Weiterflug ins All: Die Heidelberger Musikerin Kathrin Lemke ist tot
Nach schwerer Krankheit starb die 44-Jährige in Berlin.

Begeistert und begeisternd: Kathrin Lemke mit ihrem Saxofon. Foto: Köhl
Von Rainer Köhl
"Berlin kommt unserem experimentellen Stil sehr entgegen", freute sich Kathrin Lemke noch vor paar Jahren, als sie mitsamt ihrem Quartett aus Mannheim in die Bundeshauptstadt abgewandert war. Da war die aus Heidelberg stammende Jazz-Saxofonistin noch voller Hoffnung. In der Jazzszene der Republik hat sie viel bewegt und hohe Anerkennung in Fachkreisen gewonnen. Jetzt ist sie nach schwerer Krankheit 44-jährig viel zu jung gestorben.
Schon als Jugendliche fand Kathrin Lemke ihre Liebe zum Altsaxofon, studierte zunächst Philosophie und Germanistik, bevor sie sich ganz dem Musikerinnenleben zuwandte. Ihr Saxofonstudium hat Kathrin Lemke an der Frankfurter Musikwerkstatt absolviert. Neben ihrem eigenen Quartett "JazzXclamation" spielte sie in Berlin auch bei "Prokopätz", dem Jazz-Orchester des Pianisten und Komponisten Hannes Zerbe und weiteren Ensembles. Ein Bekenntnis zur Freiheit des Ausdrucks und der Harmonik war es immer, was die Musik von Lemkes Formationen prägte: Ausflüge in den Free-Jazz gab es immer wieder. Bei aller Avanciertheit groovt und tanzte diese Musik ungemein, kam dieser Jazz genauso hip wie experimentell daher.
Eine flammende, brennende Hymnik in Anlehnung an die Großen des schwarzen Jazz, an Ornette Coleman und Archie Shepp schickte Kathrin Lemke dabei aus dem Altsaxofon. Aufsehen in Fachkreisen erlangte die Bandleaderin in den letzten Jahren mit ihrem Oktett "Heliocentric Counterblast", worin sie sich mit dem Mythos Sun Ra auseinandersetzte. Liebevoll gepflegte und erfrischend neu aufgelegte Klassiker von Sun Ra im Wechsel mit Eigenkompositionen der Bandleaderin begeben sich dabei auf eine Reise durch unser Sonnensystem, das allen Planeten ein klangliches Porträt widmet.
Blechbläser-Hymnik im Stile von 50er-Jahre-Hollywood-Monumentalfilmen traf mit schräger Ironie auf avancierte Klangtüfteleien. Dabei transportiert das Album besten Sinn für die schrulligen Einfälle, Extravaganzen, für die Ironie ebenso wie für die klanglichen Experimente. Und die Band ließ die Sterne und Planeten in glühenden Bläserfarben leuchten. Ihre Mutter, ihre Freunde und die Jazzwelt, betrauern tief den frühen Tod und vermissen den offenherzigen Geist, Experimentierlust und Humor dieser vortrefflichen Musikerin, die bis zum Schluss tapfer kämpfte. Adieu Kathrin, gute Reise zu den Sternen!