Trinkwasser in Edingen-Neckarhausen

Solvay hat keine Einleitungsgenehmigung für Trifluoracetat

Verunreinigung des Trinkwassers: Frage nach Schadenersatz ist komplex - RNZ liegt öffentlich-rechtlicher Vertrag vor

06.07.2017 UPDATE: 07.07.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 3 Sekunden

Kann die Gemeinde Schadenersatz für höhere Trinkwasserkosten geltend machen? Der beauftragte Anwalt tritt auf der Stelle. Foto: Pilz

Von Maren Wagner

Edingen-Neckarhausen. Während der Wasserversorgungsverband "Neckargruppe" mit Hochdruck daran arbeitet, Wege zu finden, die Trifluoracetat (TFA)-Werte in seinen Trinkwasserbrunnen unter zehn Mikrogramm pro Liter zu senken, tritt der von der Gemeinde beauftragte Anwalt weiter auf der Stelle. Er soll prüfen, ob und bei wem Schadenersatz gefordert werden kann, weil die Preise für Trinkwasser wegen der Verunreinigung dem Salz TFA um 35 Cent pro Kubikmeter gestiegen sind und noch höher werden, wenn Edingen-Neckarhausen von 2018 an Wasser aus Mannheim beziehen muss. Dafür fehlen dem Anwalt laut Bürgermeister Simon Michler "endgültige Informationen vom Land".

Die Frage nach der Möglichkeit von Schadenersatz ist komplex. Das zeigt die Antwort des Regierungspräsidiums (RP) in Stuttgart auf die Frage der RNZ, warum nicht das Land für die gestiegenen Trinkwasserpreise in der Gemeinde aufkomme, da doch dort die Genehmigung an das Chemieunternehmen Solvay aus Bad Wimpfen ausgestellt wurde, TFA in den Neckar einzuleiten. "Eine für TFA geltende wasserrechtliche Einleitungserlaubnis wurde der Fa. Solvay Fluor GmbH nicht erteilt", schreibt das RP. Erst im Februar dieses Jahres hieß es dagegen aus Stuttgart auf die Frage der RNZ, warum Solvay weiterhin TFA in den Neckar leiten dürfe: "Die Firma Solvay hat eine gültige Einleitungserlaubnis."

Was also stimmt nun? Tatsächlich ist es so, dass sich die wasserrechtliche Erlaubnis, die Solvay im Mai 2016 erneuert worden war, auf prozessbedingt anfallendes Abwasser bezieht, das zuvor im Werk gereinigt wird. Für jene Stoffe, die in der Abwasserverordnung geregelt sind, werden sogenannte Überwachungswerte festgelegt. Da TFA aber ein relativ neuer Stoff ist, der dank neuer Messtechniken erstmals im September 2016 nachgewiesen werden konnte, gibt es dafür keinen gesetzlich festgelegten Grenzwert und somit auch keinen Überwachungswert im Abwasser.

Was es hingegen gibt, ist ein gesundheitlicher Orientierungswert von drei Mikrogramm pro Liter, der sich an den Vorgaben der Trifluoressigsäure orientiert. Denn das Salz Trifluoracetat entsteht, wenn Trifluoressigsäure als Abbauprodukt zum Beispiel bei der Herstellung von Pflanzenschutzmitteln mit Wasser in Verbindung kommt. In Edingen-Neckarhausen lagen die TFA-Werte in den Trinkwasserbrunnen im Oktober bei über 20 Mikrogramm pro Liter.

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Solvay und das RP arbeiten seitdem daran, die Einleitung von TFA in den Neckar zu verringern. Außerdem wird das Grundwasserströmungsmodell für den Rhein-Neckar-Raum aktualisiert, sodass zukünftig auch der Transport von TFA über das Uferfiltrat des Neckars betrachtet werden kann. Festgehalten ist das in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen Solvay und dem RP, der der RNZ vorliegt. Aufgestellt wurde er Ende März "nach langen Prüfungen, Verhandlungen und Abstimmungen", heißt es seitens der Pressestelle des RP. Die Vereinbarungen seien für beide Seiten rechtlich bindend.

In dem öffentlich-rechtlichen Vertrag ist unter anderem festgelegt, dass das Chemieunternehmen pro Stunde höchstens 4,3 Kilogramm TFA im Abwasser in den Neckar einleiten darf. Vor der Messung im September leitete Solvay bis zu zwölf Kilo pro Stunde ein. Mit der Reduzierung soll in den Trinkwasserbrunnen zumindest der Maßnahmewert von zehn Mikrogramm pro Liter unterschritten werden, sagt die RP-Pressestelle. Laut des Vertrags muss Solvay die Menge des in den Neckar eingeleiteten Abwassers und des TFA täglich messen und die Daten jeden Monat vorlegen.

Das Regierungspräsidium will außerdem im November eine neue Vereinbarung mit Solvay treffen, in der festgehalten werden soll, dass die Einleitung von TFA noch weiter verringert wird. Voraussetzung dafür sei aber, dass diese Reduzierung "technisch machbar" und für das Chemieunternehmen "wirtschaftlich zumutbar" ist.

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