Die Hügelkanten des vorderen Odenwalds an der Bergstraße, wie hier bei Hirschberg-Leutershausen, sollen windkraftfrei bleiben. Doch weiter oberhalb im Wald gibt es noch immer Gebiete, die der Nachbarschaftsverband Heidelberg-Mannheim für Windrad-Standorte im Auge hat. Foto: Kreutzer
Von Carsten Blaue
Rhein-Neckar. Die Stadt Weinheim ist mit ihren Plänen gescheitert, eine stadteigene Waldfläche oberhalb des Ortsteils Lützelsachsen als Zone für Windkraftanlagen auszuweisen. Das Areal liegt im Landschaftsschutzgebiet Bergstraße-Nord. Der Rhein-Neckar-Kreis kassierte die Pläne mit der Begründung, die Belange des Landschaftsschutzes würden hier gegenüber dem Klimaschutz überwiegen. Das Umweltministerium in Stuttgart folgte dieser Argumentation. Schon wittern Windkraftgegner einen Präzedenzfall auch für die Flächennutzungsplanung des Nachbarschaftsverbands Heidelberg-Mannheim und halten "Windkraftwildwuchs" in den Wäldern derzeit für faktisch ausgeschlossen. Denn fast alle ins Auge gefassten Zonen im Verbandsgebiet würden innerhalb von Landschaftsschutzgebieten liegen.
Das Landratsamt als Untere Naturschutzbehörde habe am Weinheimer Beispiel gezeigt, dass es so einfach nicht gehe, schreibt die Initiative "Rettet den Odenwald" in einer Stellungnahme. Und ein privater Waldbesitzer werde erst recht keine Genehmigung bekommen. Die Windkraftgegner führen die Stadt Oberzent als Beispiel an. Hier soll der Firma Juwi, einem Projektentwicklungsunternehmen für Wind- und Solarenergie, eine entsprechende Fläche für einen Windpark im Norden des Ortsteils Beerfelden angeboten worden sein. Oberzent liegt allerdings im hessischen Odenwaldkreis, also außerhalb des 18 Städte und Gemeinden umfassenden Gebiets des Nachbarschaftsverbands Heidelberg-Mannheim.
Dessen Geschäftsführer, Martin Müller, hat stets argumentiert, dass Windräder ohne eine entsprechende Flächennutzungsplanung theoretisch überall entstehen könnten. Davon, so die Gegner, sollten sich die Kommunen nicht ins Bockshorn jagen lassen. Denn ein Landschaftsschutzgebiet werde faktisch erst dann abgeschafft, wenn ein Gemeinderat dessen "Zonierung" als Windkraftgebiet beantragt. Und erst dann bestehe überhaupt die Gefahr, dass Windkraftanlagen in den Wäldern gebaut werden können - wenn es nicht gerade so ausgeht wie im Weinheimer Fall.
Die Entscheidung gegen den Goldkopf bei Lützelsachsen hat Müller nicht unvorbereitet getroffen, wie er im Gespräch am Telefon sagt. Die näheren Gründe liegen ihm zwar nicht schriftlich vor. Aber schon nach der ganzen Berichterstattung im Vorfeld sei das Ganze nicht überraschend gewesen: "Es war eine Einzelfallentscheidung", betont Müller. Dass Windkraft in Naturschutzgebieten damit per se vom Tisch ist, sieht er nicht: "Es ging nur um eine Stelle, um eine Fläche. In anderen Konstellationen kann auch die Bewertung anders ausfallen. So ein Verfahren ist vielschichtig und komplex."
Interessant sei für den Nachbarschaftsverband, nach welchen Kriterien das Landratsamt und letztlich auch Stuttgart entschieden hätten: "Wir beobachten das", so Müller. Und das ohne Zeitdruck, wie er unterstreicht. Zumal der Windkraft-Regionalplan des Verbands der Metropolregion auch noch nicht so weit sei und länger brauche als gedacht. Auf diesem werden die örtlichen Flächennutzungsplanungen zur Standortsteuerung für Windenergie fußen. Zudem, so Müller, werde mit dem neuen Regionalplan das noch bestehende Bauverbot für Windkraftanlagen auf jeden Fall aufgehoben. Das sei schließlich die Absicht der Planung.
Was den Flächennutzungsplan des Nachbarschaftsverbands angeht, hat Müller erst seit Februar die Stellungnahmen aller 18 beteiligten Kommunen im Verbandsgebiet beisammen. Mannheim hatte sich zuletzt positioniert - nach intensiven Diskussionen auch über den Käfertaler Wald, in dem es keine Vorrangzone geben wird. Momentan sind für Windkraft noch sieben Flächen vorgesehen - in Mannheims Norden, im Süden der Heidelberger Gemarkung, an der Gemarkungsgrenze zwischen Leimen und Nußloch sowie am Weißen Stein über Dossenheim und in den Wäldern zwischen Hirschberg und Schriesheim an der Bergstraße.
Insgesamt geht es um 340 Hektar des 48.800 Hektar großen Verbandsgebiets. "Zurzeit schauen wir uns Themen vertiefend an, die aus der Bürgerbeteiligung hervorgingen. Zum Beispiel die Auswirkungen auf den Wald oder die Analyse der Sichtbarkeit", erläutert Müller. Hier geht es darum, ob man die Windräder an touristisch wichtigen Stellen oder aus Wohngebieten heraus sehen würde: "Wir wollen die Einschränkungen für die Bevölkerung auf jeden Fall minimieren."
Die Kritik der Windkraftgegner nimmt er zumindest nach außen hin gelassen: "Als Verwaltung bleibt einem nichts anderes übrig, als sie sachlich wahrzunehmen." Spreche man mit der Gegenseite, so bekomme man eigentlich nie eine konstruktive Antwort auf die Frage, was denn eine sinnvolle Alternative sei.