Das neue Stadthaus soll die Flucht des Rathauses aufgreifen. Verkaufen will die Stadt nur das rot umrahmte Areal, wobei rot gestrichelt jene Fläche markiert ist, die zum öffentlichen Rathausplatz gehört. In dem blau umrahmten Bereich soll dann die städtische Tiefgarage entstehen. Foto: KE
Von Thomas Frenzel
Leimen. Bis zur letzten Minute wurde hinter geschlossenen Türen gerungen. Es ging um Grundstücksgröße und um Quadratmeterpreise, um Wege- und Unterbaurechte, um Verkehrssicherung und Zugänge. Am Ende stand eine überwältigende Mehrheit: Bei gerade einmal zwei Gegenstimmen aus grünalternativen Reihen brachte der Gemeinderat ein sogenanntes "Anbieter-Auswahlverfahren" auf den Weg, das den Stillstand am Rathausplatz nach Jahrzehnten beenden soll - möglichst bis Ende 2023. Es ging um den Bau jenes vieldiskutierten Stadthauses, dessen überdimensionierte Vorgängerplanung bekanntlich von einem erfolgreichen Bürgerbegehren hinweggefegt worden war.
Die Fehler der Vergangenheit sollen nicht mehr wiederholt werden. Das sicherte Jan Currle zu, der namens der LBBW Immobilien Kommunalentwicklung GmbH (KE) die Stadtkernsanierung in Leimen von Anfang an maßgeblich begleitet. Currle: Wir wollen die Fassaden sehen, wir wollen die Höhe sehen und wir wollen eine Anmutung des gesamten Gebäudes sehen. Und: Der Investor soll sehen, dass es nicht darum geht, der Stadt möglichst viel Geld auf den Tisch zu legen.
All das und noch viel mehr soll besagtes "Anbieter-Auswahlverfahren" garantieren, das Ende Oktober auf dem Investorenmarkt platziert und bis Ende März 2020 die Ideen von möglichst vielen Investoren-Architekten-Teams nach Leimen spülen soll. Die Kubatur des L-förmigen Stadthauses hatte bereits der städtebauliche Wettbewerb von 2008 festgelegt. Und bei der Nutzung ist die Bandbreite von Geschäften im Erdgeschoss über Büros und Wohnungen darüber bis hin zu einem Hotel denkbar. Ebenfalls festgezurrt ist eine zügige Umsetzung: Spätestens zwölf Monate nach Unterzeichnung des Kaufvertrags soll mit dem Bau begonnen und dieser innerhalb von 24 Monaten verwirklicht werden.
Und genau das, was wie verkauft werden soll, war der Gegenstand des Ringens bis zur letzten Minute: Ist es nur die Fläche des Stadthauses? Was ist mit dem Untergrund, wo ja auch unterirdische Stellplätze entstehen sollen? Muss für diese Stellplätze auch der Rathausplatz teilunterkellert werden? Welche Konsequenzen hat das alles für die Zukunft des Rathausplatzes - und für den im Norden angrenzenden Hof der Turmschule und die darunter geplante städtische Tiefgarage?
Was den Schulhof und die Stadtgarage anbelangt, so blieb die gemeinderätliche Diskussion hier auffallend zurückhaltend. Öffentlich erkennbare Einigkeit bestand dagegen, insgesamt 962 Quadratmeter zum Verkauf anzubieten - zum Quadratmeterpreis von 430 Euro. Macht 413.640 Euro. Davon steht für die Hochbebauung durch ein Stadthaus allerdings nur ein Teil zur Verfügung: Die zwischen Schulhof und Stadthaus verlaufende Wegverbindung zur Bürgermeister-Lingg-Straße darf nicht überbaut werden; das gilt ebenfalls für jene 122 Quadratmeter, die nach den städtebaulichen Wettbewerbskriterien zum Rathausplatz zählen und von der Stadt gestaltet werden.
Wichtiger war für den geplanten Investorenwettbewerb der Untergrund: Unter der Maßgabe, dass es einen öffentlichen Zugang zum Rathausplatz gibt, soll hier der Investor auf eigene Rechnung die nötigen Tiefgaragenplätze bauen. Zu- und Abfahrt würden dann über jene städtische Tiefgarage erfolgen, die sich mit rund 90 Stellplätzen im Norden - unter einem dann zu erneuernden Schulhof - anschließen soll.
Dass ein derartiges Korsett bei dem "Anbieter-Auswahlverfahren" womöglich etwas eng geschneidert sein könnte, deutete KE-Currle mit der für ihn charakteristischen freundlichen Zurückhaltung an: Sollte bei dem Anbieterverfahren kein Konzept herauskommen, "das nach Ihrem Geschmack ist", müsse das Grundstück am Rathausplatz auch nicht verkauft werden - "und Sie drehen eine weitere Ehrenrunde".