Von Rüdiger Busch
Hardheim/Walldürn. Es war eine bemerkenswerte Fleißarbeit der Bürgerinitiative für Gesundheit und Naturschutz Hardheim (BGN), ihrer Rechtsanwaltskanzlei Baumann (Würzburg) und des Gutachters für Artenschutz, Thomas Brötz (Sinzig): Auf 62 Seiten begründen sie im Detail und mit dem Verweis auf eine Vielzahl an Quellen, weshalb das Gebiet "Kornberg"/"Dreimärker" nicht für den Bau von Windkraftanlagen geeignet sei. Die Kritikpunkte reichen von einer fehlenden Windhöffigkeit bis zu möglichen Beeinträchtigungen für den Flugverkehr. Im Mittelpunkt steht aber das Thema Artenschutz: Und hier führt die BGN eine Reihe von Argumenten auf, die - falls sie von den Fachbehörden bestätigt werden - das Aus für die Pläne der beiden Gemeinden Hardheim und Höpfingen bedeuten würden.
Bis zum gestrigen Freitag hatten Fachbehörden und Bürger die Möglichkeit, Stellungnahmen zu den geplanten Änderungen des Flächennutzungsplans beim Gemeindeverwaltungsverband in Walldürn einzureichen. Davon wurde reger Gebrauch gemacht, auch von Bürgern, die Widerspruch gegen das Vorhaben einlegten. Nach RNZ-Informationen bat eine der befragten Behörden um Fristverlängerung, so dass der Verband nicht wie geplant Ende Juli, sondern erst nach den Sommerferien über die Abwägung der Stellungnahmen befinden wird.
Die BGN kritisiert in ihrem Widerspruch eine "fehlerhafte, unvollständige Berücksichtigung des gesetzlichen Artenschutzes". Die vorgelegte artenschutzrechtliche Prüfung sei unvollständig, und es seien nicht alle Sachverhalte mit der rechtlich notwendigen Sorgfalt geprüft worden. "Nach unseren Untersuchungen konnten wesentlich mehr belegte Horste gefunden werden, als die Gutachter des Planungsbüros Beck in ihren Gutachten ausgewiesen haben", ist etwa zu lesen. Dazu zählen Horststandorte von Rotmilan, Schwarzmilan, Mäusebussard und Wespenbussard. Deshalb hat die BGN Ende Juni die zuständigen Fachbehörden des Kreises und des Landes über alle bisher bekannten Horststandorte mit GPS-Standort und Belegung informiert.
"Dabei fällt auf, dass es sich im untersuchten Bereich - entgegen den Darstellungen des Planungsbüros Beck - sehr wohl um ein Dichtezentrum des Rotmilans handelt", heißt es in dem Schreiben. Nach den seit 2015 laufenden Beobachtungen der BGN kämen innerhalb des Untersuchungsgebietes regelmäßig zumeist vier besetzte Horste vor. Weiter zitiert die BGN die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW): "In den Dichtezentren dürfen Ausnahmen vom Tötungsverbot nicht zugelassen werden."
Neben dem Rotmilan zählt die BGN weitere dort brütende Vogelarten auf: Wespenbussard, Mäusebussard und Uhu. Letzterer werde recht häufig Opfer von Windenergieanlagen, weshalb bei allen vier geplanten Standorten ein erhöhtes Tötungsrisiko für den Uhu und weitere Vogelarten bestehe. Aber auch der Schwarzstorch und die Waldschnepfe seien am Kornberg gesichtet worden - Details zu den Beobachtungen seien an die Behörden weitergeleitet worden.
Deutliche Kritik übt die Bürgerinitiative an der Arbeitsweise des Büros Beck, das für die ZEAG AG (Heilbronn) die Gutachten angefertigt hat. In ihrer Schlussfolgerung sieht sich die BGN darin bestätigt, dass es sich bei den Beck’schen Arbeiten - wie von Anfang an von ihr behauptet - um reine "Gefälligkeitsgutachten" handle. So seien bei der Raumnutzungsanalyse wichtige Flächen unbeobachtet geblieben. Zudem wird auf "Unstimmigkeiten" im Bereich der Flugbewegungen hingewiesen. Der Verdacht: Es könne "nicht ausgeschlossen werden, dass Rotmilanflüge neu zugeordnet wurden, um den Forderungen der Genehmigungsbehörde nachzukommen".
Doch damit nicht genug: "Die BGN und unser Gutachter, Büro Brötz, konnten nun mehrfach den Beweis antreten, dass das Gutachten des Büros Beck vor Ungereimtheiten, Widersprüchen und Oberflächlichkeit geradezu strotzt. Für uns handelt es sich hierbei, dies haben wir auch immer wieder betont, um ein Gefälligkeitsgutachten für den Auftraggeber ZEAG. Deshalb zweifeln wir auch die Objektivität Becks an." Anders würden sich die festgestellten Verfehlungen nicht erklären lassen. Man habe geradezu den Eindruck, dass man regelrecht "blind" durch den Wald gelaufen sei.
Andere Bürgerinitiativen im Land hätten der BGN zudem von ähnlichen Erfahrungen mit Gutachten des Büros Beck berichtet. Auch dort sei fast ausschließlich die ZEAG der Auftraggeber. Deshalb strebe der Landesverband der Bürgerinitiativen eine rechtliche Überprüfung aller Gutachten des Büros Beck an.
Abschließend schreibt die BGN: "Wir behalten für uns und unsere Mitglieder vor, Schadenersatzansprüche geltend zu machen, sollte es durch den Bau oder den Betrieb der geplanten Windkraftanlagen zu negativen gesundheitlichen Auswirkungen, finanziellen Nachteilen oder Belästigungen kommen. Hiermit beantragen wir den Ausgleich sämtlicher dadurch entstehender Beeinträchtigungen und Schäden."
Info: Die Abwägung der eingegangenen Stellungnahmen in der Verbandsversammlung des Gemeindeverwaltungsverbands erfolgt nach den Sommerferien.