Der Künstler Stohead schuf ein "Mural" in der Hardtstraße
Plädoyer für die Handschrift: Stohead gehört zu jenen Graffiti-Künstlern, für die die Schrift die Grundlage der Zivilisation ist

Die Firma Rossmanith in der Hardtstraße 34 in Kirchheim stellte eine Wand für das Mural des Künstlers Stohead zur Verfügung. Foto: Chlumsky
Von Milan Chlumsky
Heidelberg. In loser Folge stellt die RNZ Kunstwerke des Urban-Art-Festivals "Metropolink" vor. Heute geht es um ein "Mural" (Wandgemälde) in der Kirchheimer Hardtstraße.
Stohead gehört zu jenen Graffiti-Künstlern, für die die Schrift die Grundlage der Zivilisation ist. Sie ermöglicht das Überliefern von Wissen. Deshalb bedauert Christoph Haessler, so sein richtiger Name, dass mit der Entwicklung der Informationstechnologien der Reichtum an Schriften verschwindet und dass aufgrund der massenhaften Verbreitung von Tablets und Smartphones selbst Kinder nicht mehr mit der Hand schreiben.
Der in Berlin lebende Künstler widmet sich in seinen Arbeiten dem langsamen Verschwinden der Kalligrafie (zu deutsch "Schönschreiben"), die früher in der Schule gelehrt und benotet wurde. Im letzten Jahr hat Stohead in einer Galerie in Mannheim seine Serie "La Mort de l’Écriture" (Der Tod der Schreibkunst) gezeigt, in der er die Digitalisierung aller Schriftzeugnisse sowie die Reduktion auf wenige Computer-Schriftarten als Teil eines viel größeren Problems anprangerte, da das Schreiben mit der Hand auch die Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten der Kinder bestimmt.
Als Konsequenz entwickelte Stohead seine eigenen Alphabete. Vor drei Jahren untersuchte er in "Radicalligraphy" systematisch verschiedene Texturen und kalligrafische Muster. Was auf den ersten Blick als eine Serie von persönlichen "Handschriften" zu deuten wäre, entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einer imposanten Serie von Zeichnungen, Gemälden und dreidimensionalen Objekten, die eine neue Werkphase - die Abstraktion - einleitete.
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Die große Wand in der Hardtstraße 34 ist eine großartige Symbiose dieser Entwicklungen des 1973 in Schwäbisch Hall geborenen Künstlers, dessen Arbeiten man auf den Straßen (oder in den Galerien) von Rio de Janeiro, Hongkong, Paris oder Berlin bewundern kann. Sie beginnt mit weißen kalligrafischen Zeichen, die sich nach rechts in Farbe und Formen auflösen - ein gewaltiges Plädoyer für die Kunst der Handschrift.



