Metropolink-Festival: Heidelberg wird zum Gesamtkunstwerk
Das Festival geht im Juli in seine zweite Runde - auch Betonbauten auf dem Emmertsgrund werden zum Leben erweckt

Der Künstler Markus Genesius - alias "WOW 123" - gestaltete im vergangenen Jahr im Rahmen des Festivals "Metropolink" die Rückwand des Straßenbahndepots in der Emil-Maier-Straße im Stadtteil Bergheim. Foto: Milan Chlumsky
Von Philipp Neumayr
Er will der Stadt ihre Jungfräulichkeit nehmen. Denn was die künstlerische Gestaltung des öffentlichen Raumes betrifft, steht Heidelberg im Vergleich mit anderen Metropolen erst am Anfang. Also trommelte Organisator Pascal Baumgärtner wie schon im vergangenen Jahr ein Team aus Künstlern und Unterstützern zusammen, mit dem Ziel, "schöne neue Plätze zu schaffen, die Leute unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Couleur zusammenbringen". Heraus kam die zweite Auflage des Metropolink-Festivals, das Heidelberg zwischen dem 8. und dem 22. Juli zum Gesamtkunstwerk machen soll.
"Das Festival bedeutet für mich, den öffentlichen Raum auf künstlerische Weise neu zu entdecken", sagt Oberbürgermeister Eckart Würzner. In den Räumen der Willi Bender Galerie wollte er gestern persönlich seiner Überzeugung Ausdruck verleihen, dass "unser Stadtklima mit urbaner Kunst aufgewertet werden kann". Damit letztlich überall schöne Gemälde auf den Fassaden prangen, werden verschiedene Orte und auch der ländliche Raum zum Gesamtkunstwerk mit beitragen. Denn der Wunsch sei es, Heidelberg in Gänze zu repräsentieren und alle Stadtteile mit einzubinden, so Baumgärtner. Dementsprechend weit reicht das Spektrum der einzelnen Aktionen. In Kirchheim etwa wird eine öffentliche Galerie entstehen. Das ehemalige Bordell in der Bahnstadt bekommt ein ansprechenderes Antlitz verpasst. Und auf dem Emmertsgrund soll ein neues Fassadengemälde die Betonbauten farblich zum Leben erwecken.
Aber auch im Stadtzentrum wird Kunst im Juli allgegenwärtig sein. In Überseecontainern auf dem Bismarckplatz können Besucher bei Workshops mit Flüchtlingen oder Obdachlosen diskutieren. Oder aber ihrer eigenen kreativen Ader freien Lauf lassen. Ein eigenes Dokumentationszentrum führt durch die Heidelberger Graffiti-Geschichte - von ihren Anfängen bis heute. Und auch der Raumfänger, ein mobiles Veranstaltungszelt, geht wieder auf Tour - mit reichlich Raum für Poetry Slam und Musik. Ein besonderes Highlight bietet wohl die "Urban Romantic"-Tour, bei der Interessierte den Künstlern beim kreativen Schaffen über die Schulter schauen können. An insgesamt 18 Punkten. In acht Stadtteilen. Und sehr komfortabel: aus dem Cabrio-Bus. "Das vielfältige Programm beweist, dass wir eine Stadt haben, in der Kreativität gelebt werden kann und darf", zeigt sich Würzner stolz.
Damit Kreativität im Rahmen solcher Veranstaltungen aber auch gedeihen kann, braucht es vor allem finanzielle Unterstützung, wie Baumgärtner betont. "Es geht nicht, dass man dem Künstler sagt: Stell doch mal einen Hut auf und schau’, was so reinkommt." Ein Festival dieser Dimension mit einem solch kleinen Budget auf die Beine zu stellen, erfordere große Anstrengungen: "Es ist Wahnsinn, was da für Arbeit dahintersteht." Arbeit, die sich aber auszahlen wird, wenn es nach ihm und seinem Team geht: "Wir wollen unser Festival etablieren und eine nachhaltige Geschichte daraus machen." Die Kunst soll also dauerhaft ihren Platz im öffentlichen Raum finden- und Heidelberg seine Unschuld verlieren.



