das Tempo. Immer weiter laufen." Das geht so weit, dass wir beim finalen Sprint im Stadion sogar bis über die Ziellinie und die Tartanbahn hinaussprinten. Wahnsinn, denke ich mir, als wir auf dem Kopfsteinpflaster vor dem Vereinsheim der TSG abbremsen. Etwas um die 6:20 Minuten sind es am Ende pro Kilometer. Noch nicht die Zielzeit, doch mein persönlicher Eindruck zählt: Ich habe noch Luft und könnte noch mehr.

Update: Mittwoch, 6. April 2022, 19.45 Uhr


Erste Erfolge und der nächste Rückschlag

Nächstes Kapitel des Lauftagebuchs der Wieslocher Redaktion: Noch vier Wochen bis zum Wieslocher Stadtlauf. Die Welle der Euphorie hält nicht lange an.

Wiesloch. (stoy) Es ist eine Achterbahn der Gefühle, in der ich, Sophia Stoye, in den letzten Wochen auf und ab gefahren bin: Mit viel Motivation ins TSG-Lauftraining zur Vorbereitung für den Wieslocher Stadtlauf gestartet, dann die Hoffnung verloren, eine gute Zeit zu erreichen, plötzlich meine best Zeit gelaufen, um dann von meiner Leistung wieder enttäuscht zu werden.

Jetzt lief es bei der letzten Trainingseinheit erstmals konstanter, als ich mit meinem Kollegen Tobias Törkott und den anderen Kursteilnehmern an der Grenze zu den zehn Kilometern kratze. Erstmals ist es noch hell, als wir das Stadion zum letzten Training vor der Zeitumstellung betreten. Ein wenig Melancholie überkommt mich beim Anblick der roten Bahnen. Noch vor wenigen Wochen spielte sich das Lauftraining hauptsächlich hier ab: einlaufen, Lauf-ABC, Schritt für Schritt immer mehr Runden. Inzwischen wärmen wir uns hier auf, machen ein paar Übungen aus dem Lauf-ABC und zur Stabilisation und dann geht es schon ab nach draußen.

Die Runden werden immer länger und jetzt, an diesem Trainingstag, erreichen sie ihren Höhepunkt: Etwa 9,5 Kilometer laufen wir übers Feld und am Wald entlang bis nach Nußloch und wieder zurück. Die Temperaturen schwanken genau wie meine Motivation. Doch am Ende packt Tobias und mich der Ehrgeiz: Bergab an Gerbersruhpark und Eishalle vorbei zieht unser Tempo kurz vor dem Stadion nochmal ordentlich an. Auf den letzten 50 Metern sprinte ich los – vielleicht etwas zu schnell, wie mir mein Körper hinterher sagen will. Aber es hat sich gelohnt: Mit Blick auf unsere Laufzeit muss Tobias grinsen, wir klatschen uns ab und freuen uns, die knapp zehn Kilometer in ungefähr einer Stunde und drei Minuten gelaufen zu sein.

Doch die Welle der Euphorie hält nicht lange an: Donnerstagabend noch zum Laufen am Sonntagmorgen verabredet, muss ich meinen Laufpartnern kurz vorher absagen. Eine Erkältung, die mich seit dem Tag zuvor plagt, zwingt mich, es langsam anzugehen. Zu hoch ist für mich das Risiko, die Erkältung zu verschleppen und dann erst recht nicht mehr am Training, geschweige denn am Stadtlauf, teilnehmen zu können. Deshalb heißt es die Tage erst mal: auskurieren, um dann wieder schnell meine Zeiten aufholen zu können. Vier Wochen bleiben mir noch.

Update: Montag, 28. März 2022, 18.22 Uhr


Nicht ganz auf den Spuren der Tour de France

Dieses Mal geht es um das Laufen alleine oder in der Gruppe.

Wiesloch. (obit) So, die Zeit bis zum Wieslocher Stadtlauf wird immer knapper – und nach dem Hoch der vergangenen Wochen kommt nun das obligatorische Tief, dass wohl jeder irgendwann durchläuft, wenn er auf ein Ereignis hintrainiert oder hinarbeitet. Zumindest sage ich, Tobias Törkott, mir das. Denn meine Laufzeiten brechen seit etwa einer Woche kolossal ein. Und so versuche ich, dem Frust etwas entgegenzusetzen.

Am Dienstag der Vorwoche waren Sophia Stoye und ich schon nach den etwa 6,5 Kilometern entsetzt, dass wir etwa eine Dreiviertelstunde benötigt hatten, um im Wieslocher Nieselregen über Feldwege rund um den Dämmelwald zu laufen, wobei trotten unsere sportliche Leistung wohl besser trifft.

Doch nach einem Nicht-Lauf-Tag am Donnerstagabend war meine eigene Einheit am vergangenen Sonntag – mit Verlaub – katastrophal: 50 Minuten für etwas zwischen sechs und sieben Kilometern. Unsere Trainerinnen hatten uns zwar die Hausaufgabe fürs Wochenende mitgegeben, im eigenen Tempo zwischen 50 und 55 Minuten zu laufen, doch etwas schneller hätte es schon sein dürfen. Meine morgendliche Einheit am Dienstag war zwar besser, der Kilometerschnitt lag bei etwa 6:30 Minuten, doch ist das noch immer noch weit weg vom Ziel, die zehn Kilometer des Wieslocher Stadtlaufs in unter einer Stunde zu schaffen.

In meinem Kopf suche ich nun nach einer Begründung für diesen sportlich-persönlichen Offenbarungseid: Auf meiner Strecke muss ich viele Rampen und Steigungen in Angriff nehmen. Dazu fehlen mir noch meine neuen Sporteinlagen für meine Laufschuhe. Doch alleine beim Schreiben merke ich, das klingt nach einer Ausrede.

Hände hoch: Stabilisierungsübungen gehören zum Training dazu. Foto: Ruth Weimer

Doch bei genaueren Überlegungen, fällt eine Sache auf: Ich war die vergangenen beiden Einheiten alleine. Zwar waren meine Kollegin und ich extrem ernüchtert aufgrund unserer Leistung von Dienstag der Vorwoche. Doch das Laufen in der Gruppe kann extrem viel verändern. Sophia Stoye und mir fiel der gemeinsame Trab dann doch deutlich einfacher als das alleinige Joggen über die Feldwege. Gegenseitiges Motivieren hilft. Wer nun an das berühmte "Quäl dich, du Sau" des Ex-Radrennfahrers Udo Bölts zu seinem Teamkollegen Jan Ullrich denkt, der darf beruhigt sein. Ähnlich ausfallend, wie der Telekom-Fahrer seinem Kapitän und späteren Tour-de-France-Sieger im Juli 1998 in den französischen Vogesen anschrie, geht es beim RNZ-Laufteam nicht zu. Stattdessen hilft ein einfaches: "Komm’ wir ziehen noch einmal das Tempo etwas an." Dann will sich keiner von uns die Blöße geben, sondern quält sich weiter.

Noch besser ist es, wenn man eine "Zugmaschine" in der Laufgruppe hat. So wie die TSG-Trainerinnen Birgit Winkler, Gabriele Bräunling oder Ruth Weimer. Die ziehen einen quasi über die Strecke, halten das Tempo hoch. Hoffen wir mal, dass sich eine der drei auch beim Stadtlauf Sophia und mir anschließen wird.

Update: Mittwoch, 23. März 2022, 19.26 Uhr


Wenn der Blick auf die Lauf-App enttäuscht

Von Sophia Stoye

Wiesloch. Pünktlich zur Halbzeit der TSG-Vorbereitung auf den Wieslocher Stadtlauf beginnt das Training in der siebten Woche wie das in der ersten: Stehend im Regen und in durchnässten Schuhen auf der Tartanbahn des Wieslocher Stadions. Doch während Anfang Februar noch 17 Teilnehmer auf die Anweisungen der Trainerinnen warteten, sind es dieses Mal nur noch zehn.

"Da haben sich heute einige für ein früheres Abendbrot entschieden", kommentiert eine Teilnehmerin das Fehlen ihrer Laufkollegen scherzend, während wir uns drei Runden einlaufen. Meter für Meter erinnert mich ein leichter Schmerz in den Waden an das Training am Wochenende.

Sonntag, 8.30 Uhr. Selbst die Kirchengänger haben sich noch nicht auf den Weg in den Gottesdienst gemacht, denke ich mir, während ich durch ein wie leer gefegtes St. Leon-Rot fahre. Noch halb schlafend bin ich auf dem Weg nach Walldorf, wo ich mich mit einer Kursteilnehmerin und ihren Arbeitskollegen zum Laufen verabredet habe. Jeden Sonntagmorgen treffen sie sich und joggen gemeinsam los, "8.30 Uhr ist sogar relativ spät", erklärt einer von ihnen heiter.

Ohne zu wissen, dass ich heute mit Abstand die längste Strecke zurücklegen werde, die ich je gejoggt bin, laufen wir in gemütlichem Tempo los. Erst nach ein paar Metern erfahre ich, dass wir heute 60 bis 70 Minuten laufen werden – gut, dass man in der Gruppe nicht einfach wieder umkehren kann.

Schnell bin ich in ein Gespräch verwickelt – vor allem als Zuhörerin – und die Strecke zieht an uns vorbei. Am Ende zeigt die Handy-App elf Kilometer in einer Stunde und zwölf Minuten an – weitaus schneller und länger, als ich geschätzt hatte.

Zurück zum Training am Anfang dieser Woche. Denn dort holt mich die Realität wieder ein: Ich versuche mir die Glücksgefühle nach dem Lauf vom Wochenende wieder ins Gedächtnis zu rufen, während ich mit meinem Kollegen Tobias Törkott um den Dämmelwald herum jogge. Es ist düster, unser eigener Atem verdeckt uns im Schimmer der Kopflampen die Sicht. Die Strecke steigt leicht an und zum ersten Mal meldet sich nicht meine Lunge, sondern meine Füße machen auf sich aufmerksam. Öfter als notwendig beklage ich mich bei Tobias über die Schmerzen in der Achillessehne. Der bekommt davon laut eigener Aussage aber nichts mit, quält sich selbst. Am Ende bringen wir die rund 6,5 Kilometer ohne Pause hinter uns.

Doch der Blick aufs Handy enttäuscht: Knapp sieben Minuten haben Tobias und ich gebraucht, um einen Kilometer zurückzulegen. An sich keine schlechte Zeit. Aber viel zu langsam, um unser Ziel zu erreichen: Zehn Kilometer in unter einer Stunde beim Wieslocher Stadtlauf.

Update: Donnerstag, 17. März 2022, 18.52 Uhr


Der Blick auf die Borg-Skala

Von Tobias Törkott

Wiesloch. "Eine Zwölf oder eine 13 würde ich sagen", schätzt meine Kollegin Sophia Stoye sich ein und blickt auf die Borg-Skala. Ich schaue ungläubig und sage, leicht vorwurfsvoll: "Wie bitte? Ich bin knapp vor dem Kollaps." Gerade haben wir den vierten von fünf Intervall-Läufen absolviert. Fünf mal je einen Kilometer im Renntempo – mindestens. Deshalb bin ich nach dem vorletzten Durchgang auch so geschafft. Zweieinhalb Mal geht es auf die 400-Meter-Runde des Wieslocher Stadions.

Der Sinn des Intervall-Trainings ist die Verbesserung der Ausdauer, erklären uns die Trainerinnen der TSG Wiesloch. Ein Kilometer in etwa 5:55 Minuten ist die vorgegebene Zeit, die wir konstant unterbieten. "Also auf zehn Kilometer kann ich das nicht durchziehen", sage ich zu den anderen. Nach jeder Runde fällt der Blick auf die Borg-Skala, erfunden von dem schwedischen Physiologen Gunnar Borg. Anhand dieser sollen Sportler ihr eigenes Belastungsempfinden angeben. Diese geht von den Werten sechs (sehr sehr leicht) bis 20 (nicht leistbar). Im optimalen, grünen Bereich liegt man bei Werten von zwölf (etwas anstrengend) bis 15 (schwer). Nach den ersten drei Durchgängen rangierte unser Sechser-Trupp zwischen 13 und 16. Nach der vierten Runde wurde das Schnaufen und Ächzen lauter. Meine Kollegin erfreute sich noch bester Kondition.

Den letzten Durchgang sollen wir noch mal so schnell bestreiten wie möglich. Im Quasi-Vollsprint, wenn man das nach fünf Kilometern noch so nennen kann, stürmen wir ins Ziel. Ein lauter Aufschrei, kurzes Verschnaufen und der Blick auf die Borg-Skala. "So zwischen Zwölf und 13", sage ich und bin durchaus positiv überrascht. 

Update: Freitag, 11. März 2022, 18.32 Uhr


Von Tobias Törkott

Wiesloch. Meine Frau muss lachen: "Oh je, wie das wohl aussieht." Als ob sie Ahnung davon hätte, wie man richtig läuft, also sportlich läuft, denke ich mir. Kürzlich hatte ich ihr stolz berichtet, dass ich dank des sogenannten Läufer-Dreiecks, das ist das korrekte Durchschwingen der Arme beim Laufen, nochmals zusätzliche Kraftreserven mobilisieren konnte. "Ich wurde wirklich schneller und es ging leichter", versichere ich ihr. Doch sie amüsiert sich weiter. Na gut, ich kann es ihr nicht verübeln. Mit meiner Größe von 1,85 Meter und noch knapp zweistelligem Gewicht zählten elegant-sportliche Laufstile bisher nicht zu meinem Repertoire.

Doch die Laufschule unserer Trainerinnen von der TSG Wiesloch lohnt sich wirklich. Beim vergangenen Training am Donnerstag musste ich kämpfen, um meiner Kollegin Sophia Stoye und einem weiteren Lauf-Partner hinterherzukommen. Ich erinnerte mich fix an das Läufer-Dreieck – und schon konnte ich viel leichter mit den beiden anderen Schritt halten.

Geholfen haben bei der mehr als fünf Kilometer langen Runde um den Dämmelwald aber auch meine neuen Laufschuhe, die ich vergangene Woche endlich erstanden hatte. Die sorgen für ein viel angenehmeres Gefühl am Fuß, dämpfen das Abrollen. An dieser Stelle nochmals Danke an die Beratung im Wieslocher Marathonshop. Klaus Scharf hatte sich mehr als eine Stunde Zeit genommen, um zunächst meinen Lauf zu analysieren. Beim kurzen Joggen durch die Badgasse fällte er sein Urteil binnen Sekunden: "Du brauchst einen Schuh mit mehr Stabilität in der Mitte." Nachdem ich mehrere Modelle auf der kleinen Laufstrecke vor dem Shop ausprobierte, fiel meine Wahl auf ein Modell einer amerikanischen Laufschuhmarke.

Stolz packte ich beim nächsten Training im Wieslocher Stadion meine neuen, orangenen Weggefährten aus. "Ah, hast du endlich neue Schuhe", bemerkte eine der Trainerinnen sofort. Mehrfach hatten sie kritisch in den Wochen davor angemerkt, dass ich für den Stadtlauf richtiges Equipment benötige und keine alten Turnschuhe. Sie hatten wohl recht. Denn am Ende unserer Trainingsstrecke stand ein Schnitt von etwa 6:15 Minuten pro Kilometer auf der Uhr. Das motiviert für die Zukunft.

Update: Sonntag, 6. März 2022, 19.13 Uhr


"Nimm die Arme mit"

Von Tobias Törkott

Wiesloch. Und dann sind die zehn Minuten über die Tartanbahn des Wieslocher Stadions vorbei. Wie viele Runden waren das? Nur dreieinhalb? Da hatte ich mir doch etwas mehr versprochen. Doch unsere Trainerinnen sind zufrieden, wenn auch die Tatsache, dass es nur noch etwa acht Wochen bis zum Stadtlauf Ende April sind, bei dem einen Teilnehmer zu leichter Besorgnis führt – mich inbegriffen.

Die zehn Minuten waren nur der Aufgalopp. Bei der folgenden Runde ist schon etwas mehr Strecke da, um den mageren Schnitt von knapp unter sieben Minuten pro Kilometer etwas aufzupeppen. Es geht vorbei an den Schulen, hin zum MLP-Kreisel, wieder zu den Schulen und die Gerbersruhstraße hoch bis zum gleichnamigen Park und zurück ins Stadion. Gut drei Kilometer sollen es sein.

Mit viel Ehrgeiz drücke ich schnell aufs Tempo, lasse meine Kollegin Sophia Stoye zurück, obwohl ich davor gesagt habe, dass wir es langsamer angehen. Auf mich ist Verlass. So schnell, wie ich angefangen habe, so schnell setzt der Schmerz in meinen Fußsohlen ein. Vielleicht erinnern Sie sich, liebe Leser, ich müsste mir neue Laufschuhe besorgen, die endlich richtig dämpfen.

Freundlicherweise nimmt sich eine der Trainerinnen mir an, quasi als Zugmaschine "zieht" sie mich über die Gehwege. "Nimm die Arme mit, das geht gleich viel einfacher", sagt sie zu mir. Und tatsächlich wirkt sich das erheblich auf meinen Laufstil aus. Wir unterhalten uns über verschiedene Dinge, das lockert die Situation auf. Bald ist der Park in Sichtweite, dazwischen liegen noch ein paar Höhenmeter. Umso schöner, als es wieder herab zum Stadion geht. Dort verlässt mich meine Trainerin, sie läuft zurück, um anderen als Zugmaschine zu helfen. "Etwa 6,20 Minuten im Schnitt ", ruft sie mir noch rüber. Ich mache mich auf die letzte halbe Stadionrunde. Im Ziel denke ich mir: Das war schnell.

Wenige Tage später bestätige ich den leichten Aufwärtstrend: Knapp fünf Kilometer laufe ich über die Felder. 33 Minuten zeigt das Handydisplay, dazu gab es Gegenwind und viel Gefälle. Wieder diese Ausreden, könnte man meinen, doch ich bin zufrieden – wenn nicht das Problem mit dem Stabilisationsübungen wäre: Für Eleganz stehe ich nicht unbedingt, auch meine Fähigkeit, Übungen auf einem Bein balancierend auszuführen, sind begrenzt.

In Grenzen hielt sich auch die Motivation meiner Kollegin Sophia, aber das sagt sie Ihnen am besten selbst: Während mich allein schon das gute Wetter hätte zwingen müssen, am Wochenende 30 Minuten laufen zu gehen, schob sich die Hausaufgabe des Trainings auf meiner To-Do-Liste immer weiter nach hinten. Samstags half ich bei einem Umzug mit, das hat mir an dem Tag gereicht. Sonntag lässt das gute Wetter nicht nach und nach einem Spaziergang durch die Stadt hatte ich schon fast die Laufschuhe an. Nur mal kurz ausruhen und plötzlich ist es dunkel, dann laufe ich eben Montagmorgen vor der Arbeit. Und wer sich das schonmal vorgenommen hat, weiß, dass das Vorhaben zum Scheitern verurteilt ist, wenn der Wecker zwei Stunden früher klingelt.

Update: Montag, 28. Februar 2022, 17.46 Uhr


Die Suche nach Ausreden

Von Tobias Törkott

Wiesloch. Seit zwei Wochen trainieren die Lauftreff-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer schon bei der TSG Wiesloch für den Zehn-Kilometer-Stadtlauf Ende April. Alle, bis auf einen: Ich fiel direkt zu Beginn mit einer Corona-Infektion aus, starte mit Rückstand in die Vorbereitung, die ich meiner Einschätzung nach total nötig habe, um in einer Top-Zeit beim Stadtlauf über die Ziellinie zu laufen.

Diese Top-Zeit, also das selbst gesteckte Ziel, ist alles unter einer Stunde quasi niedriger als ein Sechser-Schnitt, wie es im Sport-Jargon heißt: Pro Kilometer maximal sechs Minuten Zeit. Wenn ich das nicht schaffe und erst nach gefühlten zwei Stunden ins Ziel trotte, liegt das definitiv nicht daran, dass ich in den vergangenen Jahren eher semi-aktiv war und mich großteils auf dem Bürostuhl ausgetobt habe. Nein, jetzt schiebe ich das auf die fehlenden zwei Wochen Training zu Beginn der Vorbereitung. Im Ausreden finden, bin ich übrigens auf internationalem Niveau.

Noch in der zweiten Woche unserer Corona-Quarantäne fing mein Herz an zu rasen, wenn ich nur daran dachte, vom ersten in den oberen Stock unseres Hauses zu laufen. Ich fühlte mich maximal unfit. Am Montag stürzte ich mich erstmals in die Vorbereitung meines unterklassigen Fußballvereins und war überrascht. Ich war nie ein Laufwunder, aber kollabiert bin ich ebenfalls nicht.

Und auch mein persönlicher Auftakt am Dienstagabend im Wieslocher Stadion gestaltete sich überraschend positiv. Zunächst mogelte ich mich in die langsamste der drei Lauf-Gruppen, schloss mich dann doch lieber meiner Kollegin Sophia Stoye und der mittleren Gruppe an – und konnte gut mithalten. Erst ging es ein paar Runden auf der Tartanbahn locker umher, im Slalom überholten wir immer unsere Vorderleute. Danach versammelten wir uns im Kreis, um uns zu dehnen und die Muskulatur zu stärken. Hinterher ging es ans Lauf-ABC. Bei den verschiedenen Übungen wurde ich von den Trainerinnen als Quasi-Neuling extra angeleitet.

Zum Schluss liefen wir eine Runde von den Schulen zum Gerbersruhpark und zurück. Sichtbar geschlaucht mutmaßten Sophia und ich, dass wir jetzt bestimmt drei, vier Kilometer in solidem Tempo abgespult hatten. Eine der Trainerinnen raubte uns jedoch die Euphorie: "Das waren etwa 1,8 Kilometer." Dazu gab es noch einen Hinweis an mich, bessere Schuhe zu kaufen. Einfach nur alte Turnschuhe anziehen, das werde nicht gut gehen. Der Gang zum Fachgeschäft wird mir nicht erspart bleiben. Wobei, ich könnte eine schlechte Zeit beim Stadtlauf auf die Schuhe schieben.

Update: Mittwoch, 16. Februar 2022, 18.29 Uhr


Von fehlender Motivation und Selbstüberschätzung

Von Sophia Stoye

Wiesloch. Prasselnder Regen begrüßt uns pünktlich zum ersten Trainingstag bei der TSG Wiesloch. Zwölf Wochen lang treffen sich ab jetzt insgesamt 17 Teilnehmer und trainieren gemeinsam für den Wieslocher Stadtlauf. Mit dabei sind auch mein Kollege Tobias Törkott und ich, Sophia Stoye.

Denn für die RNZ werden wir Ende April an den Start der Zehn-Kilometer-Runde beim Wieslocher Stadtlauf gehen. Jeden Dienstag- und Donnerstagabend scheuchen uns ab jetzt die TSG-Trainerinnen Birgit Winkler, Gabriele Bräunling und Ruth Weimer über die Laufbahn und zeigen uns, wie wir uns am besten vorbereiten können. Doch der Anfang verläuft holprig. Teil eins des RNZ-Lauftagebuchs:

> Erstes Mal Lauftraining: Da Tobias direkt zum Auftakt des Lauftrainings das Coronavirus erwischt hat, zwinge ich mich am Dienstagabend vom Auto raus in den Regen auf die nasse Laufbahn des Wieslocher Stadions. Meine Motivation: gleich null. Ein kurzer Blick in die Teilnehmerrunde reicht, um zu erkennen, dass es den anderen genauso geht.

Froh, dem Regen zu entkommen, erklären uns die Trainerinnen alles Organisatorische erst einmal drinnen, im Trockenen. Doch die Freude währt nicht lange: Nach ein paar Stabilisationsübungen geht es gleich wieder auf den Sportplatz. Wir lernen den Klassiker unter den Lauf-Übungen kennen: das Lauf-ABC. "Auch Marathonläufer machen das noch", erklärt Trainerin Gabriele. Wir beginnen mit Kniehebelauf, gehen über zum Anfersen und enden mit "Skippings". Auch wenn sich meine Lunge zwischendurch schon bemerkbar macht, verläuft der Rest des Trainings relativ entspannt. Während unserer Runden im Stadion bilden sich Gruppen, einige Teilnehmer scheinen sich bereits zu kennen. Die meisten von ihnen, so mein Eindruck, sind Freizeitläufer, die "einfach mal wieder in die Pötte kommen" wollen, wie es mir eine Teilnehmerin erzählt.

Oft hat sie der Winter oder Job ausgebremst – oder es mangelt am geeigneten Trainingspartner. Am Ende kommen etwa vier Kilometer und alle Teilnehmer zum Dehnen zusammen – erleichtert, die erste Trainingseinheit im Regen überstanden zu haben.

> Etwas überschätzt: Nachdem das Training am Donnerstag nicht nur hinsichtlich des Wetters besser als das erste Mal war, steht am Wochenende meine erste "Hausaufgabe" des Lauftrainings an: Vier Mal acht Minuten laufen, dazwischen wieder eine Minute lang gehen. Um mich mal zu testen, lasse ich die Gehpause weg und laufe am Stück.

Innerhalb von 40 Minuten schaffe ich sechs Kilometer, doch schon nach dem ersten Kilometer wird mein Atem immer schwerer. Ab Kilometer fünf schmerzt plötzlich die linke Schulter – ich versuche, so wenig Strecke wie möglich zurückzulegen, um schnell nach Hause zu kommen.

So laufe ich trotz Wintersonne lieber auf der rechten Seite des Gehwegs ohne Schatten, um nicht nochmals die Straße überqueren zu müssen. Von meinem Ziel, die letzten 350 Meter zu rennen, packe ich nur ein Drittel: Immerhin bleibt so mehr Zeit zum Auslaufen.

Update: Dienstag, 8. Februar 2022, 6 Uhr


Ab heute 12 Wochen im Training für den Stadtlauf

Von Sophia Stoye und Tobias Törkott

Wiesloch. Zwei Jahre in Folge wurde der Wieslocher Stadtlauf abgesagt. Die Zehn-Kilometer-Strecke durch Dämmelwald und Stadtgebiet zählt zu den sportlichen Höhepunkten der Weinstadt. 2022 soll nach Corona-Zwangspause wieder gelaufen, gerannt oder gegangen werden. Bei dem Lauf Ende April wollen zwei Redaktionsmitglieder der RNZ aus Wiesloch an den Start gehen. Was sich Sophia Stoye und Tobias Törkott dabei gedacht haben? Ja, das wissen sie selbst nicht. Ehrgeiz? Die klassische Frühjahrssportmotivation? Oder einfach nur eine Anzeige der TSG Wiesloch in einer der vergangenen Ausgaben der RNZ.

Denn die Leichtathletik-Abteilung des größten Sportvereins der Stadt bietet ab dem heutigen Dienstag ein zwölfwöchiges Lauftraining an. Zwei Mal pro Woche schlüpfen die Freizeit-Athletinnen und -Athleten im Stadion in ihre Laufschuhe. Dazu gibt es Hausarbeiten, umso fit wie nur möglich auf die Zehn-Kilometer-Strecke zu gehen. "Beim ersten Mal sind es noch keine zehn Kilometer", verspricht Marion Brasse, Abteilungsleiterin Leichtathletik. Im Verlauf der Einheiten wird auch ein Fünf-Kilometer-Lauf auf dem Programm stehen, um das richtige Wettkampfgefühl zu bekommen. Mit der Zeit werden die Läufe dann immer länger.

Für die bestmögliche Vorbereitung sorgen die lizenzierten Lauftrainerinnen der TSG: Ruth Weimer, Birgit Winkler und Gabrielle Bräunling, alle selbst aktive Läuferinnen. "Da ist Know-how vorhanden", so Brasse. Auch Yoga- und Stabilisationsübungen oder das Lauf-ABC mit verschiedenen Aufgaben stehen auf dem Trainingsplan. Manch eine Teilnehmerin oder manch ein Teilnehmer hatte bereits am Lauftreff teilgenommen. "Gewisse Vorkenntnisse sollten schon dabei sein", sagt Brasse. 20 bis 30 Minuten am Stück laufen – wenn auch im eigenen Tempo – gelten als Voraussetzung für die Teilnahme. Auch wichtig ist die richtige Auswahl der Schuhe. "Wenn die nicht passen, macht es keinen Spaß", prophezeit die Abteilungsleiterin.

Und was denkt sie über die Teilnahme der beiden RNZ-Redaktionsmitglieder? Die hatten im Vorfeld angemerkt, dass sie nicht absolut unsportlich, aber auf gar keinen Fall trainiert sind. Reicht es, ab und an ins Fitnessstudio zu gehen oder unterklassig Fußball zu spielen? "Ja, das reicht. Angst haben muss keiner", ist Brasse optimistisch.

Die Ziele von Stoye und Törkott sind jedenfalls hoch. Ob sie diese erfüllen werden und wie sie sich schlagen, lesen Sie in Ihrer RNZ.

Obwohl die Laufzeiten aktuell etwas im Keller hängen, schlauchen einen die Trainingseinheiten. Da kann die Laufjacke schon mal samt Stirnband und Wasserflasche im Hof landen. Foto: Törkott

> Tobias Törkott (32 Jahre): Was ich mir dabei gedacht habe? Ja, das ist eine gute Frage. Die Idee war schnell geboren. Lauftraining klingt für mich zwar mehr nach Bestrafung, weil ich die Sinnhaftigkeit von Laufen ohne Ball nicht ganz nachvollziehen kann, aber gerade zu Jahresbeginn sind viele Leute besonders motiviert – so auch ich.

Vier Jahre habe ich großteils den Bürostuhl als Hauptsportgerät genutzt. Seit Sommer 2021 spiele ich bei mir in der Pfalz wieder Fußball, wenn auch sehr, sehr unterklassig. Aber die Geburt unseres Sohnes hat bei mir etwas ausgelöst: Du willst fitter werden, damit der Kleine auch was von dir hat, dachte ich mir damals. Gesagt, getan.

Allmählich wird es auch was, aber zehn Kilometer laufen? Das ist ambitioniert, zumal ich noch immer ein Anstandsbäuchlein vor mir her schiebe. Noch ambitionierter die Zeit: Unter einer Stunde, so meine Zielvorgabe. Mal schauen, ob ich nach wenigen Wochen sage werde: Hauptsache ankommen.

Das Outfit stimmt, die Motivation ist hoch: Tobias Törkott will fitter werden. Foto: obit

> Sophia Stoye (20 Jahre): Meine Lauferfahrung hält sich stark in Grenzen – und lässt sich schnell zusammenfassen: als Kind im Leichtathletik-Training angemeldet, aber nie hingegangen, mit 14 Jahren noch immer angemeldet und ein halbes Jahr lang im Lauftraining mitgemacht. Ein Freund hatte mich dazu überredet.

Wie schon beim St. Leon-Roter Frühlingslauf, bei dem alle Kinder in der Grundschule immer mitlaufen mussten, war ich im Lauftraining mit Abstand die schlechteste: Während alle anderen locker die vier Kilometer zum Aufwärmen liefen, begleitete mich der Trainer aus Mitleid auf meiner Zwei-Kilometer-Runde.

Nach ein paar Jahren Pause fand ich plötzlich vor gut zwei Jahren meinen Spaß an dem Sport, den ich bis dahin für langweilig hielt. Bisher konnte ich die Zehn-Kilometer-Marke noch nicht knacken und meine Motivation hielt sich nur saisonweise. Aber ausgestattet mit neuen Laufschuhen und dem richtigen Training ändert sich das mit Sicherheit bald.

Die Schuhe hat Sophia Stoye geschnürt, aber sind die Füße schon bereit? Foto: stoy
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