Ferienspaß in Eberbach: Die beste Verteidigung ist die, die gar nicht nötig ist

Torsten Schmidt zeigt Kindern, wie man sich in brenzligen Situationen mutig, stark und richtig verhält

09.08.2016 UPDATE: 10.08.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 1 Sekunde

Torsten Schmidt bringt Ferienspaßkindern in Eberbach bei, "mutig und stark" zu sein. Foto: Elisabeth Murr-Brück

Von Elisabeth Murr-Brück

Eberbach. Es sind Einzelfälle, aber jeder, der bekannt wird, aktiviert ein Horror-Szenario, die Ur-Angst von Eltern: Ihr Kind könnte entführt werden. Jedes Kind kennt also die Warnung: "Geh nicht mit Fremden mit!" Aber reicht das? Muss man Kindern Angst machen? Und wovor eigentlich genau? Schon da kommen die meisten ins Schleudern. "Sehen Fremde böse aus?", fragt Torsten Schmidt.

Zehn Mädchen und zwei Jungs im Grundschulalter sitzen an diesem Samstagvormittag auf der Fensterbank im Turnerheim. Wie man sich in brenzligen Situationen "mutig und stark" und vor allem richtig verhalten kann, zeigt ihnen Schmidt in den nächsten zwei Stunden.

Seit zehn Jahren bietet Schmidt Kurse in Selbstbehauptung, Gewaltprävention und Selbstverteidigung an; dafür hat er Prüfungen beim Judoverband und beim Polizeipräsidium in Karlsruhe abgelegt, einer seiner Lehrer war selbst erfahrener SEK-Beamter, der Spezialeinheit der Polizei, wenn es um Geiselnahme und Terrorismus geht.

Kinder sind nicht zwangsläufig leichte Opfer, wenn sie wissen, worauf es ankommt. Jeder Fall ist anders, was vielleicht passiert, ist nicht vorhersehbar, doch manche Abläufe sind immer ähnlich. Wer die Mechanismen kennt, kann den Hebel an der richtigen Stelle ansetzen, und das ist durchaus auch wörtlich gemeint, selbst ein deutlich größerer und stärkerer Gegner kann von einem Kind buchstäblich ausgehebelt werden.

Kinder sind in aller Regel höflich und hilfsbereit und wollen nicht auffallen. Sie widersetzen sich vielleicht, wenn es ums Aufräumen des Zimmers geht aber nicht, wenn ein anderer Erwachsener etwas anordnet. Und genau da liegt das Problem. Im Kurs lernen die Kinder, dass das, was ein Erwachsener sagt, nicht uneingeschränkt gilt.

Die beste Verteidigung ist die, die gar nicht nötig ist. Also gilt es, dem eigenen Gefühl zu vertrauen. Was sich nicht gut anfühlt, ist auch nicht in Ordnung, Angst ist ein guter Ratgeber: "Sie ist die Alarmanlage des Körpers", sagt Schmidt.

Abhauen ist nicht feige, sondern vernünftig. Und wenn das nicht geht: laut werden. Das muss man üben. Kann das nicht jedes Kind? Es geht darum, dass andere aufmerksam werden, merken: Da stimmt was nicht! "Lauter", fordert Schmidt, "da geht noch mehr".

Alle schreien durcheinander, dann jedes Kind einzeln, so schrill jetzt, dass eigentlich die Fensterscheiben zerspringen müssten: "Super! Gut so!". Und wie hat es sich angefühlt? Erst peinlich, mit jeder Wiederholung wurde es selbstverständlicher.

Stufe 2: sich losreißen. Auch wenn eine starke Erwachsenenhand das Kinderhändchen im Klammergriff hat, gibt es noch eine Chance, zeigt Schmidt. Freiwillige vor. Alle ducken sich weg, schließlich ist Jule bereit. Und jetzt wollen alle.

Nicht alle haben gleich den Trick raus, doch Schmidt gibt geduldig Unterstützung, dann probieren sie es wechselseitig, immer zwei gegeneinander. Was sie hier lernen, kann auch mal auf dem Schulweg oder dem Pausenhof nützlich sein. Auch die Schüchternen und Kleinen werden sichtlich selbstbewusster. Und alles ist ein Riesenspaß.

Ein Film zeigt dann noch einmal typische Gefahrensituationen, mittlerweile haben alle schon ein Gespür dafür entwickelt. Wann es brenzlig wird, erkennen sie schnell, entwickeln selbst Ideen, was zu tun ist.

Auch wenn der Workshop keine Rundum-Sorglos-Versicherung ist, gibt er doch Selbstsicherheit und Vertrauen in die eigene Kraft, das Wissen, dass man auch als Opfer noch eine Chance hat und vor allem: wie man vermeidet, dass es überhaupt so weit kommt.

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