Von Benjamin Miltner
Region Heidelberg. Will ich einen Auszubildenden? Und falls ja: Finde ich auch einen? Diese Fragen stellen sich viele Inhaber von Betrieben spätestens, wenn der Ausbildungsstart am 1. September näherrückt. Die RNZ hat sich in der Region rund um Heidelberg auf die Suche nach Antworten gemacht.
Sie sind fündig geworden:
Alexander Ehret ist glücklich. Nach längerer Zeit hat der Maler- und Lackierermeister wieder einen Auszubildenden. "Mein bis dato letzter Lehrling ist jetzt schon vier Jahre Geselle", berichtet der Altneudorfer. Gezielt gesucht hat er nicht. Es gebe auch so immer wieder Anfragen, erzählt der 50-Jährige. Gepasst hat es aber in den vergangenen Jahren nicht. "Bei Malern, Maurern und Stuckateuren ist es oftmals so, dass die Jugendlichen das Berufsbild lernen, damit sie überhaupt etwas machen - auch wenn sie das teilweise gar nicht machen wollen", ist Ehret ehrlich. Diesmal ist es anders. Beim Malermeister hat ein Azubi zum 1. September angefangen, den Ehret von klein auf kennt und der bereits im Betrieb gearbeitet hat.
Die Branche ist übrigens keine reine Männerdomäne mehr. "Ich kenne einige Betriebe, in denen auch Frauen ausgebildet wurden und werden", erzählt Ehret. Auch bei ihm hatten sich Mädchen aus zwei Nachbardörfern interessiert an einer Ausbildung gezeigt, letzten Endes aber einen anderen Berufsweg eingeschlagen. Insgesamt sei das Spektrum, das ein Malerbetrieb anbietet, über die Jahre breiter geworden. "Für jede Arbeit braucht man aber immer noch fachspezifische Experten. Ich bin Maler - Fliesen legen kann ich persönlich nicht", lacht Ehret. Was den Verdienst angeht, so sieht der 50-Jährige sein Metier im mittleren Lohnniveau: "Nach oben gibt es keine Grenzen, es geht nur um Qualität."
Auf dem Bau einen Lehrling zu finden, ist kein Kinderspiel. "Die Branche boomt, aber die meisten Leute wollen eher einen Bürojob", heißt es bei der "Stapf Bau GmbH". Mit Nabil Hamo scheint der Nußlocher Traditionsbetrieb aber einen echten Glücksgriff gelandet zu haben: Einen motivierten jungen Mann aus dem eigenen Ort, der den Betrieb bereits kennt: "Er hat bereits zwei Monate bei uns gearbeitet und sich dann dazu entschieden, den Ausbildungsberuf Maurer von Grund auf zu lernen", erzählt eine Mitarbeiterin der Firma zufrieden.
Sie haben die Suche satt
"Wir haben keine Stelle mehr ausgeschrieben", sagt Melanie Neff kurz und knapp. Sie betreibt mit ihrem Mann seit dem Jahr 1998 die Metzgerei Neff-Neubauer in Nußloch. "In den letzten Jahren war es einfach aussichtslos", gibt sie zu. Überhaupt jemanden für den Beruf des Fleischers zu finden, sei eine Herausforderung. Und mit Lehrlingen habe der Betrieb schon schlechte Erfahrungen gemacht, so Melanie Neff. "Wir haben einiges mitgemacht, irgendwann mag man das nicht mehr."
Der Betrieb hat umdisponiert. Neffs Sohn war der letzte Lehrling, hat im Jahr 2014 seinen Meister gemacht. Er arbeitet zusammen mit seinen Eltern Vollzeit, die übrigen Stunden werden von älteren Verkäuferinnen aus dem Ort abgedeckt.
Auch Rainer Gebert aus Waldhilsbach ist das Thema Azubis Leid. Der Inhaber eines Fachbetriebs für Heizungs- und Sanitärtechnik hätte zwar durchaus Bedarf. Gesucht hat er dennoch nicht. Warum? "Ein Lehrling kostet zu viel Energie", sagt er offen.
In der Vergangenheit habe er es immer wieder versucht. "Man bildet aus, gibt sich viel Mühe, damit sie was können, will sie übernehmen - und dann sind sie weg", gibt Gebert das mehrfach erlebte Szenario wieder. Einen Grund dafür sieht er in der gesellschaftlichen Entwicklung. "Die Leute sind heute flatterig, viel springender als früher", umschreibt er blumig. Der Nachwuchs zieht für ein paar Euro mehr weiter. Oder getrieben vom Zeitgeist nach dem Motto: "Nur wer viel Verschiedenes ausprobiert, kann auch viel lernen."
Sie fahren besser ohne Azubis
Unsicherheit - dieses Wort beschreibt die Lage der Schreinerei Seltenreich in Meckesheim wohl am besten. Geschäftsführer Peter Seltenreich geht in drei Jahren in den Ruhestand. Ob sein Sohn das Geschäft übernehme, wisse er noch nicht, sagt der 62-Jährige. Sein Gefühl: "Wahrscheinlich wird es keine Schreinerei Seltenreich mehr geben." Verübeln könnte er es ihm nicht: "Der Junior sieht auch, wann wir morgens anfangen, wann wir abends aufhören - und dass anderswo Geld leichter zu verdienen ist."
Seltenreich sieht keinen Sinn mehr darin, junge Menschen auszubilden. Als Drei-Mann-Unternehmen fehle aktuell die Zeit dazu: "Von den Kosten will ich gar nicht erst sprechen." Nicht gerade dienlich für die Betriebe sei auch, dass die Lehrlinge erst im dritten Jahr an Maschinen arbeiten dürfen. Sein letzter Absolvent hat vor drei Jahren seinen Abschluss gemacht. "Das war ein richtig Guter. Der ist dann zum Studieren nach Rosenheim gezogen und mittlerweile Holzingenieur", erzählt Seltenreich weiter.
Die Zukunft seiner Zunft sieht er düster, erzählt der Schreiner: "Die Zeiten sind vorbei, in denen die Leute zum Schreiner gegangen sind, um sich ein Angebot für einen Kleider- oder Wohnzimmerschrank machen zu lassen", sagt Seltenreich. Die kleinen Fachbetriebe hätten es schwer in einer Welt, in der Baumärkte, Möbelläden und Internetanbieter sich überschlagen mit den neuesten und günstigsten Angeboten. Peter Seltenreich meint: "Handwerk wird schon noch geschätzt, ist dem Kunden aber fast immer zu teuer."
Handwerk wird geschätzt. Das unterschreibt auch Alexandra Vorbach von der Pralinenmanufaktur Vorbach in Mauer. Dort produziert sie zusammen mit ihrem Mann Helgo seit 25 Jahren Pralinen und Trüffel, die sie in der Heidelberger Hauptstraße verkaufen. Lehrlinge suchen sie nicht. "Wir können nicht die ganze Bandbreite eines Konditors abdecken", erklärt Alexandra Vorbach. Torten, Speiseeis, Zuckergebäck: All das gehört klassisch zum Berufsbild, aber eben nicht bei den Vorbachs. Sie haben sich spezialisiert, ihre Nische gefunden. Die scheint aber zu eng, um Platz für einen Auszubildenden zu bieten.